In einer kleinen Stad
ausgespielt hat. Denn genau das ist es, was er tut. Hast du verstanden, Alan? Hörst du mir zu? Genau das ist es, was er tut! Und nun halt an! Stell den verdammten Motor ab und hör mir zu !«
»Ich muß fort, Polly«, sagte er. Ihm war, als käme seine Stimme von irgendeinem weit entfernten Ort. Aus dem Radio vielleicht. »Aber ich komme wie...«
»Nein, das wirst du nicht !« schrie sie. Plötzlich war sie wütend auf ihn – wütend auf all die gierigen, verängstigten, zornigen, habsüchtigen Leute in dieser Stadt, sie selbst eingeschlossen. »Nein, das wirst du nicht, denn wenn du jetzt wegfährst, wird es nichts mehr geben, zu dem du zurückkommen könntest!«
Die Videospiel-Arkade flog in die Luft. Trümmer regneten auf Alans Wagen herab, der mitten auf der Main Street stand. Alans rechte Hand stahl sich hinüber, ergriff, als könnte sie ihm Trost spenden, die Tastee-Munch-Dose und hielt sie auf seinem Schoß.
Polly reagierte nicht auf die Explosion; sie starrte Alan mit dunklen, schmerzerfüllten Augen an.
»Polly...«
»Schau her !« schrie sie plötzlich und riß ihre Bluse auf. Regenwasser traf die Rundungen ihrer Brüste und ihrer Kehle. »Sieh her, ich habe es abgenommen – das Amulett. Es ist fort. Und jetzt nimm deines ab, Alan! Wenn du ein Mann bist, nimm deines ab!«
Er hatte Mühe, sie aus den Tiefen des Alptraumes heraus zu verstehen, in dem er steckte, des Alptraumes, den Mr. Gaunt um ihn herumgesponnen hatte wie einen giftigen Kokon – und plötzlich blitzte in ihr die Erkenntnis auf, welcher Alptraum das war. Welcher es sein mußte .
»Hat er dir erzählt, was mit Annie und Todd passiert ist?« fragte sie leise.
Er fuhr zurück, als hätte sie ihn ins Gesicht geschlagen, und Polly wußte, daß sie ins Schwarze getroffen hatte.
»Natürlich hat er es getan. Was ist die eine Sache auf der ganzen Welt, die eine nutzlose Sache, nach der dich so verlangt, daß du dir einbildest, du brauchtest sie? Das ist dein Amulett, Alan – das ist es, was er dir um den Hals gehängt hat.«
Sie ließ den Türgriff los und streckte beide Arme in den Wagen. Das Licht der Deckenbeleuchtung fiel auf sie. Das Fleisch war dunkel gerötet. Ihre Arme waren so stark angeschwollen, daß die Ellenbeugen zu gedunsenen Dellen wurden.
»In meinem war eine Spinne«, sagte sie leise. »Nur eine kleine Spinne. Aber sie wuchs. Sie fraß meine Schmerzen und wuchs. Das hat sie getan, bevor ich sie tötete und meine Schmerzen wieder auf mich nahm. Ich habe mir so sehr gewünscht, daß die Schmerzen verschwinden würden, Alan. Das war es, was ich mir wünschte, aber ich bin nicht darauf angewiesen, daß sie verschwunden sind. Ich kann dich lieben und das Leben lieben und gleichzeitig die Schmerzen ertragen. Ich glaube, die Schmerzen können sogar alles übrige besser machen, ungefähr auf die Art, wie eine gute Fassung einen Brillanten zum Leuchten bringen kann.«
»Polly...«
»Natürlich hat sie mich vergiftet«, fuhr sie nachdenklich fort, »und ich glaube, das Gift wird mich umbringen, wenn nicht etwas unternommen wird. Aber warum auch nicht? Es ist fair. Hart, aber fair. Ich habe das Gift gekauft, als ich das Amulett kaufte. Er hat im Laufe der letzten Woche eine Menge Amulette verkauft in seinem gemeinen kleinen Laden. Der Bastard arbeitet schnell. Das muß man ihm lassen. In meinem war eine Spinne. Was ist in deinem? Annie und Todd, ist es nicht so? Ist es nicht so?«
»Polly, Ace Merrill hat meine Frau umgebracht. Er hat Todd umgebracht. Er...«
» Nein !« schrie sie und nahm sein Gesicht in ihre pochenden Hände. » Hör mir zu! Versteh mich! Alan, es ist nicht nur dein Leben, begreifst du das denn nicht? Er bringt dich dazu, daß du deine eigene Krankheit zurückkaufst, und er läßt dich doppelt bezahlen! Begreifst du das denn immer noch nicht? Ist dir das nicht klar?«
Er starrte sie offenen Mundes an – und dann schloß sich sein Mund langsam. »Warte«, sagte er. »Irgend etwas stimmte nicht. Irgend etwas stimmte nicht auf dem Band, das er für mich hinterlassen hat. Ich kann nur noch nicht ganz...«
»Du kannst, Alan! Was immer der Bastard dir verkauft hat, es war falsch! Genau wie der Name auf dem Brief falsch war, den er für mich hinterlassen hat.«
Er hörte ihr zum erstenmal richtig zu. »Was für einen Brief?«
»Das ist im Moment nicht wichtig – wenn es ein Später gibt, werde ich es dir erzählen. Der entscheidende Punkt ist, daß er übers Ziel hinausschießt. Ich glaube, er schießt
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