In einer kleinen Stad
erklärt hatte, seine Sandy Koufax-Karte sei noch nicht abbezahlt – aber die Bewölkung war nicht vollständig gewesen, bis er an diesem Morgen zum Frühstück heruntergekommen war.
Sein Vater, in dem grauen Overall, den er bei der Arbeit für die Dick Perry Siding and Door Company in South Paris trug, hatte mit dem aufgeschlagenen Portland Press-Herald vor sich am Küchentisch gesessen.
»Die verdammten Patriots«, sagte er hinter seiner Zeitungsbarrikade. »Wann zum Teufel werden sie sich endlich einen Abwehrspieler zulegen, der den verdammten Ball werfen kann?«
»Du sollst nicht fluchen, wenn die Jungen dabei sind«, sagte Cora vom Herd, aber sie sprach nicht mit dem üblichen gereizten Nachdruck – sie hörte sich an, als wäre sie mit ihren Gedanken ganz woanders.
Brian rutschte auf seinen Stuhl und goß Milch über seine Cornflakes.
»Hey Bri!« sagte Sean fröhlich. »Ziehen wir heute zusammen los? Ein paar Videospiele ausprobieren?«
»Vielleicht«, sagte Brian. »Ich denke...« Dann sah er die Schlagzeile auf der Titelseite und hörte auf zu reden.
MÖRDERISCHER STREIT KOSTETE ZWEI FRAUEN
IN CASTLE ROCK DAS LEBEN
» Es war ein Duell« ließ die Staatspolizei verlauten
Da waren Fotos der beiden Frauen, Seite an Seite. Brian erkannte sie beide. Die eine war Nettie Cobb, die um die Ecke herum in der Ford Street wohnte. Seine Mom sagte, sie wäre nicht ganz dicht, aber auf Brian hatte sie immer einen halbwegs vernünftigen Eindruck gemacht. Er hatte ein paarmal angehalten, um ihren Hund zu streicheln, wenn sie ihn ausführte, und sie war ihm so vorgekommen wie alle anderen Leute auch.
Die andere Frau war Wilma Jerzyck.
Er stocherte in seinen Cornflakes herum, aß aber kaum etwas. Nachdem sein Vater zur Arbeit gefahren war, kippte Brian die durchweichten Cornflakes in den Mülleimer; dann kroch er nach oben in sein Zimmer. Er rechnete damit, daß seine Mutter nachkommen und ihn vorwurfsvoll fragen würde, was er sich dabei dächte, gutes Essen wegzuwerfen, während die Kinder in Afrika verhungerten (sie schien zu glauben, daß der Gedanke an verhungernde Kinder seinen Appetit anregen würde), aber sie tat es nicht; an diesem Morgen schien sie in einer eigenen Welt versunken zu sein.
Aber Sean war da und bedrängte ihn wie immer.
»Also, was meinst du, Bri? Ziehen wir zusammen los? Ja?« Er war so aufgeregt, daß er von einem Fuß auf den anderen tanzte. »Wir könnten ein paar Videospiele spielen, uns vielleicht den neuen Laden ansehen mit all dem komischen Zeug im Schaufenster...«
»Hey«, sagte Brian, »tut mir leid. Aber du darfst da nicht hineingehen, Sean-O. Der Laden stinkt.«
Seans Unterlippe zitterte. »Kevin Pelkey hat gesagt...«
»Wem glaubst du mehr? Dieser Nulpe oder deinem eigenen Bruder? Er ist nicht gut, Sean...« Er befeuchtete seine Lippen, und dann sagte er das, was er für den Inbegriff der Wahrheit hielt: »Er ist schlecht.«
»Was ist los mit dir?« fragte Sean. Seine Stimme klang, als wäre er gleichzeitig wütend und den Tränen nahe. »Du bist schon das ganze Wochenende über so komisch gewesen! Und Mom auch!«
»Ich fühle mich nicht wohl, das ist alles.«
»Nun...« Sean dachte nach. Dann hellte sich sein Gesicht auf. »Vielleicht fühlst du dich nach ein paar Videospielen besser. Wir können Air Raid spielen, Bri! Sie haben Air Raid! Das ist das Spiel, wo man direkt drinnen sitzen kann, und es kippt nach hinten und nach vorn. Es ist ganz toll!«
Brian überlegte kurz. Nein. Er konnte sich nicht vorstellen, daß er in die Video-Arkade hinunterging, nicht heute, vielleicht niemals mehr. All die anderen Jungen würden da sein – man würde Schlange stehen müssen, um an die guten Spiele wie Air Raid heranzukommen. Aber er war jetzt anders als sie, würde vielleicht immer anders sein.
Schließlich hatte er eine 1956er Sandy Koufax-Karte
Dennoch wollte er für Sean etwas Gutes tun, für irgend jemanden - etwas, das die fürchterlichen Dinge, die er Wilma Jerzyck angetan hatte, ein wenig aufwog. Also erklärte er Sean, er würde vielleicht am Nachmittag ein paar Videospiele spielen; inzwischen könnte er einige Vierteldollars haben, die Brian aus seiner Sparbüchse in Form einer großen Cola-Flasche herausschüttelte.
»Mann!« sagte Sean mit großen Augen. »Das sind ja acht – neun – zehn Quarter! Du mußt wirklich krank sein!«
»Kommt mir auch so vor. Amüsier dich gut, Sean-O. Und sag Mom nichts davon, sonst verlangt sie, daß du sie mir
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