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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Massachusetts, war nach seinem Ur-ur-ur-ur-urgroßvater benannt worden, einem legendären Soldaten, der in der Schlacht von Culloden gekämpft hatte, wo die Engländer die Highlander aufgerieben hatten. Unzählige Male hatte Cameron als Kind die Geschichte gehört: Als sein Namensvetter begriff, daß die Highland-Armee des Guten Prinzen Charlie keine Chance gegen die englischen Soldaten hatte, versuchte er, seine Clansmänner vor dem Tod in der Schlacht zu retten. Er verschaffte ihnen eine ehrenvolle Entlassung aus der Armee, indem er im Tausch dafür versprach, seine berühmten Kampfkünste bis zum Tod gegen die Briten einzusetzen. Doch anders als erwartet, war er nicht gestorben. Und als die siegreichen Engländer nach der Schlacht von Culloden brandschatzend, Vieh abschlachtend und Frauen schändend durch Schottland tobten, begriff der erste Cameron MacDonald, daß er seinen Clan ein zweites Mal retten mußte.
    Darum arrangierte er während seiner Gefangenschaft unter König Jakob nacheinander für alle Familien aus Carrymuir die Überfahrt auf Schonern, die in die amerikanischen Kolonien segelten. Was erklärte, weshalb dieser kleine Zweig des MacDonald-Clans, während die meisten Schotten gehenkt oder als Sklaven auf die westindischen Inseln verkauft wurden, intakt blieb und sich in der Wildnis von Massachusetts ansiedelte.
    Sie entdeckten einen Flecken, der aussah wie ihre Heimat, umgeben von prächtigen Bergzügen und einem kleinen Gewässer, das eher ein Teich als ein See war; also schickten sie den Daheimgebliebenen Kunde von diesem Ort. Er liegt an einem wee loch , schrieben sie. An einem klitzekleinen See.
    Irgendwann kamen auch der Laird und seine Familie nach, während ein vertrauenswürdiger Onkel über das Land in Schottland wachen sollte. Sie tauschten den bequemen Kilt gegen landesübliche Hosen ein; stolz ließen sie das Sternenbanner wehen; sie übernahmen den amerikanisierten Ortsnamen. Und als natürliche Folge seiner ererbten Verantwortung wurde der Mann, der dem MacDonald-Clan vorstand, auch der Chief der Polizei von Wheelock.
    1995 hatte nun Cameron MacDonald diese Position inne, nachdem sie von seinem Urgroßvater an seinen Großvater und dann an seinen Vater weitergegeben worden war, gemäß derselben Linie, über die auch der Ehrentitel des Clanchefs vererbt wurde. Cameron hätte keine Sekunde gezögert einzugestehen, daß sich inzwischen einiges geändert hatte. Es lag auf der Hand, daß er, obwohl er als Clanchef angesehen und in den schottischen Akten auch ordnungsgemäß an solcher geführt wurde, nicht mehr direkt für das Wohlergehen der örtlichen Bevölkerung verantwortlich war. Mindestens drei Viertel der Ortsbewohner hatten noch nie die Ländereien in Schottland zu Gesicht bekommen, die theoretisch ihnen gehörten. Kaum jemand rollte noch das ›r‹; noch weniger Menschen konnten mehr als ein paar Brocken Gälisch.
    Andererseits waren solche Überlieferungen nur schwer auszurotten. Es gab keine angelaufene Silberschale, kein königliches Edikt, das bewiesen hätte, daß Wheelock den MacDonalds gehörte. Trotzdem sahen sie es so, ebenso wie ihre Vorfahren jenen schmalen Paß in den schottischen Highlands beansprucht hatten. Dies war schlicht und einfach das Land, auf dem sie schon immer gelebt hatten.
    Mit fünfunddreißig wußte Cameron MacDonald, daß er bis an sein Lebensende in Wheelock bleiben würde; daß er Chief der Polizei bleiben würde, bis er starb, und den Titel an seinen erstgeborenen Sohn weitergab. Er wußte, daß er an diesen Dingen nichts ändern konnte, genausowenig wie er die beklemmende Verpflichtung abzuschütteln vermochte, Laird zu sein. Manchmal, in den stillsten Stunden der Nacht, versuchte er sich einzureden, daß ein Titel heutzutage nicht mehr das gleiche bedeutete wie vor zweihundertfünfzig Jahren. Die Welt würde schon nicht aus den Fugen geraten, wenn er eines Tages seine Frau packen und mit ihr nach Phoenix ziehen sollte, des Wetters wegen.
    Doch dann fiel ihm jedesmal wieder ein, wie Darcy MacDonald, die Tochter seiner Cousine dritten Grades, mitten auf der Main Street ins Stolpern geraten war, während Cam kaum einen Meter von ihr entfernt stand und mit dem Friseur plauderte. Ihr Knie mußte mit siebzehn Stichen genäht werden, nur weil er nicht schnell genug oder zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen war. Tatsächlich hatte er an manchen Tagen das Gefühl, daß jede Verhaftung, jede Verurteilung auf irgend etwas zurückzuführen war, das

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