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In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05

Titel: In letzter Sekunde - Child, L: In letzter Sekunde - Echo Burning/ Reacher 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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eifriger Strafverfolger, aber ich werde keine Anklage erheben und die Zeit der Geschworenen vergeuden, wenn ich nicht mehr habe als die rein subjektive Ansicht einer Person darüber, wie gut oder schlecht jemand anders schießen kann. Erst recht nicht, wenn es sich dabei um eine perfekte Lügnerin wie Carmen handelt. Wer weiß, vielleicht hat sie von früher Jugend an jeden Tag mit ihrer Pistole geübt. Von einem Straßenkind aus einem Barrio in L.A. würden die Geschworenen eines Provinzgerichts in Texas das jederzeit annehmen.«
    Alice nickte wieder.
    »Okay«, sagte sie. »Ich bin ohnehin nicht ihre Verteidigerin.«
    »Was würden Sie tun, wenn Sie’s wären?«

    Sie zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich die Finger davon lassen. Wie Sie ganz richtig sagen, würde eine Anklage wegen Verschwörung ihr noch mehr schaden.«
    Alice erhob sich langsam. Sie tippte Reacher auf die Schulter. Bedachte ihn mit einem Nichts-zu-machen -Blick und ging zur Tür. Er stand auf und folgte ihr. Walker schwieg, sah ihnen nur nach, als sie sein Büro verließen, senkte dann den Blick und betrachtete das Foto, auf dem drei Jungen am Kotflügel eines Pick-ups lehnten.
     
    Alice und Reacher überquerten die Straße und gingen zum Busbahnhof. Er lag fünfzig Meter sowohl vom Gerichtsgebäude als auch von der Rechtsberatungsstelle entfernt. Ein kleiner, verschlafener Busbahnhof ohne Busse. Er bestand nur aus einer asphaltierten, mit Ölflecken übersäten Fläche, die von Bänken mit kleinen weißen Glasfaserdächern als Sonnenschutz gesäumt war. Dazwischen ein winziges mit Fahrplänen beklebtes Kassenhäuschen. Es hatte ein außen angebrachtes Klimagerät, das auf Hochtouren lief. Hinter dem Schalterfenster saß eine Frau auf einem hohen Hocker und las Zeitung.
    »Walker hat Recht«, sagte Alice. »Er tut ihr einen Gefallen. Ihr Fall ist aussichtslos.«
    Reacher sagte nichts.
    »Wohin wollen Sie denn?«, fragte sie.
    »Ich nehme den nächsten Bus«, entgegnete er. »Das habe ich mir zur Regel gemacht.«
    Sie studierten die Fahrpläne. Der nächste Bus fuhr über Oklahoma City nach Topeka, Kansas. Er sollte in einer halben Stunde aus Phoenix, Arizona, kommend eintreffen.
    »Kennen Sie Topeka?«, fragte Alice.
    »Nein, aber Leavenworth«, antwortete er. »Das ist nicht weit entfernt.«
    Er klopfte an die Scheibe und verlangte eine einfache Fahrkarte nach Topeka, die er einsteckte.

    »Alles Gute, Alice«, sagte er. »In viereinhalb Jahren suche ich Ihren Namen im Branchenverzeichnis.«
    Sie lächelte. »Passen Sie gut auf sich auf, Reacher.«
    Sie blieb einen Augenblick stehen, als überlege sie, ob sie ihn umarmen und auf die Wange küssen sollte. Dann lächelte sie nochmals und ging einfach davon. Er sah ihr nach, bis sie in der Beratungsstelle verschwunden war. Er suchte sich die schattigste Bank und wartete auf den Bus.
     
    Ellie war sich ihrer Sache noch immer nicht sicher. Sie hatten sie in eine sehr hübsche Umgebung gebracht – wie ein Haus, mit Betten und allem. Vielleicht waren sie also ihre neue Familie. Aber sie sahen nicht wie eine Familie aus, hatten immer viel zu tun, waren mit Sachen beschäftigt, die sie nicht verstand. Vielleicht waren sie Ärzte und wussten, wie traurig und durcheinander sie war. Nachdem sie lange darüber nachgedacht hatte, fasste sie sich ein Herz und fragte.
    »Seid ihr Ärzte?«
    »Nein«, antworteten sie.
    »Seid ihr meine neue Familie?«
    »Nein«, sagten sie. »Du kommst bald zu deiner neuen Familie.«
    »Wann?«
    »In ein paar Tagen, okay? Aber bis dahin bleibst du bei uns.«
    Sie fand, sie waren alle sehr beschäftigt.
     
    Der Bus kam mehr oder weniger pünktlich. Es war ein großer Greyhound, von der langen Fahrt schmutzig, in eine Wolke aus Dieselqualm gehüllt, mit sichtbar aus den Lüftungsschlitzen der Klimaanlage flirrenden Hitzewellen. Er hielt in fünf bis sechs Meter Entfernung von Reacher. Der Fahrer ließ den Motor im Leerlauf weiterbrummen. Dann öffnete sich
die Tür, und drei Leute stiegen aus. Reacher stand auf, ging hinüber und stieg ein. Er war der einzige neue Fahrgast. Der Busfahrer entwertete seine Fahrkarte.
    »In zwei Minuten, okay?«, sagte der Mann. »Ich muss mal auf die Toilette.«
    Reacher nickte schweigend, schlurfte den Mittelgang entlang nach hinten und nahm auf einem Zweiersitz Platz. Er befand sich auf der linken Seite, was bedeutete, dass ihm die Abendsonne ins Gesicht scheinen würde, wenn sie in Abilene nach Norden abbogen. Doch die Fenster waren

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