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In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten

Titel: In hellen Sommernächten - Burnside, J: In hellen Sommernächten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burnside
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wird mir klar, dass ich mich auch damals schon nach einer Antwort auf all die Fragen sehnte, nur wusste ich nicht, wie ich sie stellen sollte.
    Er fehlt mir, natürlich, auch wenn ich immer noch nicht ganz davon überzeugt bin, dass er fort ist. Hin und wieder drehe ich mich um oder blicke von einem der Bildbände auf und erwarte halb, ihn durch die Tür kommen oder in seinem großen, knarrenden Sessel sitzen zu sehen, umgeben von Zahn- und Schwungrädern. Manchmal geht mir auch ein Gedanke durch den Kopf, und ich kann beinahe hören, wie er ihm nachlauscht. » Akkurat«, sagt er dann auf seine typische Art. Zumindest war sie für ihn typisch, als er noch lebte. Ich bin nicht ganz davon überzeugt, dass er fort ist, glaube aber auch nicht, dass er noch lebt, und ich weiß, sollte ich ihn je wiedersehen, werde ich etwas anderes sehen als einen Menschen – was seltsam ist, da ich eigentlich nicht an Geister glaube. Ich weiß, er ist tot, ich bin mir da ziemlich sicher, und ich glaube nicht, dass die Toten wiederkehren, um uns heimzusuchen, dennoch rechne ich damit, ihn eines Tages zu sehen, daheim und wohlbehütet im eigenen Haus. Ein schöner Gedanke, zumindest für mich. Ich stelle mir auch gern vor, dass es da etwas gibt, an dem er gearbeitet hat, eine Arbeit, die er noch beenden muss, und ich stelle mir ebenso gern vor, dass ich da bin, wenn er zurückkommt, hergelockt vom Kaffeegeruch und einem letzten Versprechen, das noch erfüllt werden muss. Ich denke, ich werde ihn hier sehen, in diesem Haus – und ich schätze, sollten die Toten tatsächlich je zurückkehren, dann bevorzugt an einen Ort wie diesen: Hingeduckt und von der Straße zurückgesetzt, inmitten eines eigenen kleinen Baumbestandes, ist Kyrres Haus nahezu unsichtbar, und obwohl ich mein Leben lang immer wieder zwischen diesem und unserem Haus hin- und hergelaufen bin, ist mir nie zuvor aufgefallen, wie einsam Kyrre doch lebte. Einsam – und sicher.
    Ich gehe auch zur Hytte und gebe mir größte Mühe, sie instand zu halten. Nur bin ich nicht gern dort. Warum genau, kann ich eigentlich gar nicht sagen, aber ich fühle mich da unwohl. Lächerlich, ich weiß, aber mir ist immer, als würde ich beobachtet. So wie ich manchmal im Wald oder dann, wenn ich am helllichten Tag am Strand spazieren gehe, niemanden sehe, aber auch das Gefühl nicht abschütteln kann, dass ich beobachtet werde. Das ist nur natürlich, gewiss – man ist dort ziemlich ungeschützt, und ich weiß, wenn ich vor dem Haus auf dem Rasen am Ufer sitze, kann mich jeder Passagier auf den großen Schiffen sehen, die den Fjord queren, so wie ich auch nur zu gut weiß, dass ich vom Treppenabsatz vor meinem Zimmer zu sehen bin. Allerdings ist da niemand mehr, der spioniert. Mutter hat sich wie stets in ihr Atelier verzogen, weshalb man das Haus ohne mich auch für leer halten könnte. Manchmal, wenn ich im alten Sessel aus Ulmenholz sitze und über das Wasser schaue oder den Strand entlang, dann kommt es mir vor, als wäre die ganze Welt leer. Leer bis auf mich und die Geister, die ich mir zur Unterhaltung gesucht habe, doch lasse ich mich nicht oft von Geistern unterhalten. Gewiss gibt es Momente, in denen ich halb damit rechne, Kyrre in seinem alten Pick-up den Weg hinauffahren zu sehen, und wenn ich nicht aufpasse, kann ich mir sogar vorstellen, dass Maia jeden Augenblick zurückkehrt, über die Wiese geht und nach einem weiteren Jungen Ausschau hält, den sie ertränken will. Meist aber meide ich solche Gedanken, da ich mir, ehrlich gesagt, nicht sicher bin, wen ich zu Gesicht bekommen werde. Oder wen ich hoffe zu Gesicht zu bekommen. Im Sommer, wenn die Nächte weiß sind und lang, gehe ich wohl mal hin und lese eine Weile, so wie es Kyrres Gäste gern getan haben, liege in der Mitternachtssonne im Liegestuhl um drei Uhr früh mit einem Buch und einer Tasse Kaffee. Wenn ich das mache, lese ich, um die Geister zu bannen, lese alte Mythen und Sagen, Märchen und Geschichten voll warnender Beispiele. Allerdings brauchen die Geister auch einen Ort, an dem sie sein dürfen, und wenn man ihnen kein Heim im Wind schafft, wenn man sie nicht sicher bettet am Rand des Meeres oder im Es war einmal, dann drängen sie zurück in diese Welt, verwandelt in Geister und Ungeheuer, verärgert, vernachlässigt und darauf aus, Schaden anzurichten. Ich bin heute ebenso wenig eine Gläubige, wie ich es je war, zumindest nicht so, wie man sich dies gewöhnlich vorstellt. Ich muss nur wissen, wo alles ist, um

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