Imperator 01 - Die Tore von Rom
diesmal jedoch war es ein tiefer Schmerz. Seine Brust pochte vor Schmerzen, und er stöhnte.
»Bist du verletzt?«, fragte Marcus, ohne den Blick von der Mauer zu nehmen.
»Nein. Zurück auf deinen Posten!«, erwiderte der Ältere barsch, doch mit plötzlich sehr grauem Gesicht.
Marcus sah ihn einen langen Augenblick an. »Ich glaube, ich bleibe noch ein bisschen hier«, sagte er leise. Weitere Männer kamen über die Mauer, und sein Schwert tanzte unaufhaltsam von einer Kehle zur anderen.
Gaius’ Vater nahm kaum Notiz von denjenigen, die durch sein Schwert fielen. Er kämpfte so, wie man es ihm beigebracht hatte: Stoß, Deckung, Rückhand. Unten vor dem Tor stapelten sich die Leichen am höchsten, und eine innere Stimme sagte ihm, dass sie inzwischen längst aufgegeben haben müssten. Schließlich waren es nur Sklaven. Sie mussten nicht über die Mauer kommen. Warum gaben sie nicht auf? Wenn das alles vorbei war, würde er die Mauer auf drei Mannslängen aufstocken lassen.
Es schien gerade so, als stürzten sie sich in sein Schwert, das von ihrem Blut nass wurde, die Mauer und die Tore bespritzte und auch ihn durchnässte. Seine Schulter schmerzte und sein Arm war bleischwer. Nur seine Beine bewegten sich immer noch voller Kraft unter ihm. Der Pöbel musste doch bald aufgeben und sich leichtere Opfer suchen, oder? Er bewegte sich im tödlichen Rhythmus der Legionäre – zustoßen, parieren, Rückhand, aber immer mehr Angreifer erkletterten die Berge menschlichen Fleisches, um in den Gutshof zu gelangen. Sein Schwert war inzwischen an den Knochen und Klingen stumpf geworden, und sein erster Schlag fügte einem Mann, der sich auf ihn stürzte, nur einen Kratzer zu. Ein Dolch durchbohrte die harten Muskeln seines Bauchs, und er stöhnte vor Schmerz auf, während er dem Mann sein Schwert in den Rachen trieb.
Alexandria stand an einer dunklen Stelle im Hof. Die anderen Frauen weinten leise vor sich hin. Eine betete. Sie beobachtete, wie Renius immer müder wurde und war enttäuscht, als der junge Marcus herbeieilte, um ihn zu retten. Sie fragte sich, warum er das getan hatte, und staunte mit großen Augen, als sie den Unterschied zwischen ihnen sah. Auf der einen Seite der ergraute Krieger, ein Veteran aus tausend Kämpfen, mühsam und von Schmerzen gezeichnet. Marcus dagegen mordete mit besonnenen Bewegungen und brachte den Sklaven lächelnd mit seinem Schwert den Tod. Es spielte keine Rolle, ob sie Schwerter oder Keulen hatten. Er ließ sie unbeholfen aussehen und raubte ihnen dann mit einem Schnitt oder Schlag die Kraft. Einer von ihnen hatte offensichtlich überhaupt nicht bemerkt, dass er starb. Das Blut strömte aus seiner Brust, doch immer wieder schlug er mit einem zerbrochenen Speer zu, sein Gesicht vom Wahnsinn verzerrt.
Neugierig versuchte Alexandria das Gesicht des Mannes zu sehen, und sie erlebte den Augenblick mit, als er den Schmerz spürte und die Dunkelheit nahen sah.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie Geschichten von der Kraft und dem Ruhm der Männer gehört, und jetzt schienen sie über diesem Gemetzel zu schweben und irgendwie nicht ganz zur Wirklichkeit zu passen. Sie hielt Ausschau nach Augenblicken der Kameradschaft, nach Tapferkeit im Angesicht des Todes, aber hier unten in der Dunkelheit konnte sie nichts davon entdecken.
Der Koch genoss den Kampf, das war offensichtlich. Er hatte angefangen, ein vulgäres Lied von einem Markttag und hübschen Mädchen zu singen, und er brüllte den Refrain mit mehr Lautstärke als Melodie in die Nacht, während er sein Beil in Schädel und Schultern hieb. Männer starben unter seiner Klinge, und sein Lied wurde immer heiserer, während sie fielen.
Zu ihrer Linken stürzte einer der Verteidiger vom Laufgang in den Hof. Er machte keinerlei Anstalten, sich vor dem Aufprall zu schützen, sein Kopf schlug mit einem nassen Geräusch auf den harten Steinen auf. Alexandria schauderte. In der Dunkelheit tastete sie nach der Schulter einer anderen Frau. Wer immer es auch sein mochte, sie schluchzte leise vor sich hin. Dafür war jetzt keine Zeit.
»Schnell! Sie kommen durch die Lücke!«, zischte sie und zog die andere mit sich, weil sie es sich nicht zutraute, diese Aufgabe allein zu übernehmen.
Während sie liefen, hörte man von einer anderen Stelle der Mauer einen weiteren knirschenden Aufprall. Triumphgeschrei erschallte. Ein Mann kletterte herunter, hing einen Augenblick lang in der Luft, ehe er losließ und sich die letzten paar Fuß fallen ließ.
Er
Weitere Kostenlose Bücher