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In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

Titel: In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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schüttelt mich. »Denk nach! Wollte ich dich töten, bräuchte ich dich nur hier über den Abgrund des Daches zu stoßen. Bist du bei mir, Jan-Marek? Bist du bei mir?«
    »Ja«, röchle ich trotzig.
    »Falls ich nur dein Mörder bin, gibt es nicht den geringsten Anlass für diese ganze Show, die ich hier aufführe. Dass ich dennoch zuerst dein Vertrauen brauche, bevor ich dich töte, kann logischerweise nur bedeuten, dass ich recht habe und alles was ich sage die Wahrheit ist. Dann musst du aber keine Angst vor dem Tod haben. Bist du bei mir?«
    Ich sehe ihn an. Sein Gesicht erinnert mich nun an ein altes, ausgefranstes Plüschtier. Wie hieß dieser Bär noch mal?
    »So was hätten Sie mir erzählen sollen, bevor Sie mir ein Ticket verpasst haben.«
    »Ja, ich komme mit der Reihenfolge leicht durcheinander«, entgegnet Lichtmann mit einer entschuldigenden Geste.
    »Hey, Sie«, rufe ich ihm zu, da mir der Wind hier inzwischen wie ein Tornado vorkommt. Er hat eine Möglichkeit unerwähnt gelassen. Dass er einfach nur geisteskrank ist und seine eigenen Psychosen für bare Münze nimmt. Aber da waren noch Laura und Rufus Mahr und Patrice. Wie passten die ins Bild? »Sie müssen mich nicht mehr überzeugen. Diesen ganzen Logikscheiß habe ich mir schon unten im Bett überlegt. Aber deshalb ist es trotzdem ein beschissenes Gefühl, über die Klippen zu gehen.«
    Der Salamander lächelt.
    »Deswegen werde ich mitgehen... Über die Klippen. Das allein macht es doch denkwürdig. Was für ein großartiger Tag!«
    Er zieht wieder die Metallschachtel hervor und kramt darin. Dann ahne ich entfernt einen Stich und sehe, wie eine blaue Flüssigkeit in meinem Arm verschwindet. Lichtmann wirft die Injektionsspritze von sich.
    »Das Thanatol. Der zweite Schritt.« Der Wind weht durch sein lichtes, graues Haar. Er steht auf, zieht den Trenchcoat aus und wirft ihn fort.
    »Was ist, wenn jemand die Spritze findet und analysiert?« Ich kichere über meine eigene Schlauheit.
    »Wenn schon«, holt mich Lichtmann wieder zum ursprünglichen Gedanken zurück. »Die Kerygma-Gruppe hat die Formel schon längst. Sie nützt ihnen nichts. Denn sie glauben nicht.«
    Dann fährt er meinen Rollstuhl an den Rand des Dachs. Vor mir öffnet sich das gewaltige Panorama der Straßen und Häuserschluchten. Vielleicht geht es hundert Meter tief, es könnten aber auch zehn Kilometer sein. Auf LSD sind Entfernungen und Maße nicht immer gut abschätzbar.
    »Zerstreu dich nicht«, weist mich Lichtmann zurecht. »Verwickle dich nicht in Gedanken. Lass den Trip durch dich fließen und ignoriere all die komplexen Seitengassen. Der Trip ist hier, um dich an den Pforten zu beschützen. An den Pforten in die andere Welt. Lass dich also nicht ablenken. Du musst bewusst sterben und nicht zerstreut. Hörst du?«
    Da sitzen wird also. Am Rand eines Dachs.
    Ich höre hinter mir einen Knall. Gerne würde ich mich umdrehen und nachsehen, aber ich merke, dass an meinem Körper nicht mehr viel ist, das mir gehorcht. Ich werde von Licht erfasst und von Schreien. Ich sehe Lichtkegel über meine Oberschenkel tanzen. Aus der Tiefe des Großstadtcanyons taucht dröhnend ein dunkler Hubschrauber auf. Von links und von rechts vernehme ich Stimmen. Alles fühlt sich an, als wäre mein Schädel hohl und darin rotierende Geräusche und Lichter wie Kugeln aus leuchtendem Stein. Da bin ich , denke ich mir, gedrechselt wie Pinocchio, genannt Jan-Marek Kámen — mit schweren Gedanken wie Kugeln, gehauen aus Stein.
    Der vollkommene Reim.
    Zumindest wenn man auf Acid ist.
    »Die Polizei ist da.« Lichtmann sitzt an der Dachkante, beinahe lässig und ohne Hast. Er hatte mich auf die Brüstung gezerrt, ohne dass ich es richtig gemerkt habe und nun sitzen wir dort zusammen wie ein Liebespaar und lassen unsere Beine über dem Abgrund baumeln. Er zeigt nonchalant auf den Hubschrauber, als würde er mir auf einer Party eine hübsche Frau vorstellen. »Und das Oktagon.«
    Ich zucke leicht zusammen und dann gleich noch mal. Aber ich scheine das nicht mit Absicht zu machen.
    »Das Leben war noch einfach, als uns nur das Kerygma jagte«, sinniert Lichtmann vor sich, während jemand durch ein Megaphon schreit. Dann klatscht er entschlossen auf seine Oberschenkel, als wäre die kleine Rast am Wegesrand wieder vorbei. »Es ist Zeit für den letzten Schritt. Wir haben nur noch Sekunden, bis das große Biest wieder dein Leben steuert...«
    »Es ist so wunderschön.« Die Stadt erinnert mich an eine

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