In Einer Zaertlichen Winternacht
Schild geschnitten und glatt
gehobelt, die Buchstaben hineingemeißelt und dann mühselig mit glühenden
Schürhaken vertieft.
Lincoln
betrachtete die Worte immer voller Dankbarkeit und Stolz.
Stillwater
Springs Ranch.
Er ließ die
Pferde halten, während der Junge das Gatter wieder schloss und zurück in die
Kutsche sprang. Die Tiere waren begierig darauf, in den Stall zurückzukehren,
wo Heu, Wasser und Wärme sie erwarteten.
Tom stand
schon bereit, um ihm beim Abspannen der Pferde zu helfen. Nach eigener Aussage
zum Teil Lakota Sioux, zum Teil Cherokee und zu einem Teil Teufel, arbeitete er
schon vom ersten Tag an auf der Ranch. Den Namen Tom hatte er sich selbst
gegeben, weil seiner Ansicht nach keine weiße Zunge in der Lage war, seinen
wirklichen Geburtsnamen auszusprechen.
Er
lächelte, kaum dass er Juliana sah, und sie erwiderte sein Lächeln.
Zweifellos
kannten sie einander.
War Lincoln
am Ende der Einzige in der Gegend, der die Lehrerin der indianischen Schule
nicht gekannt hatte?
»Bringen
Sie die Kinder ins Haus«, sagte Lincoln zu Juliana. fast fühlte es sich an, als
ob sie beide seit Jahren verheiratet wären und diese Kinder ihre gemeinsamen
wären. »Tom und ich kommen nach, sobald wir hier fertig sind.«
Er hob die
zwei kleineren Kinder aus der Kutsche. Mit verschlafenem Blick und noch immer
in ihre Decken gehüllt stolperten sie ein wenig, verdutzt, dass sie sich auf
einmal in einem Stall befanden, umgeben von Pferden und einer Milchkuh.
»Ich
kümmere mich um die Pferde«, meinte Tom. »Auf dem Feuer steht ein Eintopf, und
Gracie sucht schon seit Sonnenuntergang die Straße nach dir ab.«
Als er an
seine blonde, blauäugige Tochter dachte, musste Lincoln lächeln. Klüger als
drei Richter und ein ganzer Haufen Geschworener zusammen tendierte Gracie ein
wenig zur Angstlichkeit. Da sie ihre Mutter mit nur fünf Jahren verloren
hatte, sorgte sie sich um ihren Vater, wenn er nicht in ihrer Nähe war.
Eine so
große Ranch wie Stillwater Springs bedeutete natürlich viel Arbeit. Lincoln
war viel unterwegs und musste Gracie dann der Obhut seiner Mutter oder
Rose-of-Sharon Gainer, der hochschwangeren Frau eines Hilfsarbeiters,
überlassen.
Joseph
hielt den Blick auf Tom gerichtet.
»Kann ich
hierbleiben und helfen?«, fragte er.
»Darf ich«,
korrigierte Juliana ihn und schenkte ihm ein Lächeln. »Ja, Joseph, du darfst.«
Sie beugte
sich vor und hob, müde wie sie war, das kleine Mädchen auf den Arm. Lincoln
nahm den kleinen Jungen.
»Das ist
Daisy«, erklärte ihm Juliana. »Und der Junge, den Sie tragen, heißt
Billy-Moses.« Das Mädchen, das vorgeschlagen hatte, im Diamond Buckle für ihren
Unterhalt zu arbeiten, zog schüchtern den Kopf ein und drückte sich etwas
fester an die Hüfte ihrer Lehrerin. »Und die Dritte im Bunde ist Theresa.«
Sie ließen
Tom und Joseph zurück. Am Eingang vom Stall streifte Lincoln seinen Mantel ab
und legte ihn Juliana um die Schultern. Er schleifte am schneebedeckten Boden.
Lächelnd raffte sie mit ihrer freien Hand den Stoff und hielt ihn hoch.
Im Haus war
es warm, und es duftete nach Toms Wildfleischeintopf. Laternen erleuchteten
den Raum. Gracie, die vor dem Ofen im Schaukelstuhl saß und so tat, als hätte
sie nicht ungeduldig auf Lincolns Rückkehr gewartet, versteifte sich, kaum
dass sie bemerkte, dass er nicht allein war.
Ihre
kornblumenblauen Augen weiteten sich, und ihre Lippen formten ein perfektes O.
Daisy und
Billy-Moses starrten sie an, wahrscheinlich nicht weniger erstaunt als sie.
»Gracie«,
sagte Lincoln überflüssigerweise, »wir haben Besuch.«
Inzwischen
hatte sich Gracie von dem Schreck erholt, sprang aus dem Schaukelstuhl und
schaute zu Juliana. »Hast du auf eine der Annoncen von meinem Dad geantwortet?
Wirst du Gouvernante, Hausmädchen oder seine Frau?«
Ihr Vater
zuckte zusammen.
Juliana war
ziemlich verblüfft, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
»Ich bin
Miss Mitchell«, stellte sie sich freundlich vor. »Und das sind meine Schüler –
Daisy, Billy-Moses und Theresa. Außerdem ist da noch Joseph, aber er hilft
gerade Mr Dancingstar mit den Pferden.«
»Dann sind
Sie eine Gouvernante!«, schrie Gracie jubilierend. Da Lincoln ihr nicht
erlaubte, den weiten Weg in die Schule in Stillwater Springs zu gehen, hatte
sie Angst, niemals eine richtige Schulausbildung zu bekommen.
»Miss
Mitchell ist unser Gast, Gracie. Sie hat auf keine meiner Annoncen geantwortet«,
erklärte Lincoln.
Das
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