In der Südsee. Zweiter Band
waren von bezaubernder Schönheit. Überall aus den Gilbertinseln trifft man hier und da Jünglinge von dieser einfach lächerlichen Vollkommenheit; ich habe schon erlebt, daß wir zu fünf, sechs Mann eine halbe Stunde versunken in Bewunderung eines Knabens von Mariki da standen, und Te Kop (mein Freund in der feinen Matte mit den Kränzen) war mir schon verschiedene Male aufgefallen und von mir als bei weitem das schönste Tier von Apemama klassifiziert worden. Der Zaubertrank der Bewunderung muß sehr stark sein, oder die Insulaner sind dafür besonders empfänglich, denn selten habe ich auf den Inseln jemanden bewundert, ohne daß er nicht sofort meine Bekanntschaft gesucht hätte. So war es auch mit Te Kop. Er führte mich an das Meeresufer, wo wir ein, zwei Stunden lang rauchend und schwatzend in dem unbeschreiblichen Strahlenglanz des Mondes auf dem glitzernden Sande saßen. Mein Freund zeigte sich ungemein empfänglich für die Schönheit und Lieblichkeit der Stunde. »Gute Nacht! Gute Wind!« rief er immer wieder, und während er diese Worte sprach, war es, als schwelge er darin. Lange vorher hatte ich derartige wiederholte Ausbruche des Entzückens für eine von mir erschaffene Figur (Felipe in der Geschichte Olalla) erfunden, in der Absicht, das Tierische dieses Wesens auszudrücken. Te Kop waraber durchaus nicht tierisch, sondern bezeugte nur eine kindliche Freude an dem Augenblick. Nicht weniger entzückt war er von seinem Gefährten, wenigstens hatte er die Liebenswürdigkeit, das zu behaupten und beehrte mich vor dem Abschiede damit, daß er mich Te Kop nannte, ja, er apostrophierte mich in den zartesten Tönen als »Mein Name«, wobei er seine Hand flüchtig auf meine Knie legte, und rief mir zweimal, als wir uns erhoben hatten und unsere Wege sich trennten, in einer Art sanften Ekstase zu: »Ie dih lieben zu viel.« Von Anfang an hatte er keinen Hehl aus seiner Furcht vor dem König gemacht; er weigerte sich, sich hinzusetzen oder lauter als im Flüstertone zu sprechen, bis wir nicht die ganze Breite der Insel zwischen ihn und seinen damals harmlos schlummernden Monarchen gelegt hatten, und selbst dann, als wir nur einen Steinwurf weit vom offenen Meere entfernt waren, wo unser Gespräch von dem Geräusch der Brandung und dem Sausen des Windes unter den Palmen übertönt wurde, fuhr er fort, behutsam zu sprechen, senkte seine silberne Stimme (die im Chorgesang laut genug schallte) und blickte rings um sich, wie einer, der sich vor Spionen fürchtet. Das Seltsamste an der Sache ist aber, daß ich ihn nie wieder sah. Aus jeder anderen Insel in der Südsee hätte sich jeder Eingeborene, wenn ich auch nur halb so weit mit ihm gegangen wäre, am nächsten Tage vor meiner Tür sehen lassen, Geschenke bringend und Geschenke erwartend. Aber Te Kop verschwand auf ewig im Busch. Mein Haus war für ihn natürlich unnahbar, er wußte aber, daß er mich am Meeresstrande finden konnte, wohinich mich jeden Tag begab. Ich war der Kaupoi, der reiche Mann; mein Tabak und meine Waren galten als unerschöpflich: er wäre eines Geschenks sicher gewesen. Ich weiß nicht, wie ich sein Benehmen erklären soll, es sei denn, daß er sich voller Schrecken und Bedauern einer Stelle unseres Gesprächs erinnerte, die folgendermaßen lautete:
»Der Konig, er guter Mann?« erkundigte ich mich. »Wenn eh diss lieben, eh gute Mann«, erwiderte Te Kop; »niss lieben, dann niss gut«.
Das ist natürlich auch eine Art, die Sache klarzulegen. Te Kop selbst war wahrscheinlich kein Liebling des Königs, denn mir erschien er kaum als ein Muster an Fleiß. Außer ihm muß es aber noch viele andere gegeben haben, die der König (um mit Te Kop zu reden) nicht liebt. Mögen diese Unglücklichen nun den König leiden? Oder ist die Abneigung nicht vielmehr gegenseitig und der gewissenhafte Tembinok', wie vor ihm der gewissenhafte Braxfield und zahlreiche gewissenhafte Herrscher und Gesetzgeber, dessen Vorgänger, von lauter Murrköpfen umgeben? Nehmen wir zum Beispiel den Koch, der blau vor Wut und Entsetzen an uns vorbeijagte. Er war gegen mich über die Maßen aufgebracht; nach sämtlichen traditionellen Erfahrungen von der menschlichen Natur konnte er aber auch nicht gerade sehr gut auf seinen Herrscher zu sprechen sein. Er versuchte zwar, dem reichen Manne aufzulauern, meiner Meinung nach hat aber nur ein Haar daran gefehlt, daß er statt dessen dem König ein Bein stellte. Obendrein gibt der König dazu selbst reichlich Gelegenheit oder
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