Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
finanziert vom FSME -Immun-Hersteller Baxter. Im Impressum der Website www.zecken.at der ARGE Gesundheitsvorsorge heißt es:
»Die jährliche Zeckenschutz-Impfaktion ist eine Initiative der Österreichischen Apotheker- und Ärztekammer, der Pharmaindustrie, des Großhandels und der ARGE Pharmazeutika, die den Impfstoff in Kooperation finanziell stützen und diesen den Konsumenten vergünstigt zur Verfügung zu stellen. Die ARGE Gesundheitsvorsorge übernimmt den Auftrag für die jährliche Kommunikation und Information rund um die Impfaktion.«
Da greift ein Rädchen ins andere. Die Firma Baxter finanziert auch die »Selbsthilfegruppe Zeckenopfer«, die wiederum für FSME -Immun wirbt (Reimon 2007). In Österreich sind derzeit 88 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal und 58 Prozent mehrmals nach Impfschema geimpft – darunter auch viele, die praktisch kein Erkrankungsrisiko haben, wie zum Beispiel notorische »Stadtpflanzen« oder Kinder. Nach Ansicht der Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin wäre gerade für Letztere die Impfung entbehrlich ( TGAM 2011).
Im Grunde wurde bisher nie überprüft, ob die Impfung wirklich sinnvoll ist. Zwar nehmen die Erkrankungsfälle infolge der Impfung ab – in Österreich von geschätzten 300 bis 700 Fällen vor Beginn der Impfung auf 50 bis 100 Fälle in den letzten Jahren. Schwere Impfnebenwirkungen könnten diesen Vorteil jedoch zunichtemachen. Es gibt bis heute keine Studien, in denen die Komplikationen der FSME -Impfung den Komplikationen durch FSME gegenübergestellt werden. Die Tiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin hat folgende Schätzung veröffentlicht: »Bei errechneten ca. 3 Millionen Impfdosen/Jahr ergeben sich etwa 3 tödliche neurologische Impf-Folgen. Dem stünden rein rechnerisch ohne FSME -Impfung jährlich ca. 7 Todesfälle durch die Erkrankung gegenüber« ( TGAM 2011).
Der Pforzheimer Neurologe R. Kaiser kommt nach der Durchsicht von 850 Krankenakten aus den Jahren 1991 bis 2000 zu der Schlussfolgerung, die FSME -Impfung habe eher Bedeutung für ältere Menschen als für Kinder (Kaiser 2002). Auch die kinderärztliche »Kommission für Infektionskrankheiten und Impfungen« kann sich nicht zu einer kategorischen Impfempfehlung durchringen:
»Angesichts der Seltenheit der FSME , des milden Verlaufs im Kindes- und Jugendalter und in neuerer Literatur fast fehlenden bleibenden Schäden sollten die Impfempfehlungen der STIKO korrekt angewandt werden. Es gibt zur Zeit keine Grundlage für die generelle Einführung der Impfung, auch nicht in einzelnen Bundesländern. Vielmehr bleibt die Empfehlung der Impfung eine auf den speziellen Fall beschränkte Maßnahme, die erst nach genauer Analyse des konkreten Infektionsrisikos und individueller Entscheidung durchgeführt wird« ( DAKJ 2004).
Die Pharmaunternehmen haben es durch geschickte Pressearbeit verstanden, die Angst vor Erkrankungen nach Zeckenstichen zu schüren: »Zeckenbiss – Gewissensbiss« oder »Die Natur ist nicht nur unser Freund«, heißt es in der Werbung für Encepur. Die Ärzte werden mit Propagandamaterial und ungenauen Angaben über die geographischen Verbreitungsgebiete der FSME regelrecht bombardiert.
Auch die Presse hat die verkaufsfördernde Wirkung der Panikmache vor Zecken entdeckt. In der
Süddeutschen Zeitung
erscheint jedes Frühjahr ein halbseitiger Artikel, in dem ein Münchner Tropenmediziner, welcher für den Encepur-Hersteller Chiron Behring Impfforschung betreibt, die FSME -Impfung für alle fordert. Schulen in Bayern und Baden-Württemberg sind dazu übergegangen, geplante Aufenthalte in Schullandheimen mit der Empfehlung zur FSME -Impfung zu verbinden, selbst wenn der Aufenthaltsort in keinem Risikogebiet liegt. Erwachsene und sogar Kinder auch außerhalb der Naturherde werden regelrecht »durchgeimpft«. Eltern schätzen Zecken inzwischen als die zweitgrößte Bedrohung für ihre Kinder ein (Höppe 2006).
Die Kampagne war 2007 so erfolgreich, dass bereits im Mai alle Impfstoffe ausverkauft waren. Die Impfstoffhersteller hatten ihre Umsätze verdoppelt und schickten an alle Ärzte eine »Entscheidungshilfe zur Vorgehensweise bei temporärer Impfstoffknappheit«. Das Paul-Ehrlich-Institut sah sich veranlasst, in einer Extraerklärung zur Mäßigung aufzurufen – obwohl es durch die Ausweitung der Risikogebiete die Panik in der Bevölkerung mit angeheizt hatte: »Eine Impfung ist von der STIKO nicht empfohlen in Gebieten, die nicht als
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