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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Konserven.
    Unsere Beschäftigung war sehr verschiedenartig. Während einige der Reisegenossen fortgingen, um zu zeichnen, brüteten Mr. Osbourne und ich über einem Roman. Wir lasen Gibbon und Carlyle laut vor, bliesen Flageolett, zupften Gitarre, photographierten beim Licht der Sonne, des Mondes und bei Blitzlicht und spielten manchmal Karten. Die Jagd nahm einen Teil unserer Zeit in Anspruch, ich selbst habe ganze Nachmittage verbracht bei aufregenden, aber harmlosen Vogeljagden mit dem Revolver, und es war ein Glück, daß wir auch bessere Schützen unter uns hatten, und daß uns der König eine geeignetere Waffe leihen konnte, sonst wäre unser Küchenzettel noch einförmiger gewesen.
    Nachts mußte man unsere Stadt schauen, wenn der Mond hoch oben stand, wenn die Lampen brannten und das Feuer noch in der Küche flackerte. Wir litten unter einer Fliegen- und Moskitoplage, die man nur mit der ägyptischen vergleichen konnte. Unser Speisetisch, den uns der König wie alle Möbel geliehen hatte, mußte von einem geflochtenen Zelt umgeben werden, unsere Zitadelle und Zuflucht, und dieses ganze Zelt war von Licht erfüllt, es leuchtete hell unter den niedrigen Dachgiebeln wie die Hohlkugel einer riesigen Lampe unter dem Rande ihres Schirmes. Unsere Schlafkojen warfen sonderbar eckige Lichtreflexe, da die Seiten der Häuser sehr verschiedene Neigungswinkel hatten. In der gedeckten, aber offenen Küche sah man Ah Fu beim Licht der Lampe und des Feuers mit den Töpfen hantieren. Über allem lag zeitweise der wunderbare Glanz weichen Mondlichtes, der Sand sprühte, als sei er voll von Diamantsplittern, die Sterne warenverschwunden. Manchmal flatterte ein dunkler Nachtvogel leise und niedrig durch die Säulen der hohen Stämme und stieß einen rauhen, krächzenden Schrei aus.
Drittes Kapitel
Der König von Apemama: Der Palast der vielen Frauen
    Der Palast oder vielmehr der Bezirk, der ihn einschließt, ist mehrere Morgen groß. Eine Terrasse grenzt ihn nach der Lagunenseite hin ab, während nach dem Innern zu eine Palisade mit mehreren Toren steht. Beide sind kaum für Verteidigungszwecke gedacht, denn ein starker Mann kann die Palisade leicht niederreißen, und er braucht nicht einmal besonders gewandt zu sein, um vom Strande auf die Terrasse zu gelangen. Man sieht kein Gepränge von Wachen, Soldaten oder Waffen, die ganze Rüstung ist unter Schloß und Riegel, und die einzigen Schildwachen sind einige unansehnliche alte Weiber, die Tag und Nacht vor den Toren herumlungern. Am Tage sind diese Hexen oft damit beschäftigt, Sirup zu kochen oder ähnliche Haushaltungsarbeit zu verrichten; bei Nacht liegen sie verborgen im Schatten oder drücken sich an der Palisade herum, denn sie erfüllen das Amt der Eunuchen in diesem Harem und sind die einzigen Wächter eines Tyrannendaseins.
    Weibliche Wächter sind die angemessenen Türhüter dieses Palastes der vielen Frauen. Ich habe keine Ahnung von der Zahl der Weiber des Königs und nur eine allgemeine Vorstellung von ihren Funktionen.Er selbst verriet Bestürzung, wenn man sie als seine Frauen bezeichnete, nannte sie vielmehr seine »Familie« und erklärte, sie seien seine Basen. Wir vermochten vier aus der ganzen Schar auszusondern: die Mutter des Königs, seine Schwester, eine ernste, strenge Frau, die viel von der Intelligenz ihres Bruders besaß, die eigentliche Königin, der allein meine Frau in aller Form vorgestellt wurde, und die augenblickliche Lieblingsfrau, ein hübsches graziöses Mädchen, das täglich beim König saß und einst, als er Tränen vergoß, ihn mit ihren Zärtlichkeiten tröstete. Man versicherte mir, daß seine Beziehungen auch zu ihr platonischer Art seien. Im Hintergrunde figurierten eine Unmenge Frauen, magere, plumpe und unmäßig fette, manche in Hängekleidern, manche im haarbreiten Ridi; hochwohlgeborene und einfache, Sklavinnen und Herrinnen, von der Königin bis zur Dienstmagd, von der Favoritin bis zu den dürren Schildwachen an der Palisade. Nicht alle gehören natürlich zur »Familie«, viele sind nur Dienerinnen, aber eine erstaunliche Anzahl teilte sich in der Verantwortlichkeit des königlichen Vertrauens. Sie waren Schlüsselträgerinnen, Schatzmeisterinnen, Wächterinnen über das Arsenal, die Stoffvorräte und das Warenlager. Jede kannte genau ihre Pflichten und erfüllte sie bewundernswert. Wurde irgend etwas verlangt – ein besonderes Gewehr vielleicht oder ein besonderer Stoffballen –, so wurde die richtige Königin gerufen,

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