In den Fängen der Macht
drückten sowohl Stärke als auch Charme aus.
»Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mrs. Monk«, sagte er lächelnd, aber als der Höflichkeit Genüge getan war, wandte er sich augenblicklich an Monk, der hinter ihr stand. Gelassen betrachtete er einen Moment lang dessen Gesichtsausdruck, bevor er seine Hand zum Willkommensgruß ausstreckte und dann einen Schritt zur Seite trat, um den Rest der Gesellschaft vorzustellen.
Es waren noch drei weitere Gäste anwesend. Der eine war ein Mann Mitte vierzig, dessen dunkles Haar sich bereits ein wenig lichtete. Als Erstes fiel Hester sein offenes Lächeln und der spontane Händedruck auf. Er strahlte ein natürliches Selbstvertrauen aus, als ob er seiner selbst und seiner Anschauungen so sicher wäre, dass er kein Bedürfnis verspürte, sie jedermann aufzudrängen. Er begnügte sich damit, anderen zuzuhören. Dies war eine Eigenschaft, die sie sogleich schätzte. Sein Name war Robert Casbolt, und er wurde nicht nur als Albertons Geschäftspartner und Jugendfreund, sondern zudem als Judiths Cousin vorgestellt.
Der andere anwesende Herr war Amerikaner. Es war kaum zu vermeiden, zur Kenntnis zu nehmen, dass sein Land in den letzten Monaten tragischerweise an den Rand eines Bürgerkriegs geschlittert war. Bis jetzt war es zwar zu nichts Ernsterem als ein paar hässlichen Scharmützeln gekommen, aber mit jedem aktuellen Bulletin, das über den Atlantik kam, schien offene Gewalt und Krieg immer wahrscheinlicher zu werden.
»Mr. Breeland kommt aus den Unionsstaaten«, sagte Alberton höflich, doch in seiner Stimme klang keine Herzlichkeit.
Hester sah Breeland an, der die Vorstellung mit einem Nicken quittierte. Er schien Anfang dreißig zu sein, war groß und hielt sich sehr kerzengerade, er hatte breite Schultern und die stramme Haltung eines Soldaten. Seine Gesichtszüge waren ebenmäßig, sein Ausdruck höflich, aber streng kontrolliert, als ob er ständig vor einem Missgeschick oder dem Nachlassen seiner Aufmerksamkeit auf der Hut wäre.
Die letzte anwesende Person war die Tochter der Albertons, Merrit. Sie war ungefähr sechzehn Jahre alt und verfügte über all den Charme, die Leidenschaft und die Verletzlichkeit ihrer Jahre. Sie war hellhäutiger als ihre Mutter und besaß nicht deren Schönheit, aber in ihrem Gesicht stand eine ähnliche Willensstärke und ein geringeres Vermögen, ihre Emotionen zu verbergen. Die Vorstellung ließ sie durchaus artig über sich ergehen, aber sie machte keinerlei Versuch, mehr als höflich zu sein.
Die einleitende Unterhaltung handelte von so simplen Themen wie dem Wetter, dem zunehmenden Verkehr auf Londons Straßen und den zahlreichen Menschen, die eine Ausstellung in der Nähe besuchten.
Hester fragte sich, warum Callandra angenommen hatte, sie und Monk würden diese Menschen sympathisch finden, aber vielleicht hatte sie sie einfach nur ins Herz geschlossen und war der Meinung, auch Hester und Monk würden ihre Liebenswürdigkeit schätzen.
Breeland und Merrit traten ein wenig zur Seite und führten eine ernste Unterhaltung. Monk, Casbolt und Judith Alberton diskutierten über das neueste Theaterstück, und Hester begann eine Unterhaltung mit Daniel Alberton.
»Lady Callandra erzählte mir, Sie hätten nahezu zwei Jahre auf der Krim verbracht«, sagte er interessiert. Dabei lächelte er entschuldigend. »Ich werde Ihnen nicht die üblichen Fragen über Florence Nightingale stellen. Mittlerweile müssen Sie dies gewiss als ermüdend betrachten.«
»Sie war eine äußerst bemerkenswerte Person«, erwiderte Hester. »Ich würde niemanden kritisieren, der mehr über sie erfahren möchte.«
Sein Lächeln wurde breiter. »Das müssen Sie schon sehr oft gesagt haben. Sie waren darauf vorbereitet!«
Sie spürte, wie sie sich entspannte. Es war überraschend angenehm, mit ihm zu plaudern. Offenheit war stets so viel einfacher als fortgesetzte Höflichkeiten. »Ja, ich gebe es zu, ich war vorbereitet. Es ist…«
»Wenig originell«, vollendete er ihren Satz.
»Ja.«
»Vielleicht war das, was ich sagen wollte, auch wenig originell, aber ich werde es dennoch sagen, weil ich es tatsächlich wissen möchte.« Er runzelte leicht seine Stirn und zog die Brauen zusammen. Seine Augen waren von einem klarem Blau. »Sie müssen dort draußen eine beträchtliche Beherztheit aufgebracht haben, sowohl physisch als auch moralisch, vor allem, wenn Sie sich tatsächlich nahe dem Schlachtfeld befunden haben. Sie müssen Entscheidungen getroffen
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