Vorsaison
Leseprobe:
Ich war froh, als ich dann mit Adelio
im Séparée saß. Mittlerweile verspürte ich dabei kein Unbehagen mehr und konnte
mich ganz locker geben. Ich ließ mich auf eines der Sofas fallen und stieß ganz
gedankenverloren ein lautes puh aus. Das Letzte was ich nämlich heute
noch gebrauchen konnte, waren ein paar aufdringliche Gäste, die ihre Finger
nicht bei sich halten konnten und da kam mir Adelios Gesellschaft gerade recht!
Auch Adelio hatte sich hingesetzt, während ich in Gedanken weiterhin ganz wo
anders war. Am liebsten würdest du jetzt schlafen , dachte ich so bei mir
— und erst dann fiel mir wieder ein, wo ich war und vor allen Dingen mit wem ! Schnell sah ich zu Adelio hinüber, der neben mir saß, wenn auch
über Eck. Er betrachtete mich gerade von der Seite und schmunzelte dabei
amüsiert. Ich fragte mich, wie lange ich wohl so in Gedanken gewesen war.
>>Was ist los mit dir?<<
Adelio hatte gemerkt, dass ich wieder
da war.
>>Ach nichts, ich bin nur ein
bisschen müde.<<
>>Wovon.<<
Tja, das war in der Tat eine gute
Frage ,
dachte ich so bei mir und überlegte, wer mich mehr geschafft hatte; Ekiz oder El
Comandante !
>>Du bist heute Abend nicht
hier<<, hörte ich Adelio sagen. Ich riss mich zusammen.
>>Tut mir leid Adelio, du hast
Recht. Aber die letzten Tage waren etwas, wie soll ich sagen? — Turbulent .<<
>>Du hattest guten Sex?<<
>>Wie kommst du denn jetzt da
drauf?<<
>>Hattest du?<<
Ich verschränkte Mittel- und
Zeigefinger der linken Hand, weil Adelio die nicht sehen konnte.
>>Nein, hatte ich
nicht!<<
>>Doch! Und ich verstehe nicht,
warum du deshalb lügst. Du bist verändert. Du hattest guten Sex und
dabei hast du auch etwas Neues entdeckt oder gelernt.<<
Ich musste lachen. Das Ganze war
lächerlich und Adelio konnte mir unmöglich im Gesicht ablesen, was ich in den
letzten Tagen getan hatte. Also stritt ich es weiterhin ab!
>>Nein, ganz im
Gegenteil<<, sagte ich dann, >>ich habe ehrlich gesagt heute den
halben Tag auf der Wache der Guardia Civil zugebracht, um meinen Reisepass
zurückzubekommen und ich denke, das ist es, was mir noch ein bisschen
nachhängt.<<
Sofort war Adelio wieder ernst und
wollte wissen, was geschehen war. Ich seufzte und bereute schon, überhaupt
etwas gesagt zu haben. Eigentlich hatte ich damit ja nur vom Thema ablenken
wollen. Doch Adelio bestand darauf, dass ich ihm erzählte, was vorgefallen war.
Also sagte ich ihm, ich sei am Sonntagsmorgen zum Frühstücken in der „Bar
Parada“ gewesen und weil das wieder eine fette Lüge war, verschränkte ich dabei
erneut die Finger — als ob dadurch das Lügen zulässig würde! Währenddessen habe die Polizei eine Razzia in der Wohnung des Mannes
durchgeführt, bei dem ich zur Untermiete wohnte. Dabei habe man meinen
Reisepass gefunden und mitgenommen. Heute sei ich dann auf der Wache gewesen
und hätte zwar meinen Pass zurückbekommen, aber gleichzeitig auch erfahren,
dass der Mann, bei dem ich bislang gewohnt hatte, ein entflohener Bankräuber
war. Adelio war nun ganz Ohr. Er wollte wissen, ob die Polizei mich wegen
irgendetwas beschuldigen würde und ich schüttelte energisch den Kopf. Ich
versicherte Adelio, das alles wieder in Ordnung war und man mir geglaubt habe,
dass ich nur eine Langzeittouristin sei, die bloß eine billige Unterkunft
gesucht habe und die nach Spanien gekommen war, um die Sprache zu lernen.
Buch I: Vorsaison
Davon, wie eins zum anderen führte.
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Kapitel I: Zufälle gibt’s nicht!
Heute weiß ich das, denn heute ist dreißig
Jahre später. Diese Geschichte spielt zwischen 1983 und 1984. Damals war ich
neunzehn Jahre. Um meinem Elternhaus zu entkommen, war ich schon drei Jahre
zuvor mit meinem wesentlich älteren Freund zusammengezogen. Jedoch nur, um von
einer Misere in die nächste zu geraten, wie sich bald herausstellte. Mein
Freund entpuppte sich sehr schnell als herrschsüchtiger, gewalttätiger Despot —
meinem Stiefvater gar nicht so unähnlich. Aber das ist lange her und davon soll
diese Geschichte auch nicht handeln. Dennoch erklärt es natürlich viel von dem,
was später geschah und worüber ich nun schreiben werde. Diese Geschichte wird
äußerst lustvoll und frivol, wenn auch mit teilweise durchaus sehr ernsten Hintergründen
und Themen. Es wird Tote geben, Tragödien und Verbrechen, aber auch Spaß und Frauenpower
— und natürlich jede
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