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In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
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heiraten sollen«, zischte sie mich an. »Alle ham g’sagt, des is a Partie! So einen kriegst ned noch amal.«
    Ich sagte gar nichts, beobachtete das Messer in ihrer rechten Hand. Ich konnte eigentlich an nichts anderes mehr denken als an dieses Messer. Und daran, dass Bet schon einmal zugestochen hatte. Mit so einer Wucht, dass ein einziger Stich gereicht hatte.
    »Nie geht er in die Kirch’!«, stieß sie hervor. »Ich hab ihn g’fragt, ja glaubst denn ned an Gott? Wennst an Gott glaubst, musst in Kirch gehen. Und da hat er nur g’lacht. Willst ned auferstehen, hab ich g’fragt?« Sie stieß die Wörter so böse hervor, dass der Speichel spritzte. »Auferstehn, hat er g’sagt, freilich, des glaub ich. Als Gänseblümerl würd er auferstehn. Des wachst dann raus, aus dem Moder, der von ihm übrig bleibt!«
    Ich schluckte. Stellte mir vor, dass von mir bald auch nur noch Moder übrig war, wenn ich nicht sehr schnell aus diesem Garten lief.
    »Und g’lacht hat er dabei.«
    Wir sahen uns wieder an. Meine Beine waren wie gelähmt, mein Verstand sagte mir, ich sollte gehen. Oder wenigstens etwas sagen und mich nicht widerstandslos abschlachten lassen. Oder schreien. Vielleicht würde mich die Kathl hören. Die Kathl war noch fit. Vielleicht konnte sie die Bet entwaffnen. Gut, sie war schon weit über 80, aber energisch.
    »Er wollt dich vom Kirchgehn abhalten«, sagte ich schließlich, nur um irgendetwas zu sagen.
    »A geh, Mädl, wo denkst denn hin«, sagte sie böse. »Des mit dem Kirchgehn war ihm ja grad recht. Dort gibst ned mei Geld aus, hat er g’sagt.«
    Der Metzger wieder. Den hätte ich auch nicht geheiratet. Aber wieso sie dann den Pudschek vom Dach schubsen musste . . . Ich traute mich nicht zu fragen. Der Pudschek war doch bestimmt gläubig. Oder er sagte immerhin nichts dagegen. Schließlich konnte er schlecht seinen Arbeitsplatz madig machen. Vielleicht hatte er in einem schwachen Moment zugegeben, dass er es nur wegen des Geldes machte und sich über jeden Todesfall freute. Weil ein Requiem, das gab extra Kohle.
    Vielleicht hätte ich jetzt sagen sollen, recht hast g’habt, Bet. Man darf sich nicht alles gefallen lassen als Frau. Mit ein bisschen Glück hätte das gereicht, Bet auf andere Gedanken zu bringen. Vielleicht hätte ich sie auch um das Rezept für einen Rosenkohlauflauf bitten können. Und wenn sie dann drin im Haus nach einem Stift gesucht hätte, eilig nach Hause fahren. Aber ich hatte plötzlich so einen trockenen Hals, dass ich keinen Ton herausbrachte.
    In ihrem Gesicht veränderte sich etwas. Anscheinend hatte sie mir angesehen, was ich mir dachte. Oder es war ihr aufgefallen, was es bedeutete, wenn ich wusste, dass sie mit dem Pudschek auf unserem Dach gewesen war. Vielleicht hatte sie aber auch gesehen, dass mein Blick immer wieder zu ihrem Messer gewandert war. Was bist du blöd, dachte ich bei mir. Das hat sie jetzt auf den richtigen Gedanken gebracht.
    Während ich rannte, hörte ich hinter mir nur noch verschwommen Geräusche. Warf sie ihr Küchenmesser nach mir? Holte sie mich ein? Als ich den Weg über das Rosenkohlbeet abkürzte, stolperte ich über einen Rosenkohlstrunk und knallte auf die gefrorene Erde. Dabei riss ich einen veralgten Frühbeetkasten ein, in dem eine Menge Endiviensalat lagerte.
    Ich versuchte mich aufzurappeln, zerrte an meinem rechten Bein, das ganz ungünstig zwischen zwei zersplitterten Plastikscheiben steckte. Als das nicht gelang, versuchte ich den Stiefel vom Fuß zu bekommen und barfuß weiterzurennen. Währenddessen durchlebte ich eine Phase, in der ich höchst gläubig wurde und in der ich Gott versprach, die nächsten Rosenkranztermine wahrzunehmen, wenn er mich vor der Bet errettete.
    Aber es war schon zu spät. Bet hatte mich eingeholt und stand wie ein düsterer Schatten über mir. Was für ein blödsinniger Tod! Gefangen im Endiviensalat der Bet!
    Ich presste die Augen zusammen und kreischte wie am Spieß. Das bringt in solchen Situationen zwar nichts, ist aber besser als gar nichts.
    Ich hörte ein Keuchen und ein hysterisches »Nein«, das eindeutig von der Bet kam. Dann eine Weile gar nichts.
    Da ich noch immer nicht umgebracht worden war, öffnete ich vorsichtig die Augen. Vor mir schienen die Bet und der Troidl einen sehr seltsamen Tanz zu üben. Ich fragte mich, ob ich wohl schon halb tot war und nun die letzten Halluzinationen vor dem endgültigen Hirntod erlebte. Für einen kurzen Moment war ich ratlos, was das bedeutete. War der

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