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In den W?ldern tiefer Nacht

In den W?ldern tiefer Nacht

Titel: In den W?ldern tiefer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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Atmens nicht bewußt sind. Seit ich aufgewacht war, hatte ich keinen einzigen Atemzug gemacht, und bis eben war es mir auch nicht aufgefallen.
      Schließlich versuchte ich, tief Luft zu holen, aber durch meine Lungen schoß ein scharfer Schmerz. Er zwang mich in die Knie, dann ließ er langsam nach. Als es mir wieder besser ging, versuchte ich zu sprechen und fragte mich, ob ich mich wohl hören würde. Heißt es nicht, daß die Toten sowohl taub als auch stumm sind? Ich nahm einen weiteren vorsichtigen Atemzug. Dieses Mal traf mich der Schmerz nicht ganz so hart, und ich nutzte die Luft, um in die Dunkelheit zu fragen: »Kann mich jemand hören?« Ich bekam keine Antwort, und ich wollte nicht noch einmal fragen.
      Ich versuchte, meine Angst zu ignorieren, während ich die Steifheit aus meinen Gliedern schüttelte und mich zwang, noch einmal zu atmen. Der Schmerz war fast verschwunden, aber meine Rippen fühlten sich immer noch wund an, so als ob die Brustmuskeln lange nicht benutzt worden wären. Ich hatte kein Bedürfnis auszuatmen, und mir wurde auch nicht schwindelig, als ich es nicht tat. Nachdem ich die überflüssige Luft wieder aus meinen Lungen gelassen hatte, war ich fasziniert davon, daß mein Körper mich nicht zum Einatmen drängte.
      Ich konnte also hören und fühlen. Ich konnte sprechen. Ich konnte schmecken, und der Geschmack in meinem Mund war süß und entfernt vertraut. Ich leckte an meinen Lippen; dort war er auch. Eine Erinnerung stieg in meinen Gedanken auf, die Erinnerung an Schmerz und Angst. Ich wollte sie nicht, deshalb stieß ich sie weg.
      Ich versuchte herauszufinden, ob ich etwas in der Dunkelheit riechen konnte. In der kühlen, stillen Luft lag ein Geruch wie Honig. Bienenwachs? Vielleicht eine Kerze? Ich nahm außerdem den trockenen Geruch von Holz und, noch schwächer, von Glas wahr. Es fiel mir nicht auf, daß ich eigentlich nicht in der Lage sein sollte, Glas zu riechen – kein Mensch kann das.
      Unter diesen Gerüchen lag etwas, das ich nicht erkannte – eigentlich gar kein richtiger Geruch, sondern etwas zwischen Geschmack und einem Duft, wie man es manchmal für einen Augenblick im Wind spürt. Oder vielleicht war es der Wind selbst, eine sanfte Bewegung in der Luft. Ich konzentrierte mich auf dieses Gefühl, und obwohl es nicht deutlicher wurde, spürte ich es ganz unmittelbar.
      Später lernte ich, daß dieses Gefühl durch die Aura hervorgerufen wurde. Die Aura des Todes – meines Todes – und die eines Vampirs: Ather, meine dunkle, unsterbliche Mutter, die mir gegen meinen Willen dieses Leben gegeben und dadurch mein sterbliches Ich getötet hatte.
      Ich versuchte, ein paar Schritte zu gehen, spähte nach einem Weg aus dem dunklen Raum, in dem ich mich befand, und es gelang mir mit überraschender Leichtigkeit. Mein Körper war nicht mehr steif; ich bewegte mich sehr geschmeidig, fast als würde ich mehr schweben als gehen. Das Holz unter meinen Füßen war kühl und glatt.
      Ich folgte der Wand, bis ich auf etwas stieß, das nicht aus Glas war – eine Holztür. Ich öffnete sie langsam und blinzelte in das Licht, das mich umgab. Als ich mein Gesicht zur Seite drehte, sah ich das Zimmer, das ich gerade verlassen hatte. Alle Wände waren verspiegelt, mein Spiegelbild fiel hundertfach auf mich zurück. Erstaunen erfüllte mich. Wer auch immer dieses Haus gebaut hatte, er mußte sehr reich sein, um so viel Glas in einem Zimmer zu haben. Und doch gab es nicht ein einziges Fenster – nichts, was Luft oder Licht hereingelassen hätte.
      Bezaubert von meinem eigenen Spiegelbild, das ich kaum erkannte, ging ich zurück in das Zimmer. Ich näherte mich der reflektierenden Oberfläche und streckte zögernd eine Hand nach der Fremden aus, die ich dort sah. Ihre Haare waren immer noch so golden wie meine, und ihre Figur war meiner sehr ähnlich, aber ihre Bewegungen waren voller Anmut. Ihre Augen waren schwarz wie die tiefste Nacht, ihre Haut blaß wie der Tod.
      »Sieh es dir genau an, Risika«, sagte eine Stimme hinter mir. »Präge es dir gut ein, denn es wird bald verblassen.«
      Ich wirbelte zu der Stimme herum. Alles an der Sprecherin war schwarz, von ihren Haaren über ihre Augen bis zu ihrer Kleidung – bis auf ihre unnatürlich helle Haut. Mein erster Gedanke war: eine Hexe. Er rührte von einer vagen Erinnerung aus meinem früheren Leben her, obwohl ich nicht wußte, was dieses Leben gewesen war.
      Mein nächster Gedanke war: Ather. Plötzlich

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