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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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mochte, hatte seine Stiefelsünden mit dem Revolver gut gemacht!
    Nachdenklich sah ich die Waffe an. Mit Browningpistolen konnte ich umgehen. Ich probierte, ob der federnde Hebel gut funktionierte, der die Waffe schußfertig machte, schob den Patronenhahnen mit seinen acht vernickelten Geschossen schußfertig an seinen Platz. Es war mir, als sei die blitzende Waffe in meiner Hand ein guter Freund, ein hilfsbereiter Fluchtgenosse.
    Wieder sprang ich vorwärts. Die Füße mußten sich an die stechenden Plagegeister gewöhnen. Von nun an wechselte ich systematisch im Laufschritt und Marschierschritt ab, meine Kräfte schonend, wie ich es in der Legion gelernt hatte. Fünf Minuten Laufschritt, fünf Minuten Marschierschritt. Immer auf den Geleisen, immer schnurgerade nach Norden. Einmal hörte ich einen Zug hinter mir herbrausen und legte mich flach in den Sand neben den Geleisen. Stunde auf Stunde verrann. Dreimal schon war ich an Stationen vorbeigekommen, die aus wenigen Häusern bestanden und in der Dunkelheit verlassen dalagen. Bei einem einsamen Bahnwärterhäuschen bellte einmal ein Hund, und ich stürmte entsetzt davon, wie ein Wahnsinniger rennend, bis ich das Gekläff des an seiner Kette zerrenden Tieres nicht mehr hörte. Wie war ich dankbar für Stille und Dunkelheit! Mein Atem ging in schweren keuchenden Stößen. Ich war völlig durchnäßt von Schweiß, und wenn ich einen Augenblick stehen blieb, um zu ruhen, erzitterte mein Körper in eisigen Schüttelfrösten. Aber ich nahm alle meine Kräfte zusammen, denn ich wollte eine mittelgroße Station erreichen, wo ich nicht so sehr auffiel, wenn ich mir eine Fahrkarte nach Oran löste.
    Der Regen hatte bald wieder aufgehört. Jetzt leuchtete auch der Mond dann und wann zwischen den Wolken hervor, und sein mattes Licht gab einen weit helleren Schein, als mir lieb war. Ich stand eine fürchterliche Angst aus, von irgendeiner Gendarmenpatrouille gesehen zu werden. Da wurde das Terrain felsig. Auf beiden Seiten des Schienenweges lagen mächtige Felsblöcke, zerrissene, zackige Kalkfelsen, und ich freute mich über den verbergenden Schutz, den sie mir gaben. Einige Minuten lang mochte ich zwischen den Felsen gelaufen sein, als ich ein eigenartiges Geräusch hörte. Zuerst glaubte ich, es sei wieder ein Eisenbahnzug. Als aber das Geräusch näher kam, schärfer und klarer wurde, wußte ich, was es war: galoppierende Pferde!
    Zwischen den Felsen hindurch konnte ich den feinen hellen Streifen sehen, der die Militärstraße bedeutete. Sie war kaum hundert Meter von den Geleisen entfernt. Auf dieser Straße kam eine Patrouille galoppiert.
    Vielleicht hatten die Gendarmen mich schon längst gesehen! Vorhin, als die Gegend flach war, mußte sich im Mondschein meine Silhouette scharf gegen den Himmel abgezeichnet haben.
    In einem Paroxismus von Angst kroch ich zwischen zwei Felsen und lauschte atemlos. Immer näher kamen die Pferde, immer schallender tönten die Hufschläge. Nun sah ich, aus meinem Versteck hervorlugend, die dunklen Gestalten von Pferden und Reitern. Nun waren sie mir gegenüber. Und in diesem Augenblick hörte ich einen scharfen arabischen Ausruf. Die drei Reiter parierten ihre Pferde und hielten.
    Ich riß die Pistole aus der Tasche. Ihr glänzender Stahllauf funkelte. Schleunigst bedeckte ich die Waffe mit meinem Rock, damit ihr Blitzen mich nicht verrate. Vorsichtig entsicherte ich die Pistole und probierte tastend, ob der Patronenrahmen auch fest und richtig säße. Ein Gefühl eisiger Ruhe kam über mich. Ich nahm mir vor, mich nicht von meinem Platze zu rühren und erst zu feuern, wenn die Gendarmen bei ihrem Suchen ganz in meine Nähe kommen würden. Ich überlegte. Ich nahm den zweiten Patronenrahmen in die linke Hand, zum Nachfüllen bereit. Ich beschloß in raschem Schießen das Magazin zu entleeren, damit ich möglichst viele Schüsse anbringen konnte, ehe sie sich von ihrem Schrecken erholten.
    Da flammte unten ein Zündholz auf. Eine Sekunde lang. Ich hörte den lachenden Ruf eines der Gendarmen. Und dann galoppierten die drei Mann weiter. Einer von ihnen mußte einen Kameraden um Feuer zu einer Zigarette gebeten haben.
    Das Galoppieren verklang in der Ferne, und ich saß immer noch da, am ganzen Leibe zitternd. Die Tränen liefen mir über das Gesicht, als ich die Pistole einsteckte. Hinausschreien hätte ich mögen in jubelnder Dankbarkeit, daß diese fürchterliche Gefahr vorüber war. Und als ich aufstand, fiel ich zurück gegen den Felsen.

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