Imperium
Kellnerin Kartoffeln in seine Beilagenschüssel nachfüllte.
»Dann könntest du aus erster Hand erleben, was für einen 640
Druck die Gewerkschaften auf mich ausüben. Und was noch viel wichtiger ist – du könntest dir ein Bild davon machen, welche Fortschritte ich erzielt habe. Und sollte ich aus irgendwelchen Gründen nächsten Monat nicht schon wieder zur Vorstandssitzung nach England fliegen können, kannst du für mich einspringen.«
»Wenn du meinst.« Peter gefiel zwar der Gedanke an einen Besuch in New York, doch er hoffte sehr, daß Dick selbst an der Sitzung teilnehmen konnte.
»Dann flieg nächsten Montag mit der Concorde«, fuhr
Armstrong fort. »Am Montagnachmittag habe ich eine
Besprechung mit Scan O’Reilly, einem für die Zeitung
wichtigen Gewerkschaftsboß. Ich möchte, daß du mit eigenen Augen siehst, wie ich mit dem Burschen umspringe.«
Nach dem Lunch kehrte Armstrong in sein Büro zurück, wo ihn auf seinem Schreibtisch ein Berg von Post erwartete. Er beachtete die Schreiben gar nicht, sondern griff sogleich nach dem Telefon, um sich mit der Buchhaltung verbinden zu lassen. Als der Hörer abgenommen wurde, sagte er: »Fred, würden Sie so nett sein und mir ein Scheckbuch ausstellen? Ich bin nur ein paar Stunden in England und …«
»Hier ist nicht Fred, Sir«, berichtigte ihn der Sprecher am anderen Ende der Leitung. »Ich bin Mark Tenby.«
»Dann stellen Sie mich zu Fred durch.«
»Fred ist vor drei Monaten in den Ruhestand getreten, Sir«, erklärte der Mann. »Sir Paul hat mich zum neuen Prokuristen ernannt.«
Armstrong wollte schon erwidern: »Aufgrund welcher
Befugnis?«, überlegte es sich dann aber anders. »Gut«, sagte er statt dessen. »Vielleicht würden Sie mir dann umgehend ein Scheckbuch heraufschicken? Ich fliege bereits in zwei Stunden in die Staaten zurück.«
»Selbstverständlich, Mr. Armstrong. Soll es auf Sie
persönlich oder auf die Gesellschaft ausgestellt sein?«
641
»Auf das Konto des Pensionsfonds. Ich werde die eine oder andere Investition für die Gesellschaft tätigen, während ich in den Staaten bin.«
Ein längeres Schweigen setzte ein, wie Armstrong es
erwartet hatte. »Jawohl, Sir«, sagte der Prokurist schließlich.
»Aber Ihnen ist gewiß bekannt, daß Sie für dieses Konto die Unterschrift eines zweiten Direktors benötigen. Außerdem muß ich Sie daran erinnern, Mr. Armstrong, daß es gegen unsere Statuten verstößt, Gelder aus dem Pensionsfonds in eine Gesellschaft zu investieren, bei der wir bereits Mehrheits-aktionäre sind.«
»Ich brauche keine Lektion über unser Unternehmensrecht von Ihnen, junger Mann!« brüllte Armstrong und schmetterte den Hörer auf die Gabel. »So ein unverschämter Fatzke!« sagte er ins leere Büro. »Was glaubt der Kerl eigentlich, wer sein Gehalt bezahlt?«
Sobald das Scheckbuch heraufgeschickt worden war, ließ Armstrong die Post liegen, die er lustlos durchgesehen hatte, verließ sein Büro, ohne sich auch nur von Pamela zu
verabschieden, nahm den Lift zum Dach und befahl seinem Hubschrauberpiloten, ihn nach Heathrow zu bringen. Als er auf London hinunterblickte, empfand er keine Spur von
Zuneigung, wie es in New York stets der Fall war.
Zwanzig Minuten später landete Armstrong am Flughafen Heathrow und begab sich rasch zur Executive Lounge.
Während er darauf wartete, daß sein Flug aufgerufen wurde, kam ein Amerikaner zu ihm – später einer zweiter –, die ihm die Hand schüttelten und sich dafür bedankten, was er »für die Bürger von New York tat«. Armstrong lächelte und fragte sich, welchen Verlauf sein Leben wohl genommen hätte, wenn das Schiff, auf dem er vor so vielen Jahren den Nazis entkommen war, nicht Liverpool angelaufen hätte, sondern Ellis Island.
Sein Flug wurde aufgerufen, und er nahm vorn in der
Maschine Platz. Nach einer unbefriedigenden Mahlzeit döste er 642
zwei Stunden mit mehreren Unterbrechungen. Je näher er der Ostküste der Vereinigten Staaten kam, desto zuversichtlicher wurde Dick, daß er es doch noch schaffen würde. Heute in einem Jahr würde die Tribune nicht nur einen höheren Umsatz machen als der Star – die Zeitung würde einen Gewinn erwirtschaften, von dem sogar Sir Paul Maitland zugeben mußte, daß Dick ihn ohne Unterstützung erzielte hatte. Und da die Aussicht bestand, daß eine Labour-Regierung an die Macht kam – wer konnte da schon sagen, was er noch alles erreichen würde? Dick kritzelte »Sir Richard Armstrong« auf die
Weitere Kostenlose Bücher