In der Fremdenlegion (German Edition)
Ueber allem im Leben steht die Frau ...
Es war einmal ein Mann, der das Glück fand – in jungen Jahren, aber nach einem wilden Leben. Vom Häusermeer Neuyorks bis zum Goldenen Tor des Pazifischen Ozeans hatte er die Neue Welt durchstreift in seiner gedankenlosen Jugend; hatte den Kampf der Amerikaner auf Kuba mitgemacht und seine junge Nase in kleine zentralamerikanische Republiken gesteckt. Hatte sich von den Zeitungskönigen Amerikas lehren lassen, wie man ein guter Journalist wird. Abenteuerzeiten waren es gewesen, in denen sich die Erlebnisse und der Werdegang von Jahren in Monate zusammendrängten. Dann kam er in die deutsche Heimat zurück und wurde deutscher Journalist, Redakteur, Schriftsteller, bis eine Art Erfolg und eine Art Seßhaftigkeit kam und – das Glück.
Ueber allem im Leben steht die Frau.
Der Schriftsteller verstand es nicht, sein Glück zu halten. Nach seinem amerikanischen Leben voller Auf und Nieder, voller Wechsel und Daseinskampf, war er noch nicht reif für die Seßhaftigkeit. Kluge Menschen schüttelten die Köpfe über ihn, der die Werte seiner Begabung durch die Folgen seines Leichtsinns zerstörte; neue Erfolge wurden immer wieder durch neuen Leichtsinn vernichtet, bis die Frau, die ihn liebte, nicht mehr an ihn glauben konnte.
Und das Glück zerbrach ...
Er wußte, was er verloren hatte – – er schlich sich aus Hamburg fort in stumpfer Hoffnungslosigkeit und wollte untergehen, wollte sich das Leben nehmen. Da wallte in einer verzweifelten Stunde das Abenteurerblut in ihm auf, der Drang nach dem wildesten Leben, das es geben – in dem er vergessen konnte.
Er ließ sich anwerben für die französische Fremdenlegion.
*
Der Mann war ich. Ich hatte alle Brücken hinter mir niedergerissen. Niemand wußte, wo ich war. Für die Menschen, die mich liebten, wollte ich ein Toter sein. Ich vergaß alle Hoffnungen, allen Ehrgeiz, alle Persönlichkeit und lebte das rohe Legionärsleben wie die anderen Legionäre. Arbeitete und marschierte, schlief und aß, tat das, was mir anbefohlen wurde, stöhnte, wenn die Strapazen für meine Kräfte zu viel wurden, schimpfte, wenn man mich schlecht behandelte. Nur in schweren Nächten dachte ich dann und wann an das, was gewesen war.
Etliche fünfhundert Jahre lang mochte ich Legionär gewesen sein. So lange wenigstens dünkte es mich. Da brachte eines glutheißen Tages die algerische Militärpost einen Brief auch für mich. Die Liebe hatte mich gefunden.
Ich las und las und las wieder ...
In dieser Stunde erwachte das gestorbene Glück zu größerem und tieferem und gewaltigerem Sein.
Die alte Energie kam. Ich sprengte meine Fesseln; aus dem Söldner wurde ein freier Mann, der sich sein Glück und sein Arbeitsfeld wieder eroberte.
Hamburg , im März 1909.
Erwin Carlé.
(Erwin Rosen).
Wie ich Legionär wurde.
In Belfort. – Von Sonnenstrahlen und der Angst in der Kehle. – Madame und der Oberkellner. – Der französische Leutnant. – »In d' Leschion willscht?« – Die Untersuchung im Werbebureau. – Ungewaschene Menschlichkeit. – Der Stabsarzt mit der unempfindlichen Nase. – Officier allmand. – Herr von Rader und der deutsche Deserteur. – Der französische Oberstleutnant. – Die bitteren Tränen der ersten Nacht.
Ein anderer hätte sich vielleicht erschossen. Ich ging in die Fremdenlegion ...
Abends war ich in der alten Festungsstadt Belfort angekommen, um mich anwerben zu lassen. Wie in Selbstverhöhnung hatte ich die Nacht im elegantesten Hotel Belforts verbracht.
Das Erwachen war häßlich. Die Sonnenstrahlen spielten auf den weißen Spitzen des Bettes, kletterten umher, wanderten empor, beleuchteten jeden Winkel der weißen Stuckdecke, senkten sich wieder und gaben der schablonenmäßigen Eleganz des Zimmers etwas Warmes. Im Halbtraum guckte ich dem Sonnenspiel zu. Schläfrig wunderte ich mich über das riesengroße Bett mit den vielen weißen Spitzen, über die fremdartigen Möbel, über den schönen Perserteppich, der einen so scharfen Gegensatz zu den übrigen Geschmacklosigkeiten bildete. Dann wurde ich wach. Wie Blei lag es mir in den Gliedern. Tausend Gedanken, tausend Vorstellungen wirbelten mir durch den Kopf. Dazwischen klang es wie Frauenweinen und Liebesflüstern und mahnende Mutterstimme. Und irgendein Teufel trommelte in ewig gleichem Takt: Vorbei – vorbei!
Zum zweitenmal in meinem Leben saß mir die große Angst in der Kehle. Ein unbeschreibliches Gefühl. Als ob ein harter Gegenstand in der
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