In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
Pflaster. In der Hand hält sie einen Pappbecher; er ist nicht mit Kaffee, sondern mit Tee gefüllt. Eine pummelige Polizistin kommt die Treppe herunter und stellt sich zu ihr: Zusammenkunft von rabenschwarzem und blondem Haar. Die Pummelpolizistin zittert und reibt ihre Hände am Pullover. Sie hat sich nicht die Zeit genommen, eine Jacke anzuziehen. Anderson steht sich ein Stück weiter die Beine in den Bauch und wartet. Er ist ungeduldig.
Einen Polizisten bei diesem Wetter ohne Mantel herauszulocken ist eine Sache, aber eine DCI aus einem warmen Büro in den eisigen Nebel zu holen? Es muss um Leben und Tod gehen. Irgendwer hat an ihrem Käfig gerasselt.
Das macht mich nervös.
Ein Pärchen gesellt sich zu ihnen. Die Frau hat ihrem Mann einen Arm um die Schulter gelegt. Sein Gesicht ist aschfahl, und sie stützt ihn, als könne er nicht mehr aus eigener Kraft über die Straße gehen. Die Polizistin mit dem kurzen dunklen Haar führt sie die Stufen hinauf ins Revier, und dabei spricht sie tröstend auf den Mann ein.
Prudenza und Anderson stehen jetzt allein auf dem Bürgersteig. Anderson schaut zum Himmel hinauf und macht eine Bemerkung, ohne Zweifel über das Wetter. Der Vorhersage nach wird es gefrierenden Nebel geben. Prudenza gewinnt seine Aufmerksamkeit mit einem verspielten Klaps auf seinen Arm und tritt einen Schritt nach hinten. Beide werfen den Kopf zurück und lachen über einen Scherz.
Jetzt hat sie mir den Rücken zugewandt, aber aus dieser Entfernung sieht ihr Haar blonder und kürzer aus als beim letzten Mal.
Sie gehen zu Fuß los und bleiben genau vor dem Lieferwagen stehen. Dann gehen sie die Straße hinunter zur Clarence Avenue. Ich stelle die Scheibenwischer ab, damit der Regen die Windschutzscheibe bedeckt. Nein, Anderson würde mich nicht erkennen – das war lange vor seiner Zeit.
Ich stelle die Scheibenwischer auf Intervallschaltung. Nur damit ich besser sehen kann.
Es ist so lange her.
Zu lange.
»Was machen die beiden denn da? Auf eine Extraeinladung warten?«, fragte Professor O’Hare und streifte sich den weißen Plastikoverall von den Schultern. Der mürrische Pathologe mit den grauen Haaren stand auf dem obersten Treppenabsatz des Wohnhauses in der Clarence Avenue. »Sollten Anderson und Costello nicht hier sein und meinen Weisheiten lauschen, anstatt sich mit dem Polizisten an der Tür zu unterhalten?«
»Sicher«, erwiderte DCI Quinn kurz angebunden. Sie holte tief Luft und rief: »Wenn Sie da unten mit Ihrem Schwätzchen fertig wären, Anderson und Costello, würde ich Sie gern hier oben sehen!« Daraufhin murmelte sie ihrem alten Freund zu: »Die beiden sind leichter zu überwachen, wenn vierzig Meilen zwischen ihnen liegen.«
»Trotzdem haben Sie die beiden vermisst, Rebecca; ohne die zwei wäre Ihr Leben doch langweilig.«
»Könnte sein. Ich bin froh, dass ich sie bei diesem Fall dabeihabe. Partickhill wird alle Hilfe brauchen, die wir kriegen können.«
» Sie werden alle Hilfe brauchen, die Sie kriegen können.« O’Hare zog sich den Schutzanzug von den Beinen und sah auf die Uhr. »Sie haben doch hoffentlich keinen Ärger in Ihrem Laden, oder? Zwischen den Leuten, meine ich. Wenn doch, sollten Sie das ausräumen, ehe die da oben glauben, Ihr Team würde nicht effektiv arbeiten. Das wäre ein ausgezeichneter Vorwand, den nächsten Nagel in den Sarg zu schlagen.«
»Oh, zwischen den beiden gibt es keine Spannungen«, sagte Quinn.
»Und wie läuft es mit DS Costello?«
»Genauso wie früher. Leider.« Quinn verschränkte die Arme vor der Brust und hielt den Blick weiterhin auf die Treppe gerichtet. »Aber meine Tage sind gezählt. Ich werde wohl in den Ruhestand geschickt. Das spüre ich. Eigentlich glaube ich sogar, dass man Partickhill dichtmachen wird. Und das Gebäude fällt langsam ganz ohne unser Zutun in sich zusammen.«
»Sie sehen überhaupt nicht aus, als hätten Sie Ihre dreißig Jahre schon hinter sich.«
»Na, ich fühle mich aber so.« Sie seufzte. »Allerdings würde ich mich gern mit einem großen Fall verabschieden.«
O’Hare erwiderte leise: »Na ja, ich glaube nicht, dass Sie etwas Größeres als diesen an Land ziehen können.«
DCI Quinn hörte die Schritte von zwei Personen, die die Treppe heraufkamen, und runzelte die Stirn. »Anderson! Costello! Wie schön, dass Sie sich endlich zu uns gesellen.«
»Uns hat der Typ von dem Maklerbüro erwischt, als er auf dem Weg zum Revier war. Der wollte uns alles haarklein erzählen.«
»Warum ist
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