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In Einer Zaertlichen Winternacht

In Einer Zaertlichen Winternacht

Titel: In Einer Zaertlichen Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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Zeit über hatte Juliana verzweifelt und wider besseres
Wissen an das Geld von Clay geglaubt. Auf dem Weg in die Stadt waren sie immer
wieder aufgehalten worden: Little Daisy war gestürzt und hatte sich dabei ein
Knie aufgeschlagen. Eine riesige Schafherde hatte die Straße überquert und
ihnen den Weg versperrt. Außerdem hinkte Theresa wegen ihres kaputten Fußes.
    »Miss
Mitchell?«, unterbrach Lincoln ihre Gedanken.
    Mr Willand
knallte irgendetwas so laut auf den Tresen, dass Juliana zusammenfuhr. »Rühr
bloß nichts an!«, schrie er dabei.
    Joseph, mit
vierzehn der älteste von Julianas Schülern, zog sofort die Hand zurück, die er
sehnsüchtig ausgestreckt hatte.
    »Verdammtes
diebisches Indianerpack ...«, fluchte Mr Willand.
    Der arme
Joseph war ganz bleich geworden. Seine Schwester Theresa begann zu zittern,
während die beiden kleinsten Kinder, der vierjährige Billy-Moses und die ein
Jahr jüngere Daisy, zu Juliana stürzten und sich furchtsam an ihren Rock
klammerten.
    »Der Junge
hat überhaupt nichts getan, Fred«, sagte Lincoln ruhig. »Kein Grund, die Stimme
zu erheben oder ihn gar zu beschuldigen.«
    Mr Willand
wurde puterrot. »Hast du eine Lebensmittelbestellung aufzugeben?«, fragte er
finster.
    Lincoln
schüttelte den Kopf. »Ich bin nur vorbeigekommen, um zu sehen, ob Post für mich
da ist. Hab's nicht früher geschafft bei dem Wetter.« Er hielt inne, dann
wandte er sich an Juliana. »Am besten bringe ich Sie jetzt da hin, wo Sie
hinwollen.«
    »Wir können
nirgendwohin, Mister«, erklärte Joseph, der noch immer in der Nähe des
Schaufensters stand, nun jedoch darauf bedacht war, die Hände sichtbar an den
Seiten zu halten. Da er selten sprach, vor allem zu Fremden, erschrak Juliana
beinahe über die unvermutete Äußerung des Jungen.
    Verwirrt
runzelte Lincoln die Stirn. »Wie bitte?«
    »Vielleicht
kommen wir im Diamond Buckle Saloon unter«, schlug Theresa vor, wobei sie
entschlossen ihr Kinn vorreckte. »Wenn wir für unseren Unterhalt arbeiten.«
    »Diamond
Buckle?«, wiederholte Lincoln fassungslos.
    Juliana
befürchtete, in Tränen auszubrechen, wenn sie etwas sagte, und das konnte sie
sich nicht leisten. Wenn sie nicht stark blieb, würden die Kinder auch noch den
letzten Rest Hoffnung verlieren.
    »Mr Weston
Creed hat doch gesagt, er würde mir zeigen, wie man Lettern setzt«, wandte sich
Joseph an Juliana. »Bestimmt könnte ich in einem Hinterzimmer der Redaktion
schlafen, und zu essen brauche ich nicht viel. Dann müssten Sie sich um mich
keine Sorgen mehr machen, Miss Mitchell.« Dabei warf er einen besorgten Blick
auf seine Schwester und schluckte schwer. Im Gegensatz zu Theresa war er alt
genug, um zu wissen, welche Gefahren in einem Etablissement wie dem Diamond
Buckle auf ein junges Mädchen lauerten.
    Mit
erhobenen Händen bat Lincoln um Ruhe.
    Nun starrte
jeder ihn an, auch Juliana, die inzwischen die kleine Daisy auf ihren Schoß
gezogen hatte.
    »Ihr alle«,
rief er den Kindern zu, »sammelt jetzt ein, was euch gehört, und bringt es in
meine Kutsche. Dort findet ihr auch Decken. Wickelt euch warm ein, denn es
sind drei Meilen bis zur Ranch, und aus Nordwesten bläst ein eisiger Wind.«
    Juliana
schob Daisy sanft vom Schoß, um aufzustehen, hielt das Mädchen aber dicht an
ihrer Seite. »Mr Creed, wir können keinesfalls ...« Ihre Stimme brach.
    »Wie mir
scheint, haben Sie keine große Wahl. Ich biete Ihnen und den Kindern einen
Platz zum Bleiben an, Miss Mitchell. Nur so lange, bis Sie wissen, was Sie als
Nächstes tun sollen.«
    »Willst du
wirklich, dass diese Wilden unter demselben Dach wohnen wie deine kleine
Gracie?«, stieß Mr Willand entsetzt aus. Er durchquerte den leeren Laden und
schubste Joseph zur Seite, um sich persönlich davon zu überzeugen, dass in der
Schaufensterauslage nichts fehlte.
    Wieder
schien die Luft zu knistern.
    Lincoln
machte einen Schritt auf den Ladenbesitzer zu.
    Instinktiv
griff Juliana nach seinem Arm, um ihn aufzuhalten. Selbst durch den schweren
Stoff seines Mantels spürte sie die stählerne Härte seiner Muskeln – offenbar
versuchte er mit aller Macht, seine Wut in Schach zu halten.
    »Die Kinder
sind an solche Bemerkungen gewöhnt«, sagte sie sanft. »Sie wissen, dass sie
keine Wilden sind.«
    »Geht schon
mal zur Kutsche«, erwiderte Lincoln. Er befreite sich nicht aus Julianas Griff,
starrte allerdings weiter in Willands tiefrotes Gesicht. »Alle.«
    Die vier
Kinder warfen Juliana einen Blick zu, die dunklen glänzenden

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