In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
von ihm ab, ja, ihm erwuchs soviel neue Kraft, dass er bei den Herren der Handelsgesellschaft in Ravensburg vorsprach, sich zu erkennen gab und sie überzeugen konnte, ihn wieder als Kontorverwalter einzustellen. Damit verfügte er auch über genügend Geldmittel, um seine Tochter aus den Händen des Hurenwirts freizukaufen.
So werden Herr Ringlin und Lucia wieder nach Mailand zurückkehren, aber nicht allein. Der neue Kontorverwalter machte dem venezianischen Bäcker Giovanni, der, wie sich gezeigt hat, über weit mehr Fähigkeiten verfügt, als einem einfachen Bäcker anstünden, das Angebot, nicht nur seine Tochter zu ehelichen, sondern mit ihm nach Mailand zu gehen und dort als Sekretär im Kontor zu arbeiten. Dieser scheint sehr froh zu sein, dass er die Konzilsstadt verlassen kann, um wieder in Italien zu leben, auch wenn Mailand nicht Venedig ist.
Du siehst also, manchmal schüttet Fortuna ihr Füllhorn über die Richtigen aus, auch wenn mir soviel Glück fast ein Grund zur Besorgnis scheint, denn die Götter sind neidisch, wie wir alle wissen.
Ich selbst zähle dennoch ebenfalls auf Fortunas Hilfe, wenn ich mich nun aufmache gen Norden. Mein nächster Brief wird Dich von einem anderen Ort erreichen, und ich hoffe sehr, dass er nicht allein zu Dir kommen wird, sondern begleitet von weisen, alten Männern, die ich dort aus ihrer jahrhundertelangen Kerkerhaft zu befreien hoffe.
Dein unternehmungslustiger Poggio
*
Es war der letzte Augusttag, als sie sich Lebewohl sagten.
Simon Ringlin, Lucia und Giovanni wollten sich einem Kaufmannszug anschließen, der über den Bodensee, durch das Rheintal und über den Septimerpass nach Mailand zog. Dort, in der größten lombardischen Stadt, würden sie im Dienste der Ravensburger Handelsgesellschaft das Deutsche Kontor führen.
Poggio Bracciolini hingegen beabsichtigte, mit seinem Diener Antonio nach Norden zu reiten, um eine Abtei namens Fulda zu besuchen.
Doch auch Cunrat und Gretli waren aufbruchbereit. Cunrat hatte beschlossen, endlich sein oft erneuertes Gelübde einzulösen und eine Pilgerfahrt nach Einsiedeln zu unternehmen. Gretli hatte eigens von Frau Tettikoverin die Erlaubnis bekommen, ihn zu begleiten. Sie wollte dort vor dem Gnadenbild der Muttergottes den Segen für ihr Kind erbitten, während Cunrat für seine toten Freunde beten, der Madonna für die Errettung aus verschiedenen Unbilden danken und sie allgemein um Hilfe für die Zukunft anflehen wollte. Außerdem wollte er mit dem Heiligen Meinrad wegen einer Bestrafung des Mörders verhandeln; dies schien ihm eher eine Aufgabe für einen Mann als für die Madonna zu sein, weshalb er besonders große Kerzen für ihn gekauft hatte.
Nun trafen sich alle ein letztes Mal in der Haue , die inzwischen wieder einen neuen Wirt bekommen hatte. Ruof Lämbli hatte so lange mit den Stadtoberen verhandelt, bis ihm die Schankrechte für das leer stehende Gasthaus zugesprochen worden waren. Der Stadtvogt Hanns Hagen hatte ihm beide Schlüssel für das Haus überreicht, der Gang zur Stadtmauer war zugemauert worden.
Die sechs Reisewilligen prosteten sich gegenseitig zu, dann fragte Poggio den angehenden Kontorssekretär Giovanni spöttisch: »Erlaubt Euch denn Euer neues Amt in Mailand auch, gewisse Nebentätigkeiten auszuführen? Als Auge und Ohr für eine andere Stadt?«
Giovanni sah sich um und senkte die Stimme. »Wenn es so wäre, würde ich es Euch nicht sagen! Aber eines kann ich Euch versichern: Sollten jene Herren einmal in Costentz nicht nur Auge und Ohr, sondern eine Nase brauchen, dann würde ich sie an Cunrat verweisen!«
Alle lachten, und Gretli sah Cunrat stolz an. Unter der weit geöffneten Knopfleiste ihres Schwangerenkleides wölbte sich schon ein breiter Streifen des weißen Untergewandes hervor.
»Für solche Herren würde ich meine Nase nicht in den Wind halten!«, antwortete indes Cunrat, der immer noch nicht recht verwunden hatte, dass der Mörder seiner Freunde und dessen venezianische Auftraggeber ungestraft davongekommen waren. Jetzt, wo wir die Stadt verlassen, können wir ihm ja davon erzählen!
»Wie soll euer Kind denn heißen?«, wollte nun Herr Ringlin wissen.
»Giovanni«, sagte Cunrat. »Jan«, ertönte es gleichzeitig von Gretli.
»Also ein Hans!«, freute sich Giovanni über seine Namenspatenschaft.
»Ja, wenn es denn ein Junge wird«, antwortete Gretli.
»Und wann werdet ihr heiraten, Freund Cunrat?«, fragte Poggio.
Cunrat zuckte die Schultern. »Wenn ich wieder
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