0375 - Bluthand aus dem Jenseits
Der Druck auf meinen Lippen blieb. Ich geriet in eine große Atemnot, strampelte verzweifelt mit den Beinen, ohne jedoch diese Reaktion richtig steuern zu können.
Die Arme blieben so liegen, als ich versuchte und es mir auch gelang, den Oberkörper hochzustemmen. Ich hatte die Augen nicht geschlossen. Sie waren weit aufgerissen, so wollte ich die Dunkelheit in meinem Schlafzimmer durchdringen, um zu erkennen, wer mich da im tiefsten Schlaf überfallen hatte.
Das klappte leider nicht so, wie ich es mir gewünscht hatte. Zwar sah ich den Umriss des Fensters, auch einige schattenhafte Wesen, mehr konnte ich leider nicht erkennen.
Es gibt Albträume, da hat man das Gefühl, dass einem etwas Schleimiges auf der Brust sitzt und den Atem nimmt.
So ähnlich war es auch bei mir. Nur musste ich nicht mit einem Gegenstand kämpfen, sondern gleich mit mehreren, und dafür war ich einfach zu schwach. Ich kam nicht weg.
Der Mangel an Luft bereitete mir ungeheure Qualen. Durch die abrupte Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr hatte ich Schatten vor den Augen, die tanzten und zu regelrechten Wahnbildern wurden.
Sie nahmen ständig neue Gestalten und Formen an und wechselten laufend die Farbe, wobei ein düsteres Rot dominierte.
Allmählich wurde mir klar, dass ich mich in Lebensgefahr befand und ich zusehen musste, da wieder herauszukommen. Ich stemmte mich noch einmal gegen die Griffe an, holte letzte Reserven aus meinem Körper – und schaffte es nicht.
Die anderen waren stärker!
Sollte ich so enden? Ich hatte mir eigentlich immer gewünscht, im Bett zu sterben, aber nicht auf diese Art und Weise! Ermordet, erwürgt, umgebracht, ohne den Gegner überhaupt zu kennen.
Nein, das wollte ich nicht.
Aber ich konnte nichts machen, war zur Passivität verdammt.
Der Tod griff nach mir…
Und dann hörte ich die Stimme. Sie klang flüsternd, gleichzeitig rau, aber deutlich, obwohl sie so an meine Ohren drang, als würde der Sprecher meilenweit entfernt stehen.
»Verhalte dich ruhig, und denke immer daran, dass wir dich hätten töten können…«
Diese Worte nahm ich soeben noch wahr, denn ich schwankte auf der Grenze zwischen Wachsein und Bewusstlosigkeit, während hinter meinen Schläfen das Blut hämmerte und kochte. Ich hatte das Gefühl, als wäre mein Kopf um das Doppelte angewachsen, und auch die stechenden Schmerzen verschafften sich dort ihre Bahn.
Dann löste sich der erste Druck. Es war die Pranke, die mir bisher den Mund zugehalten hatte. Ich wollte es kaum glauben, dass ich wieder frei atmen konnte, saugte die Luft in die malträtierten Lungen und spürte auch hier das schmerzhafte Stechen, weil ich es nicht mehr gewohnt war, so tief durchzuatmen.
Es gelang mir einfach nicht, still auf dem Fleck liegen zu bleiben.
Ich warf mich von einer Seite auf die andere, wobei mich die Pranken nach wie vor festhielten und mir keinen Fluchtversuch gestatteten.
Bei jedem keuchenden Atemzug hob und senkte sich mein Brustkasten. Meine Kehle schien jemand mit Sandpapier angeraut zu haben. Ich musste husten und würgen zugleich und konnte nicht vermeiden, dass mir Speichel aus dem Mundwinkel floss.
Erst allmählich ging es mir besser, und mir fielen wieder die Worte ein, die man mir gesagt hatte.
»Denke immer daran, dass wir dich hätten töten können…«
Okay, sie hatten es nicht getan. Sie hätten es auch nicht getan.
Wahrscheinlich brauchen sie mich noch. Als mir das klar geworden war, kam ich mir nicht mehr so verloren vor und spürte wieder einen Anflug von Optimismus in mir hochsteigen.
Sie hielten mich noch immer fest. Jetzt auch an den Beinen. Da sich meine Sicht wieder gebessert hatte, konnte ich mich auf sie einstellen.
Vier Gestalten zählte ich!
Leider war es in meinem Zimmer zu dunkel, um sie genauer erkennen zu können. Möglicherweise waren es Bekannte von mir, halbdämonische oder dämonische Wesen, doch bei richtigen Dienern der Finsternis wäre sicherlich mein Kreuz in Aktion getreten. Das aber hatte sich seltsamerweise nicht gerührt, obwohl ich es auch während des Schlafs nicht ablegte und als Schutz bei mir behielt.
Ich irrte mich.
Das Kreuz machte sich sehr wohl bemerkbar. Vorhin, in meiner Not, war es mir nicht aufgefallen. Erst jetzt nahm ich das grüne Leuchten wahr, das dieser Talisman ausstrahlte. Der Schein hatte sich wie ein Kranz um das Kruzifix und einen Teil meines Oberkörpers gelegt.
Ein Kranz aus grünem Licht.
So ganz war ich noch nicht auf der Höhe, sonst wäre mir die
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