Impfen Pro & Contra - Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung
Fälle pro Jahr erfasst.
Der Impfschutz liegt nach einer kompletten Impfserie bei deutlich über 90 Prozent (Lagos 1996). Ein geringes Resterkrankungsrisiko bleibt: 2007 und 2008 erkrankten je drei vollständig geimpfte Kinder an Hib, eines ist sogar daran verstorben. Wird der Impftermin von Frühgeborenen an ihrem tatsächlichen Geburtsdatum ausgerichtet, so bildet das noch unreife Immunsystem relativ wenig Antikörper (Baxter 2010).
Die Wirksamkeit der Hib-Impfung geht auch über den Schutz der geimpften Bevölkerung hinaus. Dieser sogenannte Herdenschutz kommt dadurch zustande, dass die Zahl der Hib-Träger abnimmt und damit auch die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung von Ungeimpften.
Da nicht bei jeder Haemophilusinfektion die Erregergruppe bestimmt wird, ist die Zahl der derzeitigen Hib-Infektionen nicht genau bekannt. In Deutschland gab es 2009 acht gesicherte Hib-Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, ein Todesfall ist nicht aufgetreten ( RKI 2009). Das derzeitige Erkrankungsrisiko für ungeimpfte Kinder liegt rechnerisch unter 1:20000. Es ist noch geringer, wenn in den ersten Lebensmonaten Muttermilch gegeben wird und wenn die Eltern nicht rauchen. Das Risiko eines bleibenden Schadens liegt ohne Impfung bei etwa 1:150000.
Wollen Eltern ihr Kind im ersten Lebensjahr vor Hib schützen, aber keinen aluminiumhaltigen Fünf- oder Sechsfachimpfstoff verwenden, so können sie es ab dem dritten Lebensmonat mit dem Hib-Einzelimpfstoff impfen lassen. Empfohlen sind drei Impfungen innerhalb eines Jahres.
Wollen Eltern ihr Kind nicht im ersten Lebensjahr impfen, aber auch nicht »Trittbrettfahrer« bleiben, dann können sie ihm im Alter von einem Jahr den Einzelimpfstoff verabreichen lassen. Sie minimieren dadurch sein Erkrankungsrisiko ab diesem Zeitpunkt und bauen einen Herdenschutz mit auf, der auch künftigen Geschwistern nutzt.
Die Nachhaltigkeit der Hib-Impfung ist noch unklar. Seit Jahren werden vermehrt Erkrankungen durch Haemophilus-influenzae-Stämme beobachtet, die im Impfstoff nicht berücksichtigt sind (Ribeiro 2003, Bajanca 2004, Tsang 2006, Resman 2011). Dieses sogenannte »Serotype Replacement« wurde von den Impfexperten bisher für irrelevant gehalten. Die Berichte lassen aber eine Veränderung in der Epidemiologie der Haemophiluserkrankung befürchten, die mittelfristig den Erfolg des Impfprogramms in Frage stellen könnte (Butler 2006).
Auch die durch die Hib-Impfung erzeugte Herdenimmunität hat möglicherweise negative Folgen: Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene könnten durch den selteneren Kontakt mit Hib-Bakterien allmählich ihre Immunität verlieren. Ein Trend zu steigenden Hib-Erkrankungszahlen bei Erwachsenen zeichnet sich in Deutschland und Großbritannien ab (McVernon 2004, RKI 2010). Der bis dato recht zuverlässige Nestschutz für die jungen Säuglinge könnte dadurch schwinden und Kinder in einem Alter gefährden, in dem ein Impfschutz nicht gelingt.
Nebenwirkungen der Hib-Impfung
Hib-Impfstoffe haben einen hohen Gehalt an Endotoxinen und sind daher schlechter verträglich als die Impfstoffe gegen Tetanus, Polio oder Diphtherie (Ochiai 2004). Kombinierte Impfstoffe sind besser verträglich als die gleichzeitige Verabreichung des Hib-Einzelimpfstoffs und einer Kombination der übrigen Impfstoffe (DeNoon 1998).
Hib-Impfstoffe lösen durch einen pharmakologischen Kunstgriff eine Abwehrreaktion gegen die Zuckermoleküle der Bakterienkapsel aus. An sich besitzt das frühkindliche Abwehrsystem eine Toleranz gegen solche Moleküle – wahrscheinlich, um den Aufbau der ebenfalls zuckerhaltigen Nervenscheiden nicht zu stören. Ob das Durchbrechen dieser Toleranz neurologische Auswirkungen hat – etwa einen Anstieg von Autismus, wie der Immunologe Richmand (2011) vermutet –, bedarf weiterer Untersuchungen.
Seit der massenhaften Anwendung des Hib-Impfstoffs wurden die Nebenwirkungen nicht mehr systematisch untersucht. Das ist auch nicht mehr nachzuholen, da Hib-Einzelimpfstoffe kaum noch verwendet werden. Wir werden also vermutlich nie erfahren, welche Rolle die Hib-Komponente bei Komplikationen nach Fünf- und Sechsfachimpfungen spielt.
Akute Nebenwirkungen
In den Zulassungsstudien kam es bei jedem vierten Impfling zu einer Rötung, Schwellung oder Überwärmung an der Impfstelle. Bei einem von hundert traten Fieber, Erbrechen, Durchfall oder anhaltendes Schreien auf.
Sehr bald nach der ersten Impfung kann eine heftige, im weiteren Verlauf auch bläuliche Schwellung
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