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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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machte dieses leise, heisere Geräusch – dann drehte es sich um und lief durch das hohe Gras davon, rannte so schnell, dass ich nichts mehr erkennen konnte, nur ein paar flüchtige, vermutlich ungenaue Einzelheiten. Ich glaube, es war schwarz oder dunkelbraun, groß wie ein großer Hund, aber es war kein Hund, da bin ich mir sicher, und ich bin mir beinahe ebenso sicher, dass es auf dieser Insel nicht heimisch, sondern von irgendwoher eingewandert war. Vielleicht handelte es sich um ein unerlaubtes Haustier, entflohen aus irgendeinem der Gebäude entlang der Küste, vielleicht hatte es sich aus der hohen Tundra hierher verirrt, doch was immer es auch war, ich kann jedenfalls mit Sicherheit sagen, dass es kein Mensch war. Ich ging dahin, wo ich es zuerst gesehen hatte. Seltsamerweise hatte ich keine Angst, fühlte mich nur benommen – vielleicht stand ich unter Schock –, und als ich zu der Stelle kam, fand ich gar nichts. Keine Knochen, kein verfilztes Haar, nichts Totes mit aufgerissener Kehle oder ausgepickten Augen. Da war gar nichts, nicht einmal ein Tropfen Blut. Das Tier hatte mitgenommen, was es getötet hatte – und obwohl es in diesem Augenblick schien, als wäre diese Vision nur ein Zufall gewesen, und obwohl mir nicht einmal der Gedanke kam, dass es zwischen diesem Tier und dem, was ich zuvor gesehen hatte, einen Zusammenhang gab, wurde mir mit einem Mal schlecht vor Angst, denn ich wusste, etwas Fürchterliches war passiert. Was es war oder wem es widerfahren war, wusste ich nicht, doch sah ich mich plötzlich selbst, allein im Wald, und ich spürte, etwas beobachtete mich noch immer, ob das Tier oder was anderes, das hätte ich nicht zu sagen gewusst. Etwas aber beobachtete mich, meinen Geruch noch in der Nase, und jeden Augenblick würde es angreifen.
    Mir war damals nicht bewusst, wieso ich plötzlich rannte. An eine entsprechende Entscheidung kann ich mich zumindest nicht erinnern – hätte ich drüber nachgedacht, hätte ich gewusst, dass es falsch war, denn während ich wie ein aufgescheuchtes Wild durch den Wald preschte, fühlte ich meinen Sinnen etwas entgleiten, und dann war alles dunkel, nicht schwarz, sondern dämmrig, wie durch Rauchglas wahrgenommen, und ich rannte blindlings dahin, in äußerster Panik, unfähig zu denken und unfähig innezuhalten. Ich rannte aus dem Wald, über den Weg nach Hause und fürchtete unentwegt, am Gartentor oder auf halbem Weg zum Haus würde etwas auftauchen und mich in einer einzigen, hellen, triumphierenden Bewegung verschlingen. Eigentlich war ich sogar fest davon überzeugt, dass es kommen würde, und ich wusste, ich rannte ihm direkt in die Arme, trotzdem konnte ich nicht aufhören zu rennen. Ich nahm nichts wahr, bis ich das Gartentor erreichte, und dann sah ich die Tür – sie stand offen, was mich schockierte, da ich mich daran nicht erinnern konnte, und ich fürchtete, was mich verfolgte, sei schon im Haus, wartete auf mich, Gestank im Flur, auf der Treppe, aber selbst dann hörte ich nicht auf zu rennen. Ich hielt erst an, als ich am Haus war, verzweifelt mit dem Riegel kämpfte, die Tür hinter mir schloss – und dann brach ich auf dem Boden zusammen, alles wurde weiß, dann dunkel, und als ich endlich begriff, dass ich in Sicherheit war, als mir klar wurde, dass ich entkommen war – war da nichts mehr.
    Es ist neun Uhr. Seit dem frühen Morgen arbeite ich, zeichne eine neue Karte von dem Weg, der von unserem Haus zu Kyrres Haus führt, eine unendlich detailreiche Karte: Jeder Baum, jeder Fels, jeder Fleck Wildblumen ist markiert, so wie man an einem Tatort Gegenstände markiert, alles voller Möglichkeiten, jeder Schatten, jede Senke im Gras, jeder gefallene Zweig randvoll mit einer Bedeutung, die sich noch beweisen muss. Seit jenem Tag sind zehn Jahre vergangen, und ich versuche immer noch, eine faktische Grundlage für das zu finden, was ich gesehen habe, denn wenn ich zurückblicke, glaube ich nicht, dass so ganz stimmt, was ich erzähle. Wie könnte es auch? Was an jenem Tag geschah, war nicht möglich. Entscheidend ist nicht, dass ich mich daran ebenso deutlich erinnere – ebenso wahrhaftig – wie an alles andere; was dort draußen auf dem menschenleeren Weg geschah, bleibt etwas Unmögliches. Nichts, was ich mir sagen könnte, wird daran etwas ändern.
    Nach meiner Vision an jenem Tag war ich lange krank. Mutter fand mich im Flur, gleich am Fuß der Treppe, und sie sah, dass irgendwas Schreckliches passiert sein musste. Ich war

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