Imperfect Match - Liebe ist eigenwillig
richtig bunten“, ergänzte Anna und ich lachte nur nicht, weil ihr Gesicht dabei so ernst blieb und ich in ihren Augen lesen konnte, dass sie sich doch mehr über Colin geärgert haben musste, als sie hier vor mir zugeben wollte. Nicht gut.
„Das war wahrscheinlich die Aufregung“, versuchte ich sofort den angerichteten Schaden zu minimieren. „Weil ihr zum ersten Mal allein aus wart…“
Sie zuckte die Schultern. „Es war ja kein Date oder so. Und ich hab es ihm nicht schwer gemacht und war bis zu einem bestimmten Punkt sehr geduldig und freundlich…“ Sie schüttelte den Kopf und winkte ab. „Du kannst ja nichts dafür. Ich hoffe, ihr hattet wenigstens einen schönen Abend? Du und Ben, meine ich…“ Sie hob fragend die Brauen.
„Oh, ja… ja…“, war alles, was ich stammeln konnte und ich fühlte, wie mir sofort das Blut ins Gesicht schoss. „Dein Bruder ist toll – nett!“ Himmel! Was sagte ich denn da?!
Anna begann zu schmunzeln. „Ja, das ist er. Er ist einer von den Guten.“
Ich nickte sofort und hätte mich gleich wieder ohrfeigen können. So, wie ich mich verhielt, dachte sie nachher noch, dass ich auf ihren Bruder stand. Und das war ja nun wirklich nicht der Fall – also… nicht so richtig!
„Neeeiiin, ich gehe nich sur Lesung… neee…“, blubberte Colin in sein Kissen und brachte uns beide wieder zum Kichern.
„Ich geh dann mal am besten“, meinte Anna und bewegte sich zurück zur noch offen stehenden Tür. „Wir sehen uns morgen wieder, oder?“
„Haben wir euch noch nicht vergrault?“ fragte ich und meinte das nur halb so scherzhaft, wie ich tat.
Anna tat mir den Gefallen und lachte erneut. „Auf keinen Fall. Aber es wäre schön, wenn ihr die nächsten Abende vielleicht ein wenig ansprechbarer bleibt.“
„Versprochen!“ sagte ich sofort und hob die Finger zum Schwur. „Hoch und heilig!“
„Na dann“, lächelte sie. „Schlaft gut und lange. Wir müssen morgen nicht wieder so früh raus. Ist ja schließlich Sonntag.“
„Ich meld mich, wenn wir wach sind“, schlug ich vor und dieses Mal war sie es, die nur nickte. Dann war sie verschwunden. Ich schloss die Tür und mein Lächeln erstarb in dem Augenblick, in dem ich mich vollends zu Colin umgedreht hatte.
Er war zu seinem eigenen Unglück nicht eingeschlafen und setzte sich gerade – nach dem dritten Anlauf auch erfolgreich – im Bett auf.
„Und? Spaß gehabt?“ fragte ich mit schneidender Stimme.
Colin blinzelte und versuchte sich auf mein Gesicht zu fokussieren. „Emma, weisu was? Du siehs heude richdich hübsch aus…“
Na klar. Selbst im besoffenen Zustand war Colin noch zu seiner Standardreaktion auf verbale Attacken der weiblichen Bevölkerung fähig. Bei mir stieß er damit allerdings auf Granit. Ich kannte ihn zu gut und wusste ganz genau, dass er das nicht ernst meinte.
„HAST DU VÖLLIG DEN VERSTAND VERLOREN?!“ fauchte ich ihn an. „Besäufst dich bis zum Geht-nicht-mehr und benimmst dich wie der letzte Vollidiot! Es wird mich nicht wundern, wenn Anna nach all dem hier nichts mehr mit mir zu tun haben wird! Du bist ich , Mann! Warum vergisst du das immer?“
„Es is aber auch ech schwer, du zu sein“, lallte er. „Und außer‘em… wer warn gesdern hackdich?“ Er hob die Brauen und wackelt mit seinem Zeigefinger vor seinem Gesicht herum.
„Es ist überhaupt nicht schwer, ich zu sein!“ ging ich einfach nicht weiter auf den zweiten Teil seiner Verteidigung ein. „Du brauchst dich dafür nur zu benehmen !“
„… un so su tun als wärich kein richdiches Mädchen“, fügte er hinzu, runzelte dann aber die Stirn. „Nein, warte, bin ja kein Mädchen“, fuhr er ohne Gnade fort, sich nicht bewusst, wie tief er mir das Messer damit in die Brust stach. „Ich mein, so’n Kumpeltyp, der nichso auf Sex undso steht, nich?“
Zu allem Überfluss verengte sich auch noch meine Kehle und meine Nase begann zu prickeln. Langsam wurde mir das alles zu viel.
„Manchmal bist du so ein Arschloch“, stieß ich mit erstickter Stimme aus.
Colin sah mich überrascht an und erhob sich dann wankend. „Och, Emma!“ brachte er in diesem mitleidigen Ton heraus, den ich so hasste, und fiel mir in dem Versuch mich zu umarmen, um den Hals. Ich hielt ihn fest, obwohl mein Bedürfnis, ihn mit aller Macht wegzustoßen nur schwer zu unterdrücken war.
„Is doch alles nich so schlimm“, lallte er, mir dabei eine ganze Ladung Suffgestank ins Gesicht pustend, und packte auch noch meinen Kopf.
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