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In der Schwebe

In der Schwebe

Titel: In der Schwebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Raumtransporter herumwerfen, sodass sie mit den Köpfen nach oben im Cockpit saßen und die Nase des Shuttle in Richtung Startrampe zeigte. Er hatte genau eine Chance, sie zu einer sicheren Landung beim Kennedy Space Center zu führen. Ein einziger Fehler, und die
Endeavour
würde samt Besatzung ins Meer stürzen.
    Ihr Leben lag jetzt in den Händen von Commander Kittredge. Seine Stimme – er war in ständiger Verbindung mit der Kontrollstation – klang immer noch ruhig, ja sogar etwas gelangweilt, während sie sich allmählich der Zwei-Minuten-Marke näherten. Der nächste kritische Punkt. Auf der Anzeige blinkte das Pc<50-Signal. Die Feststoffraketen brannten planmäßig aus.
    Emma spürte plötzlich den enormen Geschwindigkeitsabfall, als die Raketen den letzten Rest Treibstoff verbraucht hatten. Dann zwang sie ein heller Lichtblitz im Fenster, die Augen zusammenzukneifen: Die Feststoffraketen waren abgesprengt worden.
    Das Tosen, das den Start begleitet hatte, verstummte mit einem Mal. Das heftige Beben hatte sich ebenfalls gelegt; sie glitten jetzt ruhig, fast friedlich dahin. In der plötzlich eingetretenen unheimlichen Stille bemerkte sie, wie ihr Puls sich beschleunigte und ihr Herz wie eine Faust gegen den Brustkorb hämmerte.
    »Bodenkontrolle, hier
Endeavour
«, sagte Kittredge, der immer noch unnatürlich ruhig war. »Haben SRB abgetrennt.«
    »Roger, wir können es sehen.«
    »Leiten Abbruch ein.« Kittredge drückte den Abbruch-Knopf; der Drehschalter war bereits auf RTLS eingestellt.
    Über ihren Kopfhörer hörte Emma Jill Hewitt rufen:
    »Emma, lass uns die Checkliste hören!«
    »Ich hab sie hier.« Emma begann laut vorzulesen, und ihre eigene Stimme klang ebenso verblüffend ruhig wie die von Kittredge und Hewitt. Hätte jemand ihre Unterhaltung belauscht, er wäre nie darauf gekommen, dass sie einer Katastrophe ins Auge blickten. Sie funktionierten jetzt wie Maschinen, sie unterdrückten ihre Panik, und jeder einzelne Handgriff vollzog sich mechanisch, gesteuert von Routine und der Erinnerung an auswendig gelernte Abläufe. Ihre Bordcomputer würden den Kurs für den Rückflug automatisch einstellen. Noch befanden sie sich auf ihrer geplanten Flugbahn. Der Raumtransporter ließ weiterhin Treibstoff ab, während er auf eine Höhe von vierhunderttausend Fuß stieg.
    Jetzt spürte sie die Schwindel erregende Schleuderbewegung – der Raumtransporter hatte das Wendemanöver begonnen und drehte sich um hundertachtzig Grad um seine Mittelachse. Der Horizont, der bisher auf dem Kopf gestanden hatte, richtete sich plötzlich auf, und sie nahmen Kurs auf das Kennedy Space Center, von dem sie inzwischen rund sechshundert Kilometer entfernt waren.
    »
Endeavour,
hier Bodenkontrolle. Schalten Sie Triebwerke ab.«
    »Roger«, erwiderte Kittredge. »Triebwerke abgeschaltet.«
    Auf der Instrumentenkonsole blinkten plötzlich die roten Statusanzeigen für die drei Triebwerke auf. Zwanzig Sekunden nach dem Abschalten würde der externe Treibstofftank sich vom Shuttle lösen und ins Meer stürzen.
    Wir verlieren rapide an Höhe,
dachte Emma.
Aber wir sind auf dem Weg nach Hause.
    Sie zuckte zusammen. Ein Warnsignal ertönte, und auf der Konsole leuchteten weitere Anzeigen auf.
    »Bodenkontrolle, wir haben Computer Nr. 3 verloren!«, rief Hewitt. »Wir haben einen Navigationsvektor verloren! Wiederhole, wir haben einen Navigationsvektor verloren!«
    »Es könnte sich um eine Störung bei der Trägheitsmessung handeln«, sagte Andy Mercer, der zweite Missionsspezialist, der neben Emma saß. »Ihr stellt sie am besten ab.«
    »Nein! Vielleicht ist ein Datenbus defekt!«, schaltete Emma sich ein. »Ich finde, wir sollten auf Reserve schalten.«
    »Einverstanden«, sagte Kittredge knapp.
    »Schalte auf Reserve«, sagte Hewitt. Sie stellte auf Computer Nr. 5 um.
    Der Vektor war wieder da. Alle atmeten erleichtert auf.
    Die Explosion der Sprengladungen markierte die Abtrennung des leeren Treibstofftanks. Sie konnten nicht sehen, wie er ins Meer hinabstürzte, doch sie wussten, dass sie gerade einen weiteren kritischen Punkt überstanden hatten. Der Raumtransporter befand sich jetzt im freien Flug, ein fetter, ungelenker Vogel, der auf sein Nest zuschwebte.
    »Mist!«, stieß Hewitt hervor. »Wir haben eine APU verloren!«
    Emma fuhr zusammen, als erneut ein Warnsignal ertönte. Eine Hilfsenergieeinheit war ausgefallen. Dann heulte ein weiterer Alarm auf, und in Panik fiel ihr Blick auf die Konsole. Dort blinkte jetzt

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