In Liebe, dein Mörder: Thriller (German Edition)
einen dämlichen Kinderstreich reinfällt.«
Eva sagte nichts, ihre Lippen bebten.
Frage mich doch. Warum fragst du mich nicht?
Sie spürte einen Zorn in sich aufsteigen, der ihren ganzen Körper erfasste. Fast wollten ihr die Augen aus dem Kopf schnellen, ihre Zunge verdickte sich, ihre Hände zitterten, und ihre Haare schienen sich aufzurichten.
Dumme Frau!, dachte sie. Dumme, dumme Frau! Du hast es nicht besser verdient. Jemand muss dich wecken, damit du endlich aufhörst, dich wie eine Närrin zu verhalten, damit du endlich Zeit für mich findest, damit du wieder meine Mom bist. Ich muss dich beschützen. Ich muss ... ich muss ...
22
Vincent hatte Eva mit dem Maybach nach Hause bringen lassen. Der Wagen würde in der City bleiben und ihn auf Abruf abholen.
Seitdem das Mädchen die Villa verlassen hatte, schlug sein Herz schneller. Worauf hatte er sich eingelassen? Für einen kleinen Moment war er gewillt gewesen, ihr den Pfahl zu zeigen, doch schließlich hatte sein gesunder Menschenverstand gesiegt.
Nun ging sie zu ihrer Mutter, genauso schlau wie zuvor.
Er bewunderte die an alytischen Fähigkeiten der Sechzehnjährigen. Sie beherrschte das laterale Denken, erstaunlich für einen so jungen Menschen. Außerdem schien sie zu der seltenen Gruppe der hochsensiblen Menschen zu gehören. Deren Wahrnehmungen waren intensiver und drangen tiefer, da sie über ein fledermausähnliches Radar für Stimmungen verfügten. Hochsensiblen Menschen fehlte das schützende Wahrnehmungsraster; sie besaßen keinen Filter, der vornehmlich Unwichtiges von Wichtigem trennte. Sie wussten oftmals eher, was ihr Gegenüber dachte, als derjenige selbst.
Er hatte ihren Verdacht nicht entkräftet, aber auch nicht bestätigt. Er wollte sie in dem Gefühl lassen, es könne immerhin sein, dass sie Recht habe. So würde sie auf jeden Fall schweigen, da sie ihre Mutter liebte. Dennoch war der Verdacht so fadenscheinig, dass sie ihre Dummheit mit der Zeit vergessen würde. Der Verdacht würde verwehen, wie ein unliebsamer Geruch. Spätestens nach der nächsten Poolrunde wäre alles wieder gut. Irgendwann würden sie darüber lachen. Was auch geschah:
Eva würde nicht zur Polizei gehen!
Wer wusste schließlich, ob die Beamten vom LKA nicht doch einen Blick in Vincents Haus warfen, wenn er sich auch schwerlich vorstellen konnte, dass sich einen Durchsuchungsbefehl durchsetzen ließ. Letztendlich war das unwichtig. Schlimmer wäre, ein Teil der Ermittlungen zu werden, und wer wusste es schon .... vielleicht würde die Polizei dann den Displaysplitter noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Vincent tastete Lisas Nummer. Sie ging sofort dran. Ihre Stimme war schwer. Sie hatte getrunken. Das erste Mal seit langer Zeit. Vincent rang um Fassung. »Alles klar bei dir?«
»Ja, Liebster. Alles klar. Hatte Streit mit Eva, aber nun liegt sie im Bett und schläft.«
»Mein Meeting endete früher, als geplant. Ich würde gerne zu dir kommen.«
»Ich habe getrunken.«
»Ein heißes, gemeinsames Bad wird dich wieder fit machen.«
»Du bist lieb.«
»Ich bin in einer Stunde bei dir. Ich würde gerne meine Zahnbürste mitbringen.«
»Und eine frische Unterhose«, kicherte Lisa.
»Und eine frische Unterhose, mein Schatz.«
23
Eva und Lisa starrten auf die tonlosen Bilder des Flatscreens. Irgendeine Realityshow. Vermutlich die Wiederholung einer Wiederholung, denn es war knapp vor dreiundzwanzig Uhr.
»Tun wir das richtige?«, wollte Eva wissen, deren Augen vor Stress juckten. »Traust du dir heute noch zu, mit Vincent zusammen zu sein?«
»Letztendlich hast du mir alles gebeichtet«, gab Lisa zurück. »Auch wenn deine Vermutung purer Schwachsinn ist. Vermutlich liest er diese Bücher nur, weil er irgendein geschichtliches Interesse daran hat. Und sein Nasenbluten kam vielleicht von einer Überbelastung im Fitnesskeller. Das alles hätte er dir so erklären können. Ich frage mich, warum Vincent dich im Glauben lässt, du könntest eventuell doch Recht haben. Das finde ich seltsam. Er sollte nicht mit dir spielen. Dafür ist er zu alt und zu erfahren. Ihr hättet, auch wenn das dämlich klingt, in den Keller gehen können, und das Thema wäre ein für allemal aus der Welt. Ob er dir deinen Verdacht verzeiht, liegt bei ihm. Ich täte es nicht so schnell, aber schließlich bin ich deine Mutter, und er ist für dich ein halbwegs fremder Mann.«
»Vielleicht wollte er mich damit bestrafen.«
»Ja, vielleicht. Aber noch bin
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