In der Oase unserer Traeume
sollst ins Bett gehen“, sagte er ohne sich umzudrehen.
„Du bist nicht mein Vater, Salman. Ich gehe schlafen, wann ich es für richtig halte.“ Langsam ging Jamilah zu ihm und blickte zu ihm auf.
Als Salman sie noch immer nicht ansah, griff sie aufgebracht nach seinem Arm und drehte ihn zu sich um. Sein Gesicht war erschreckend ausdruckslos.
„Was ist denn nur los, Salman?“, rief sie hilflos. „In der einen Minute küsst du mich, und in der nächsten behandelst du mich, als hätte ich eine ansteckende Krankheit.“
Er grinste spöttisch. „Willst du damit andeuten, dass du bereit bist, in mein Bett zu fallen?“ Er warf einen Blick auf seine Uhr und stieß einen leisen Pfiff aus. „Nicht schlecht. Nur vierundzwanzig Stunden! Ich hatte mit mindestens zwei Tagen gerechnet. War es meine Sorge um den kleinen Jungen, die deinen halbherzigen Widerstand hat dahinschmelzen lassen, oder die beeindruckende Weise, wie ich die Waffe bedient habe?“
Ohne nachzudenken hob Jamilah die Hand und gab ihm eine schallende Ohrfeige. „Das hast du verdient, Salman“, sagte sie mit zitternder Stimme. „Und nicht dafür, was du eben gesagt hast, sondern für das, was du mir vor sechs Jahren angetan hast.“
Sie drehte sich um und ging zur Tür. Plötzlich hörte sie hinter sich Salmans sanfte Stimme. „Täusche dich nicht, Jamilah. Ich will dich. Aber wenn du dich darauf einlässt, kann ich dir nicht mehr anbieten als beim letzten Mal.“ In bitterem Ton fügte er hinzu: „Wenigstens kannst du diesmal nicht sagen, ich hätte dich nicht frühzeitig gewarnt.“
Jamilah sah ihn wütend an. „Fahr zur Hölle, Salman!“
Sie hatte fast die Tür erreicht, als er leise sagte: „Dort bin ich schon seit langer Zeit.“
Jamilah erstarrte mitten in der Bewegung. „Was soll das heißen?“
Langsam drehte sie sich zu ihm um. Als sie den Abdruck ihrer Hand auf seinem Gesicht sah, schlug sie entsetzt die Hand vor den Mund. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch niemanden geschlagen.
„Es tut mir so leid, Salman“, flüsterte sie.
„Mir nicht. Ich habe es verdient. Schon lange. Ich hätte sogar noch mehr verdient.“
Jamilah schüttelte den Kopf. „Ich verstehe dich einfach nicht.“
Er lächelte schmal. „Ich weiß.“
„Was ist wirklich heute Abend mit dem Jungen passiert? Wieso hat dich das derart mitgenommen?“
Salman sah sie für einen langen Moment an. „Ich glaube nicht, dass du den Grund wirklich wissen willst“, antwortete er schließlich heiser.
Immer, wenn sie gerade dachte, sie wäre ihm etwas nähergekommen, verschloss er sich auf diese Weise vor ihr. „Sei nicht so herablassend, Salman!“, rief sie wütend. „Ich bin sicher, dass du mir nichts sagen könntest, was mich ernsthaft schockieren würde.“
Er lächelte kalt. „So oder so. Ich werde jetzt nicht weiter darüber reden.“
„Wird jemals die richtige Zeit sein, Salman?“
Sein Mund wurde schmal. „Für dich? Niemals. Das würde ich dir niemals antun.“
„Das hast du bereits.“
Jamilah wusste, dass sie jetzt von zwei verschiedenen Dingen redeten. Aber ihr war klar geworden, dass alles irgendwie zusammenhängen musste. Ein Blick in Salmans verschlossenes Gesicht zeigte ihr, dass er nicht vorhatte, ihr mehr zu erzählen.
Doch als sie die Hand nach der Türklinke ausstreckte, griff er nach ihrem Handgelenk. „Bist du sicher, dass du es wirklich wissen willst, Jamilah?“
Langsam hob sie den Kopf. Seine Augen glitzerten, in seiner Wange zuckte ein Muskel.
Vorsichtig, als könnte er es sich sonst wieder anders überlegen, nickte sie mit dem Kopf. „Ja, ich will es wissen, Salman.“
7. KAPITEL
Salman blickte in Jamilahs riesige blaue Augen. Er hatte das groteske Gefühl zu ertrinken und sich gleichzeitig an ein Floß zu klammern. Er konnte nicht glauben, dass er Jamilah wirklich aufgehalten hatte, als sie endlich hatte gehen wollen.
Doch er verspürte das unbändige Verlangen, sich jetzt und hier mit ihr von der Bürde zu befreien, die schon so lange auf seinen Schultern lastete. Niemals könnte er jemand anderem davon erzählen.
Wenn er geahnt hätte, welche Lawine von Gefühlen die Begegnung mit dem kleinen Jungen losgetreten hatte, wäre er ohne zu zögern weitergegangen.
Plötzlich wurde Salman klar, dass er keine Angst hatte, auszusprechen, was seine gesamte Existenz vergiftete. Er fürchtete sich vor Jamilahs Reaktion darauf. Würde er sie für immer verlieren? Das würde mehr sein, als er ertragen konnte.
Jamilah sah,
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