In der Fremdenlegion (German Edition)
Zeit hineinpaßt, die dem modernen Menschen so unverständlich sein sollte wie Sklavenhalterei. Und vor allem wollte ich die Gebilde bannen, die mich plagten.
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In der Beurteilung der Fremdenlegion sollte vor allem nicht mit Gemeinplätzen operiert werden, mit verallgemeinernden Voraussetzungen. Gerade in Deutschland findet man so häufig die Auffassung, alle deutschen Fremdenlegionäre seien verlorene, verdorbene Menschen, Verbrecher gar – moralisch und wirtschaftlich wertlose Existenzen im besten Fall. Eine nichtsnutzige Gesellschaft, an der nicht viel verloren sei.
Man tut die deutschen Legionäre mit einigen Phrasen ab, kühl denkende Männer schreiben in deutschen Zeitungen über »die Angehörigen deutscher Nationalität, die sich dazu hergeben, die mittelalterliche Reisläuferei als französische Söldner in verächtlichster Art wieder aufleben zu lassen...« Diese Auffassung ist geradezu die »offizielle«. Ich bin der Ansicht, man sollte die Fremdenlegion mit etwas mehr menschlichem Verständnis betrachten. Ich bin vor allem überzeugt, daß es mit den »verlorenen, verdorbenen Menschen« gar nicht so schlimm ist. Einen strikten Beweis dafür kann ich zwar nicht antreten. Eine Statistik der Fremdenlegion gibt es nicht, und ich so wenig wie ein anderer Mensch bin imstande, authentisches Material vorzulegen. Es existieren ja nicht einmal offizielle Daten über den jeweiligen Effektivbestand der beiden Legionsregimenter. Ich gebe von vornherein gerne zu, daß ein Teil des deutschen Menschenmaterials der Fremdenlegion die gleichgültige Beurteilung verdient, die man dem Fremdenregiment angedeihen läßt. Ich nehme aber auch Glauben für meine Ueberzeugung in Anspruch, daß, nach allem, was ich gesehen und gehört habe, der andere große Teil der deutschen Legionäre durchaus nicht Verdorbene sind! Als arme deutsche Handwerksburschen sind sie in die Legion gekommen! Ihre Geschichte ist die traurige Geschichte der wanderlustigen deutschen Handwerksburschen, die auf einer französischen Landstraße hungerten; die keine Arbeit fanden, weil sie der fremden Sprache nicht mächtig waren. Diese armen Menschen haben von jeher den Kern der Legionsdeutschen gebildet. Wenn man daran denkt, daß die Hälfte aller Fremdenlegionäre Deutsche sind, so vergesse man die deutschen Handwerksburschen der Legion nicht! Und ihren Hunger! Und die Verlockungen des Werbebureaus, das Brot versprach! Und die fürchterlichen fünf Jahre, mit denen sie ihre »verächtliche Reisläuferei« büßen mußten!
Der Hunger ist das hauptsächlichste Motiv, das Menschen in die Legion treibt, Deutsche und Franzosen, Italiener und Spanier, Oesterreicher und Engländer.
Der Hunger ist der rührigste Werber für das Regiment der Fremden.
Der Hungernde, der in ihm Zuflucht sucht, bekommt zwar sein tägliches Brot. Er wird jedoch schmählich betrogen! An diesem Hebel möchte ich immer wieder einsetzen und immer wieder darauf hinweisen, wie schwer der Legionär arbeiten muß, wie hart sein Leben ist, wie er seine ganze Manneskraft hergibt für ein Entgelt, das gleich Null ist. Wir denken sehr praktisch in unserem modernen Leben; der Arbeiter jeder Art weiß den Wert seiner Leistung sehr wohl in Münzwert umzurechnen und benützt jede Gelegenheit, um eine bessere Entlohnung zu erzielen. Und in einer Zeit, die den » standard of life « verbessert und die Lebensansprüche des Aermsten hinaufgetrieben hat, ist es möglich, daß ein Unternehmen wie die Fremdenlegion (sie ist nichts anderes als ein Unternehmen, ein Geschäft), immer wieder Tausende von Arbeitssoldaten für einen Sold bekommt, mit dem verglichen der ortsübliche Tagelohn des kleinsten Nestes Reichtum ist! Das Ausschlaggebende für den modernen Menschen sollte die Löhnung sein, die der Fremdenlegionär erhält – vier Pfennige im Tag. Das ist weniger als der fünfte Teil der minimalen Entschädigung, die z. B. der deutsche Infanterist erhält, der ja nicht als bezahlter Söldner dient. Die unerhört niedrige Bezahlung der fremden Söldner der Legion stellt eine häßliche Ausbeutung menschlicher Armut und menschlichen Leichtsinns dar. Das ist der springende Punkt! Man vergleiche nur die Legion mit den beiden anderen Söldnertruppen, dem amerikanischen und dem englischen Heer, die beide, nebenbei bemerkt, für die Innehaltung eines gewissen, durchaus nicht niedrigen, moralischen Niveaus unter ihren Angehörigen sorgen. Beide dieser Söldnerheere bezahlen, im schreienden Gegensatz zur
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