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In der Südsee

Titel: In der Südsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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sie brachte die richtige Kiste, öffnete sie in des Königs Gegenwart und zeigte den betreffenden Gegenstand in ausgezeichneter Verfassung vor, das Gewehr war sauber und geölt, die Tücher richtig gefaltet. Ohne Langsamkeit oderHast und ohne viel Rederei lief der ganze große Apparat wie eine Maschine auf Rädern. Nie habe ich eine vollkommenere und vollendetere Ordnung gesehen. Und doch wurde ich immer wieder erinnert an jene norwegischen Erzählungen von Trollen und Menschenfressern, die ihre Herzen um der bloßen Sicherheit halber in der Erde vergraben und ihren Frauen das Geheimnis anvertrauen müssen. Denn diese Vorsichtsmaßregeln beschützen das Leben Tembinok's. Er strebt nicht nach Popularität, sondern beherrscht und knechtet seine Untertanen mit so einfachen Regierungsmethoden, daß es unmöglich ist, sie nicht zu bewundern, aber schwer, mit ihnen zu sympathisieren. Wenn eine von diesen vielen Frauen sich als treulos erweisen, die Rüstkammer heimlich geöffnet werden und die Waffen ihren Weg unbeobachtet ins Dorf finden sollten, so wäre eine Revolution nahezu sicher, der Tod das wahrscheinliche Resultat, und der Geist des Tyrannen von Apemama würde entfliehen, um sich mit seinen Vorläufern von Mariki und Tapituea zu vereinigen. Aber alle, denen er sein Vertrauen schenkte, sind Frauen, und sie sind alle Rivalinnen.
    Allerdings gibt es auch männliche Diener und Angestellte: einen Koch, einen Proviantmeister, einen Zimmermann und einige Superkargos, etwa nach der Rangliste eines Schoners. Die Spione, »Seiner Majestät Tageszeitungen«, wie wir sie nannten, kommen jeden Morgen zum Bericht und gehen wieder fort. Koch und Proviantmeister haben nur mit der Tafel zu tun. Die Superkargos, deren Amt es ist, das Kopralager für drei Pfund monatlich und einen prozentualen Anteil zu verwalten, sind selten im Palast, und mindestenszwei von ihnen sind immer auf fremden Inseln. Nur der Zimmermann, der schlaue, lustige alte Rubam – vielleicht Ruben? – wurde bei meinem letzten Besuch sogar zur größeren Würde eines Hofmeisters erhoben, er ist täglich anwesend, ändert, erweitert, verschönt und baut die endlose Reihe der königlichen Erfindungen weiter aus. Manchmal verbringt Seine Majestät einen Nachmittag damit, Rubam bei seiner Arbeit zuzuschauen und sich mit ihm zu unterhalten. Aber doch sind diese Männer keine Vertrauensleute, keiner scheint bewaffnet zu sein, und keinem wird irgendein Schlüssel anvertraut. Gegen Abend werden sie einzeln alle aus dem Palast entlassen, und die Last der Monarchie und die Verantwortung für des Monarchen Leben ruht allein auf den Schultern der Frauen.
    Ein Haushalt also, der dem unseligen in keiner Weise gleicht und noch viel weniger einem orientalischen Harem, der Haushalt eines ältlichen, kinderlosen Mannes, der seine Tage gezählt sieht, und der nun einsam inmitten einer Schar Frauen aller Alters- und Rangstufen wohnt, die irgendwie mit ihm verwandt sind: Mutter, Schwester, Kusine, legitime Frau, Konkubine, Geliebte, älteste Tochter und frühere Geliebte. Er lebt in ihrer Mitte als alleiniger Mann, alleiniger Spender von Ehren, Kleidern und Kostbarkeiten, das einzige Objekt mannigfaltiger ehrgeiziger Bestrebungen und Wünsche. Ich möchte bezweifeln, ob es in Europa einen Mann gibt, der so kühn wäre, ein solches Experiment des Taktes und der Regierungskunst zu versuchen. Und scheinbar hatte selbst Tembinok' anfangs Schwierigkeiten. Man erzählte mir, er habe eine Frau an Bord eines Schoners wegen irgendeiner Leichtfertigkeiterschossen. Eine andere erschlug er auf der Stelle wegen eines etwas größeren Vergehens; er stellte ihren Leichnam in einer offenen Kiste aus und ließ es zu, um die Warnung eindringlicher zu machen, daß er vor den Palasttoren verweste. Ohne Zweifel ist ihm sein Alter zu Hilfe gekommen, denn es ist leichter, bei einer so großen Zahl von Frauen den Vater zu spielen als den Gatten. Und heute scheint alles, wenigstens für den Blick des Fremdlings, reibungslos zu verlaufen, die Weiber scheinen auf das Vertrauen, den Rang und ihren klugen Herrn stolz zu sein.
    Soviel ich begriff, machten sie aus diesem Mann eine Art Helden. Ein beliebter Lehrer an einer Mädchenschule ist vielleicht eine Figur von ähnlich exponierter Stellung. Aber der Lehrer ißt, schläft und lebt doch wenigstens nicht inmitten seiner Verehrerinnen und wäscht nicht seine schmutzige Wäsche vor ihren Augen; er kann ihnen entfliehen, er hat seine eigenen Räume und führt sein

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