Implantiert
nicht so leicht vergessen, Sir.«
Curry nickte ernst. Auch unter seinem Kommando waren bereits Menschen gestorben. Er wusste, wie das war.
Der General wandte sich an die dänischen Offiziere. »Gentlemen, das ist Colonel Paul Fischer vom Medizinischen Forschungsinstitut für Infektionskrankheiten der amerikanischen Armee, dem USAMRIID.« Curry sprach das Akronym Ju-sam-rid aus. »Er gehört zur Abteilung für besondere
Bedrohungen, und er entscheidet, wie wir weiter vorgehen. Irgendwelche Fragen?«
Die Art, in der Curry die Worte besondere Bedrohungen und irgendwelche Fragen aussprach, machte deutlich, dass er keine Fragen hören wollte. Die Dänen nickten nur.
Curry drehte sich wieder zu Paul um. »Ich habe einen Anruf von Murray Longworth bekommen. Er sagte, dass Sie jetzt am Ball sind. Ich bin hier, um Ihre Befehle umzusetzen, wie immer sie auch lauten mögen.«
»Danke, General«, sagte Paul, obwohl ihm nicht nach Dank zumute war. Wenn er die bevorstehenden Entscheidungen jemand anderem hätte anvertrauen können, hätte er das nur allzu gerne getan. »Womit haben wir es zu tun?«
Curry deutete auf den großen Hauptmonitor der Wellblechhütte.
Irgendwie hatte Paul verschwommene Bilder erwartet. In Weltuntergangsfilmen wurde die Katastrophe unweigerlich von jeder Menge statischem Rauschen, flackernden Lichtern und Schiebetüren begleitet, die sich völlig willkürlich öffneten und schlossen. In allen modernen Visionen des Jüngsten Tages schien aus irgendeinem Grund die Elektronik hinter ihrer tatsächlichen Leistungsfähigkeit zurückzubleiben.
Doch das hier war nicht Hollywood. Die Beleuchtung war ausgezeichnet, und die Bilder waren gestochen scharf.
Der Monitor zeigte die von der Decke gefilmte Aufnahme einer Sicherheitskamera. Ein einzelner Mann kroch langsam über den Boden eines Labors. Er hustete immer wieder. Sein Husten war heftig und feucht, von der Art, die einem das Zwerchfell viel zu lange zusammenzieht, so dass man sich fragt, ob man jemals wieder Luft holen kann.
Jeder Hustenanfall schleuderte gelb-rosafarbenen Schaum aus dem Mund des Mannes. Die Schaumfetzen spritzten auf
den Schleim, der bereits über das Kinn des Mannes rann und seinen weißen Laborkittel beschmutzte.
Mit jedem Stück, das sich der Mann weiterschleppte, indem er mühsam einen Arm vor den anderen schob, stieß er leise ein Wort aus: geenuuuhhg. Am unteren Bildschirmrand standen die Worte DR. PONS MATAL.
»Oh, Pons«, sagte Paul. »Verdammt.«
»Kennen Sie ihn?«
»Ein wenig. Ich habe seine Arbeiten gelesen und mit ihm bei einigen Virologie-Konferenzen an Podiumsdiskussionen teilgenommen. Einmal haben wir etwas zusammen getrunken. Ein kluger Mann.«
»Er stirbt einen üblen Tod«, sagte Curry. Sein Kiefer war angespannt, und er mahlte leicht mit den Zähnen, während er den Mann beobachtete. »Was hat er?«
Paul kannte die Antwort nur zu gut. Vor genau drei Jahren hatte er schon einmal miterlebt, wie Menschen auf genau diese Art starben. »Doktor Matals Lungen füllen sich mit Schleim und Eiter, wodurch sie langsam steif werden. Dadurch fällt es ihm schwer, Luft zu holen. Er ertrinkt in seinen eigenen Körperflüssigkeiten.«
»So also stirbt er? Er ertrinkt?«
»Das ist jedenfalls gut möglich. Wenn zu viel Gewebe geschädigt ist, könnte die Pulmonalarterie betroffen sein. Er würde verbluten.«
»Und wie können wir wissen, wann das passiert?«
»Das werden Sie wissen, glauben Sie mir«, sagte Paul. »Wie viele Überlebende gibt es?«
»Keine. Doktor Matal ist der Letzte, der noch übrig war. Die Station von Novozyme hatte siebenundzwanzig weitere Mitarbeiter. Alle Leichen wurden lokalisiert.«
Curry nickte einem der Soldaten an einer kleinen Konsole
zu. Während der Hauptmonitor auch weiterhin Matals vergebliches Kriechen zeigte, erschien auf mehreren kleineren Bildschirmen eine Reihe vermeintlicher Standfotos. Es dauerte einen Augenblick, bis Paul begriff, dass es sich bei den Aufnahmen nicht um Fotos handelte. Es waren Live-Videos, aber niemand bewegte sich.
Jede Aufnahme zeigte eine auf dem Boden liegende Leiche. Einge hatten gelb-rosafarbene Flecken auf ihren Hemden wie Matal. Bei anderen waren der Mund und die Kleider mit Blut bedeckt. Und ein paar wiesen eine offensichtlichere Todesursache auf: Schusswunden. Jemand – wahrscheinlich Matal – war zu dem Schluss gekommen, dass die Varietät dieses Erregers zu tödlich war. Dieser Jemand hatte die Menschen daran gehindert, die Station zu verlassen,
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