In den Armen des Meeres
Frühstück mit seiner Familie zusammensaß, waren seine Gedanken bei ihr.
Sie war schon immer schön gewesen. Das hatte er schon als kleiner Junge gedacht, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren. Nie würde er vergessen, wie er zum ersten Mal den Salon von Harmon House betreten hatte. Er war gerade mit seinem Vater nach einer langen Schiffsreise von Jamaika, wo er aufgewachsen war, in London angekommen. Er hatte natürlich über London gelesen, aber nie hätte er sich eine so große, lebendige Stadt vorstellen können, mit so vielen Herrenhäusern und Villen. So aufgeregt, wie er gewesen war, voller Vorfreude, endlich das Heimatland seines Vaters kennenzulernen, so ängstlich fühlte er sich gleichzeitig – und achtete sorgfältig darauf, das zu verbergen. Auf dem Weg nach Harmon House sah er viele von Londons Sehenswürdigkeiten. Harmon House war ihm so majestätisch und beeindruckend erschienen wie der Buckingham Palace.
Um seine Anspannung zu verbergen, war er ganz langsam und aufrecht in den Salon des Hauses geschritten. Sein Vater war von seinen Brüdern herzlich begrüßt worden. Einer davon war der Earl of Adare. Mehrere andere Erwachsene und Kinder waren auch dort gewesen. Er sah nur das reizende goldblonde Mädchen, das in rosa Seide und Satin gekleidet war und auf einem mit gelbem Damast bespannten Kanapee saß.
Irrtümlich hielt er sie für eine echte Prinzessin, weil er noch nie so ein hübsches Mädchen gesehen hatte. Und als sie ihn ansah, fühlte er sich, als stockte ihm der Atem. Aber sie hatte die Nase hochgereckt wie ein echter Snob. Sofort war in ihm der Wunsch erwacht, sie zu beeindrucken. Er war zu ihr geschlendert und hatte ohne irgendeine Einleitung angefangen, mit seinen Erlebnissen auf hoher See zu prahlen. Dabei waren ihre blauen Augen so groß geworden wie Untertassen.
Bei der Erinnerung daran musste Alexi lächeln. Innerhalb weniger Tage waren sie Freunde geworden. Doch dann verschwand sein Lächeln. Am vergangenen Abend war Elysse noch schöner gewesen als in seiner Erinnerung. War es möglich, dass er einfach vergessen hatte, wie schön sie war? Und wie zierlich? Als er zu ihr geeilt war, um ihr aufzuhelfen, und sie in den Armen hielt, war er überrascht, wie zart und feminin sie sich in seinen Armen anfühlte.
Natürlich war er nicht der einzige Mann, der bemerkt hatte, wie hinreißend sie aussah. Ogilvy war vollkommen verzaubert – und wenn er sich nicht täuschte, dann hatte sie auch seinen Navigator betört.
Sein Herz schlug schneller. Sie war so wunderschön – und sie wusste es. Sie hatte es schon als kleines Mädchen gewusst. Schon damals kokettierte sie gerne, und das schien sich nicht geändert zu haben. Er hatte das schon seit Jahren beobachtet und sich über ihr Verhalten amüsiert. Trotzdem hatte er nie ganz verstanden, wie es kam, dass ihre Verehrer sich so von ihr an der Nase herumführen ließen – als ständen sie in ihrem Bann.
Hatte sie wirklich vorgehabt, ihn zu verführen? Hatte sie geglaubt, ihn an der Nase herumführen zu können? Wenn sie ihn noch einmal mit diesem Augenaufschlag ansah, dann würde er darauf eingehen und sie küssen, bis sie den Verstand verlor. Sie wäre sicher entsetzt ... Oder etwa nicht?
Nur leider wusste er, dass er sich selbst etwas vormachte. Er würde sie niemals so behandeln. Er hatte immer eine besondere Bindung zu ihr gespürt, von dem Augenblick an, da sie einander das erste Mal begegnet waren. Und das hatte sich nie geändert.
Andere glaubten vielleicht, dass sie hochnäsig war, aber er wusste es besser. Er kannte das goldene Herz, das in ihrer Brust schlug. Er wusste auch, wie freundlich sie sein konnte – und wie loyal. Sie konnte nichts dafür, dass ihre Eltern sie verwöhnten oder dass sie mit so vielen Privilegien und ihrer Schönheit gesegnet war. Nichts von alledem spielte wirklich eine Rolle. Wichtig war nur, wie gut sie ihn verstand. Manchmal hatte er das Gefühl, sie könnte seine Gedanken lesen, selbst wenn er gar nichts gesagt hatte. Und wie oft hatte er ihre Gedanken erraten – und ihre Geheimnisse – ohne dass sie je darüber gesprochen hatte?
Doch von Anfang an war dieses starke Band für ihn problematisch gewesen. Von ihrer ersten Begegnung im Kindesalter an hatte es diese Anziehung zwischen ihnen gegeben. Als Junge hatte er immer gedacht, dass er sie eines Tages, wenn sie beide erwachsen wären, heiraten würde. Daran hatte es nie irgendeinen Zweifel für ihn gegeben.
Aber mit fünfzehn
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