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In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

Titel: In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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starrten uns in die Augen. Sekunden vergingen.
    »Also sind Sie doch hier, um mich zu erledigen?« Er hatte mich kurz in seinem Bann, doch nun begann mein Herz wieder panisch zu klopfen. Lichtmann blickte hoch zu den Anzeigetafeln und Bildschirmen der Apparate, die an mir angeschlossen waren. Er schien etwas von diesen Dingen zu verstehen.
    »Nein. Ich bin nicht hier, um dich zu erledigen«, entgegnete er, ohne mich anzusehen, während er die Anzeigen des EKGs studierte und einige Schalter betätigte. »So war es schon immer. Es ist die Wahrheit hinter allem. Der wahre Erlöser kann dir nur den Tod vermitteln — alles andere sind Lügen. Ich bin hier, um die Mauer zwischen dir und der Wahrheit niederzureißen. Ich war tot, und siehe, ich bin lebendig von Ewigkeit zu Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle. « Er lachte auf, unterbrach dann sein Tun und sah mich kurz mit gehobenen Augenbrauen an. »Die Polizei ist unterwegs. Noch bewegen wir die Figuren auf dem Schachbrett. Aber in fünfzehn Minuten übernehmen die anderen die Regie. Dann läuft dein Leben wieder auf Autopilot.«
    Er griff in die Innentasche seines Trenchcoats und holte eine Zeitschrift heraus. Er warf sie zu mir aufs Bett und stellte sich wachend in die Nähe der Glastür. Ich war nicht in der Verfassung, mich auf den Inhalt zu konzentrieren, doch es schien sich um ein medizinisches oder psychiatrisches Journal zu handeln. Ich konnte nur die Überschrift aufnehmen: ›P SYCHOTISCHE N ETZWERKE — DIE N EMESIS VON MORGEN .‹
    »Ich verstehe nicht«, flüsterte ich erschöpft und wünschte mir, ich hätte für diesen Satz einfach einen Schalter unter dem Daumen, den ich nur leicht antippen müsste.
    » WIR sind die psychotischen Netzwerke«, rief Lichtmann aus. »Die einen haben es in hundert Jahren nicht geschafft, uns zu eliminieren, also erklären uns die anderen vorsorglich für halluzinierende Geisteskranke. Holophrene Psychoten.«
    Ich kann nicht sagen, dass die Dinge, die Lichtmann sagte, für mich einen konkreten Sinn ergaben. Ich kann nicht sagen, dass es ihm gelang, mich mit irgendetwas zu überzeugen. Aber ich hatte einen starken Todeswunsch. Ich wollte das alles abstreifen. Es sollte vorbei sein. Das hier war keine Querschnittslähmung in Folge eines Skiunfalls, wo Zufall oder sogar »Pech« zwar keinen Trost, doch zumindest eine universelle Erklärung boten. Das hier war das letzte Glied einer Verkettung von Ereignissen, die allesamt sinnlos erschienen. Und jeder und alles trug nur dazu bei, dass die Rätsel zunahmen und die Antworten ausblieben. Aber da war Lichtmann. Er gab die ersten Antworten. Und die Dinge, die mir so unklar waren, begannen gewisse Ränder und Formen zu erhalten. Die Frage war lediglich, ob ich bereit war, diesem seltsamen Menschen zu vertrauen. Aber war das in meiner Situation nicht gleichgültig?
    Ich hatte keine Antworten für die Polizei. Wenn ich der Polizei das erzählte, was ich mit eigenen Augen gesehen hatte, würden sie mich in einen Rollstuhl setzen, mir Handschellen anlegen und den Polizeipsychologen bestellen, der das stärkste Beruhigungsmittel im Koffer hatte. Ich besaß keine Alternativen außer Lichtmann.
    »Woher weiß ich, dass das alles nicht irgendein komplizierter Trick ist, um mich in eine Falle zu locken? All diese ominösen Anrufe auf Ihrem Handy, der Zeitdruck, das Schielen nach dem Arzt...«
    Lichtmann blieb stehen und blickte mich lange an.
    »Du weißt es nicht. Doch warum sollte ich dich in eine Falle locken? Sieh dich an. Du bist schon tief im Spinnennetz eingewickelt, ausgesaugt zu werden. Und wenn das alles hier nur Theater sein sollte — sag mir aus welchem Motiv...«
    Es fiel mir kein Motiv ein. Schließlich gab es nur zwei Möglichkeiten: Lichtmann war hier, um mir noch mehr zu schaden — und das konnte nur den Tod bedeuten. Oder er war hier, um mir in irgendeiner Weise zu helfen. Was auch immer, es mochte besser sein als das hier. Ich wollte nicht das Leben leben, das für mich in diesem Augenblick, an dieser Kreuzung, vorgesehen war.
    Ich sah ihn entschlossen an.
    »Dann tun Sie, was Sie für richtig halten.«
    Er nickte stumm. »Wir haben zu viel Zeit verloren. Das ganze Verfahren braucht mindestens vierzig Minuten. Wir haben nur noch zehn. Ich muss also irgendwie dreißig Minuten gewinnen.«
    »Was kann ich tun?«
    Er begann wieder in seinen Taschen zu kramen und holte eine flache Metallschachtel hervor. Er öffnete sie. Sie enthielt einige

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