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In den W?ldern tiefer Nacht

In den W?ldern tiefer Nacht

Titel: In den W?ldern tiefer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelia Atwater-Rhodes
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erinnerte ich mich an sie – ich erinnerte mich an die dunkle Korona, die ihre Haare um ihre blasse Haut bildeten, und ich erinnerte mich an ihr eisiges Lachen.
      Ein Bild schoß mir durch den Kopf. Ich erinnerte mich auch wieder an meinen Tod, aber diesmal reichte meine Erinnerung weiter zurück – Aubrey, der das Messer in seine Scheide steckte, mit dem er gerade jemandem das Leben genommen hatte. Wessen Leben? Ich wußte es nicht und war mir auch nicht sicher, ob ich es wissen wollte.
      »Warum hast du mich hierhergebracht?« verlangte ich zu wissen. »Was hast du mit mir gemacht?«
      »Komm schon«, sagte Ather. »Du kannst es dir doch sicher denken. Sieh dir   mein Spiegelbild an – sieh es dir genau an. Und dann sag mir, was ich mit dir gemacht habe.«
      Ich gehorchte und wandte mich wieder dem Spiegel zu. Ich konnte ihr Spiegelbild kaum erkennen. Ihre Gestalt war in dem Glas so fahl, daß ihr schwarzes Haar nur wenig mehr als blasser Rauch zu sein schien.
      »Und jetzt betrachte dein eigenes Ebenbild«, wies sie mich an.
      Ich tat es. Wieder sah ich auf die Gestalt im Spiegel und fragte mich, ob das wirklich ich sein konnte. Ich hatte ein bestimmtes Bild von mir vor Augen, das in keinster Weise mit dem übereinstimmte, das ich gerade vor mir sah. Wenn es ihm auch sehr ähnelte, war es trotzdem völlig falsch.
      »Wer bin ich?« Ich drehte mich zu ihr herum. Ich wußte es wirklich nicht.
      »Erinnerst du dich nicht an dein Leben?«
      »Nein.« Ein weiteres Lächeln als Antwort auf meine Worte. Ein kaltes Lächeln – wenn Schlangen lächeln könnten, würde es so aussehen.
      »Das dachte ich mir«, erwiderte sie. »Deine Erinnerung wird – leider – wiederkommen, aber im Moment...« Sie beendete den Satz mit einem Schulterzucken, als hätte es keine Bedeutung.
      »Wer bin ich?« wiederholte ich mit Nachdruck. »Antworte mir.« Ich war wütend, allerdings nicht nur wegen ihrer Gleichgültigkeit. Seit ich aufgewacht war, wirbelten die Gedanken nur so in meinem Kopf umher. Das Gefühl war am Anfang noch recht undeutlich gewesen, aber jetzt wurden die Ränder meines Sichtfeldes langsam rot.
      »Warum?« meinte sie. »Es ist nicht mehr wichtig, wer du einmal gewesen bist. Du bist Risika, aus der Blutlinie von Silver.«
      »Und wer ist Risika?« beharrte ich, während ich den schmerzvollen Schauder zu ignorieren versuchte, der durch meinen Körper zuckte.
      »Sie ist – du bist – ein Vampir«, sagte Ather. Es dauerte einen Moment, bis die Information meinen Verstand erreichte. Ich kannte zwar Wörter wie Hexe und Teufel, aber dieses war mir fremd. Aus der Ferne, aus einer Erinnerung heraus, die nicht ganz deutlich war, sagte jemand: »Dort draußen gibt es Kreaturen, die dich verdammen würden, wenn sie könnten, einfach nur aus Bosheit.«
      Ather zählte bestimmt zu den Kreaturen, die diese Person gemeint hatte. Und Aubrey – an ihn erinnerte ich mich auch. Wieder sah ich, wie er sein Messer einsteckte, aber ich konnte mich immer noch nicht erinnern, warum er es aus der Scheide gezogen hatte.
      »Du hast mich in einen...« Ich brach ab.
      »Weißt du, daß ich deine Gedanken wie ein Buch lesen kann?« fragte Ather lachend. »Du bist sehr jung und noch immer zu einem Teil menschlich. Du wirst bald lernen, deine Gedanken zu verbergen, vielleicht sogar vor mir. Du bist jetzt schon ungewöhnlich stark. Er hat mich davor gewarnt. Hatte er vielleicht Angst, daß du zu stark werden könntest und ich die Kontrolle über dich verliere?«
      Ich sagte nichts, ich verstand kaum, wovon sie redete. Mein Kopf dröhnte, als hätte ich einen Schlag dagegen erhalten, und ich konnte mich nur schwer konzentrieren.
      Ather schwieg und sah mich an, dann lächelte sie. Dabei konnte ich ihre blassen Fänge sehen, und ich unterdrückte ein Frösteln. »Komm, mein Kind«, sagte sie.
      »Du mußt jagen, bevor dein Körper sich zerstört. «
      Jagd. Das Wort versetzte mich in Angst und Schrecken. Ich mußte an Wölfe und Pumas denken, an Tiere, die sich im Wald ihre Beute suchen. Blut, das im Boden versickert. So viel Blut...
     
      Jetzt brauchte ich dieses Blut. Ich konnte den scharlachroten Tod deutlich vor mir sehen. Das Blut würde warm und süß sein...
      Was geschah nur mit mir? Diese Gedanken waren doch bestimmt nicht meine?
      »Komm, Risika«, schnappte Ather. »Der Schmerz wird schlimmer werden, bis du entweder trinkst oder wahnsinnig wirst.«
      »Nein.« Ich sprach das Wort

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