In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
länger ihre Abreise beschlossen, als ihnen einfiel, auch mich von ihrem Reiseplan zu unterrichten, sodass ich mich rasch entschließen und noch rascher vorbereiten musste. So kam es, dass ich gezwungen war, alles stehen und liegen zu lassen und sogar das Schreiben meines Briefes an Dich zu unterbrechen. Erst am Tag der Heiligen Helena, dem 18. August, bin ich wieder nach Costentz zurückgekehrt.
Über die epikuräischen Sitten in diesem Bade mitten in den waldigen Hügeln des Aargaus werde ich Dir ein ander Mal berichten, heute nur soviel: Die dort verbrachten Tage waren ein Segen für meine geplagten Schreiberhände und meinen Rücken, und ich fühle mich nach diesem Aufenthalt gewappnet für Unternehmungen jeglicher Art. In der Tat werde ich demnächst erneut aufbrechen, um ein deutsches Kloster weiter nördlich zu besuchen, von dem man mir in Baden berichtet hat, es stamme noch aus der Zeit des großen Karl und besitze eine überaus reiche Bibliothek. Vielleicht werde ich dort mehr finden als in den kümmerlichen Klosterbibliotheken der Konzilsstadt.
Was sich in Costentz in den letzten Wochen ereignet hat, möchte ich Dir nur grob berichten, denn ich weiß, wie kostbar bemessen Deine Zeit ist.
Dass wir den König gerettet haben, hatte ich schon erwähnt. In einem heroischen Kampf haben wir den Mörder überwältigt, am Ende konnte er leider dennoch entkommen. Wo er jetzt sein Unwesen treibt, weiß Gott allein!
Der venezianische Bäcker, Giovanni, war darüber untröstlich, denn mit dem Conte Sassino war auch seine Geliebte Lucia endgültig verschwunden. Auf fast wundersame Weise hat sie sich dann aber doch wieder eingefunden! Höre nur, wie unvorhersehbar das Schicksal hier wieder einmal gewirkt hat.
Lucia war tatsächlich von Jakob Schwarz entführt worden, er hatte sie frühmorgens noch vor der Messe abgepasst und von seinen Männern in das Münsterlinger Kloster bringen lassen. Doch als der Conte Sassino davon erfuhr, sorgte er dafür, dass Schwarz sie seiner Obhut überließ, denn er war nicht weniger von ihr besessen als der Mailänder.
Die Schönheit dieser Frau ist wahrlich ihr Fluch! Lucia ist ein Kind des Südens, sie scheint die Winde Afrikas in dieses kühle Land zu bringen, mit ihrem Haar so schwarz wie Ebenholz, ihren lachenden Lippen, dem Körper so geschmeidig wie der eines Leoparden, vereint mit edlem Gebaren und einem feurigen Geist, dazu ihre engelsgleiche Stimme – ich kann die Liebesgier dieser Männer verstehen, auch wenn ich nur einige Stunden mit ihr verbracht habe.
Auf Geheiß von Sassino wurde sie in die Burg des Ritters von End verbracht. Bevor Jakob Schwarz jedoch den wahren Entführer verraten konnte, ließ Sassino ihn ermorden. Doch am Ende hat er Lucia dem Kloster Richenow anvertraut, und das war sein Fehler, denn dort befand sie sich nicht unter der Fürsorge neidischer Frauen, sondern liebesgeiler Mönche. Einer von ihnen entbrannte in derart heftiger Liebe für das Mädchen, dass er nicht mehr auf sie verzichten wollte und sie auf dem weitläufigen Klostergelände versteckte. Als der Mörder sie bei seiner eiligen Flucht dort abholen wollte, war sie nicht aufzufinden, und er musste ohne sie weiterziehen.
Durch meine kluge Kombinationsgabe und das Lied eines zwielichtigen Sängers – ich frage mich, ob er nicht ein Spion des Mörders war, denn er ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden – konnten die Bäcker schließlich Lucias Aufenthaltsort ausfindig machen und sie in die Stadt zurückholen. Hier wartete indes der Hurenwirt Peter Rosshuser darauf, sie wieder in seinen Dienst zurückzuzwingen, anstatt sie für ihren Geliebten freizugeben.
Doch da hat Fortuna ihr Rad gedreht und den Vater von Lucia, Herrn Ringlin, der vom Schicksal wahrlich schwer gepeinigt worden war, wieder nach oben geführt.
Man hatte ihn seiner Frau und seines Postens im Kontor einer großen Handelsgesellschaft in Mailand beraubt, ihm nach dem Leben getrachtet und in die Sklaverei verkauft. Nachdem er sich befreit und sogar seine Tochter hier in Costentz wiedergefunden hatte, glaubte er sich endlich wieder auf der besseren Seite des Lebens angelangt. Wie tief sein Sturz war, als Lucia endgültig verschwunden schien, kannst du vielleicht ermessen. Er verfiel in schwärzeste Melancholie.
Nun aber war mit Jakob Schwarz sein bösartiger Nachfolger tot und der Posten in Mailand wieder freigeworden, und als Herr Ringlin seine Tochter wieder in die Arme schließen konnte, fiel alle Traurigkeit
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