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In meinem Himmel

Titel: In meinem Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Sebold
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mädchenhaften Ganges verspottete, würde ich mit dem Fuß umgehende Rache an den weniger geschützten Körperteilen des Spötters üben. Wenn die Jungen Phoebe Hart mit ihren großen Brüsten aufzogen, würde ich eine Rede darüber halten, warum Busenwitze nicht komisch sind. Ich würde vergessen müssen, dass auch ich die Ränder meiner Hefte mit Listen bekritzelt hatte, wenn Phoebe vorbeiging: Milchtüten, Stoßdämpfer, Euter. Am Ende meiner Träumereien saß ich hinten im Auto, während mein Vater fuhr. Ich war über jeden Tadel erhaben. Ich würde die Highschool in Tagen durchlaufen, nicht in Jahren, oder unerklärlicherweise schon im ersten Jahr einen Oscar als beste Schauspielerin gewinnen.
    Das waren meine Träume auf Erden.
    Nach ein paar Tagen im Himmel begriff ich, dass sich die Speerwerferinnen und die Kugelstoßerinnen und die Jungen, die auf dem rissigen Asphalt Basketball spielten, alle in ihrer eigenen Version des Himmels befanden. Ihre passte einfach nur zu meiner - sie war nicht direkt ein Duplikat, aber es geschahen sehr ähnliche Dinge in ihr.
    Holly, die meine Mitbewohnerin werden sollte, lernte ich am dritten Tag kennen. Sie saß auf einer der Schaukeln. (Ich fand es nicht fragwürdig, dass eine Highschool Schaukeln hatte: schließlich waren wir im Himmel. Und die Schaukeln waren nicht flach - sie hatten alle Schalensitze aus hartem, schwarzem Gummi, die einen wiegten und in denen man vor dem Schaukeln wippen konnte.) Holly saß da und las ein Buch mit merkwürdigen Buchstaben, die ich mit dem gebratenen Reis mit Schweinefleisch assoziierte, den mein Vater aus der Hop Fat Kitchen mit nach Hause brachte, einem Laden, dessen Namen Buckley liebte, so sehr liebte, dass er aus vollem Halse »Hop Fat!« schrie. Inzwischen kann ich Vietnamesisch, und ich weiß, dass Herman Jade, dem das Hop Fat gehörte, kein Vietnamese war und dass Herman Jade nicht Herman Jades richtiger Name war, sondern der, den er angenommen hatte, als er aus China in die USA kam. Das habe ich alles von Holly.
    »Hallo«, sagte ich. »Ich heiße Susie.«
    Später sollte sie mir erzählen, dass sie ihren Namen aus einem Film hatte,
Frühstück bei Tiffany
. Aber an jenem Tag ging er ihr ganz glatt von der Zunge.
    »Ich bin Holly«, sagte sie. Weil sie in ihrem Himmel nicht die Spur eines Akzents haben wollte, hatte sie auch keinen.
    Ich starrte ihr schwarzes Haar an. Es glänzte wie die Verheißungen in Zeitschriften. »Wie lange bist du schon hier?«, fragte ich.
    »Drei Tage.«
    »Ich auch.«
    Ich setzte mich auf die Schaukel neben ihr und drehte mich so lange, bis die Ketten zusammengezwirbelt waren. Dann ließ ich los und ließ mich herumwirbeln.
    »Gefällt es dir hier?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Mir auch nicht.«
    So fing es an.
    In unserem Himmel wurden unsere einfachsten Träume wahr. Es gab keine Lehrer in der Schule. Wir mussten sie nie betreten, außer zum Kunstunterricht bei mir und für die Jazzband bei Holly. Die Jungen kniffen uns nicht in den Hintern oder sagten uns, wir stänken; unsere Lehrbücher waren
Seventeen
und
Glamour
und
Vogue
.
    Und unser Himmel wurde größer, je weiter sich unsere Beziehung entwickelte. Wir hatten sehr ähnliche Wünsche.
    Franny, meine Aufnahmeberaterin, leitete uns an. Franny war alt genug, um unsere Mutter zu sein - Mitte vierzig -, und es dauerte eine Weile, bis Holly und ich begriffen, dass das etwas war, was wir uns herbeiwünschten: unsere Mütter.
    Franny diente in ihrem Himmel und wurde mit Ergebnissen und Dankbarkeit belohnt. Auf der Erde war sie Sozialarbeiterin für Obdachlose und Arme gewesen. Sie war für eine Kirche namens St. Mary's tätig, die nur an Frauen und Kinder Mahlzeiten ausgab, und für alles zuständig, vom Beantworten der Telefone bis zum Totschlagen der Kakerlaken - im Karatestil. Sie wurde von einem Mann ins Gesicht geschossen, der seine Frau suchte.
    Am fünften Tag kam Franny zu Holly und mir herüber. Sie reichte uns zwei Pappbecher mit Limonade, und wir tranken. »Ich bin hier, um zu helfen«, sagte sie.
    Ich schaute in ihre kleinen, von Lachfältchen umringten blauen Augen und sagte ihr die Wahrheit. »Wir langweilen uns.«
    Holly war mit dem Versuch beschäftigt, ihre Zunge so weit herauszustrecken, dass sie sehen konnte, ob sie grün geworden war.
    »Was möchtest du?«, fragte Franny.
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich.
    »Du musst es dir nur wünschen, und wenn du es dir stark genug wünschst und verstehst, warum - es wirklich weißt-, dann

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