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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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Ereigniskette in Gang setzen, die aus eigener Kraft an Wucht und Schnelligkeit gewann. Um fünf Uhr dreißig war es bereits dunkel, und selbst nach wenigen Minuten im Freien hatte der kalte Seenebel ihre Kleidung mit einer silbrigen Kristallschicht überzogen. In wenigen Minuten würden die Kristalle in den Stoff weitergekrochen sein, und dann würden sie beide frieren.
    Costello geriet außer Atem, weil der DI so schnell ging. »Ich weiß gar nicht viel über diese Stephen-Whyte-Geschichte«, sagte sie. »Da habe ich noch im Süden der Stadt Uniform getragen. Wer hat die Sache denn beim ersten Mal vermasselt?«
    »Paisley, K-Division«, erwiderte er knapp.
    »Und wie genau?«, fragte Costello. Sie legte ihm die Hand auf den Ellbogen, damit er langsamer ging.
    »Wissen Sie, ständig wird es einem eingebläut. Wir dürfen Verdächtige ohne Beweise mitnehmen und ein Geständnis innerhalb des Sechs-Stunden-Limits aus ihnen herausholen. Aber bei einem Kerl wie Whyte hatte das keinen Zweck, deshalb hat der DCI sich zurückgehalten, bis er etwas Konkretes in der Hand hatte. Allerdings hat er nicht damit gerechnet, dass bei Whyte Fluchtgefahr bestand.«
    Costello nickte. »Eine schlechte Ermessensentscheidung? Und in einem Fall wie diesem? Das hört sich nach einem Worst-Case-Szenario an.«
    »Schlimmer ging es wirklich nicht. Kommen Sie, Costello, ich friere mir hier draußen die Eier ab.«
    Als sie durch die Tür kamen, herrschte in der Station einige Aufregung. Wyngate, Littlewood und Browne hatten ein Willkommenskomitee für ein braunes Hündchen gebildet, das am Empfangstresen angeleint war. Der Hund war nicht mehr ganz vollständig: Ihm fehlten ein Stück Ohr und ein Stück Schwanz. Und dann bemerkte Anderson, dass Gillian Browne, die Dienst am Empfang hatte, auf dem Boden kniete, den Hund knuddelte und ihm Tee mit Milch einflößte – aus seinem Becher.
    Sie sah zu Anderson auf und strahlte ihn lächelnd an. »Ich habe mir schon gedacht, dass Sie nichts dagegen haben, Sir. Die Hundepatrouille hat ihn hiergelassen, weil ihr Wagen voll war. Er wurde als Köder in diesem Hundekampfring in Possil eingesetzt.«
    »Die wichtigste Information in dieser Meldung, DC Browne, wäre gewesen: Wann holen sie ihn wieder ab ?«, sagte Anderson und merkte, dass Costello kurz davor stand, sich ebenfalls hinzuknien und den Hund mit Nächstenliebe zu überschütten.
    »Man sehe sich nur dieses hässliche kleine Scheißgesicht an«, meinte Littlewood barsch, doch auch der ergraute alte Polizist kraulte das Tier liebevoll hinter den Ohren. »Er ist ein gutmütiger Kerl. Irgendwer musste sich ja um ihn kümmern. Das Ohr, oder was davon übrig ist, sieht schlimm aus.«
    »Wir haben ihn Nesbitt genannt«, sagte Browne fröhlich.
    »Wie bei Rab C ? Wie diese haarige stinkige armselige Kreatur aus der gleichnamigen Fernsehserie?«, hakte Anderson mit gespielter Begeisterung nach. Er packte Costello am Arm und drängte sie weiter.
    Zurück an seinem Schreibtisch, setzte sich Anderson auf den Stuhl, dessen Plastikpolster bereits die Form seines Hinterns angenommen hatte. Nach einem Monat in Partick Central, wo er zu einem Fall hinzugezogen worden war, freute er sich, wieder in Partickhill zu sein, wo es ganz im Gegensatz zum modernen Polizeidienst noch chaotisch und informell zuging. Und er freute sich, dass sie diesen Fall hatten. Hoffentlich konnten sie ihn hierbehalten. Falls nicht, würde man ihn hoffentlich nicht zu einer Entscheidung drängen – wieder zurück nach Partick Central mit dem Fall oder hierbleiben und bis ans Ende der Dienstzeit Einbrüche aufklären. Von seiner Antwort würden möglicherweise seine Beförderungschancen abhängen. Welchen Preis hat Loyalität? Er seufzte.
    Und während Costello an ihrem Arbeitsplatz saß und Browne nicht, weil die sich unten um den Hund kümmerte, konnte er endlich weiter über den bisherigen Informationsstand an der Tafel nachdenken. Bei dem Namen Stephen Whyte handelte es sich vielleicht einfach um Zufall. Auf diesen Gedanken folgten sofort Erinnerungen an das Tatortfoto von Emily Corbett. Manche Dinge bekam ein Polizeibeamter nie wieder aus dem Kopf: das erste tote Kind, der Rentner, der für ein bisschen Kleingeld totgeprügelt wurde. Glasgow war eine gewalttätige Stadt, aber bei dem Bild von Emily Corbett am Neujahrstag, wie sie geschunden und bewusstlos im toten Farn lag, der nackte Rücken dem eiskalten Wind ausgesetzt und das Gesicht in den Ellbogen gedrückt, was auf bizarre Weise

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