In Schinkenbüttel ist der Affe los!
aus dem untersten Fach des Geschirrschrankes einen Stapel Teller hinausgestoßen hatte, konnte er sich hinter drei Teekannen einen kuscheligen Schlafplatz einrichten. Leise zog er die Schranktür zu und schlief sofort ein.
Es wurde auch Zeit, daß er von der Bildfläche verschwand, denn nun preschte der Wirt herbei, der endlich die ungewohnten Geräusche aus der Küche vernommen hatte. Er stürzte herein und ballerte mit seiner Gaspistole in alle Richtungen. Aber er traf den Einbrecher nicht, denn natürlich vermutete er ihn nicht im Geschirrschrank. Darum sauste er, nachdem er die ganze Küche mit Tränengas eingenebelt hatte, wieder auf den Flur hinaus, um zu sehen, ob der unverschämte Kerl nicht dort irgendwo ausgestiegen war. Da fand sich jedoch auch keine Spur. Gemeinsam mit Irene, dem tapferen Zimmermädchen, durchforschte der Wirt nun das ganze Haus und verschoß sämtliche Gaspatronen. Allein seine Mühe war vergebens.
Zwar gelang es ihm, alle Hotelgäste um den Schlaf zu bringen, den Einbrecher indessen entdeckte er nicht. Er fand auch keine Anzeichen dafür, daß der böse Kerl das Haus bereits verlassen hatte, waren doch beide Haustüren verschlossen und in den Zimmern alle Fenster heil. Als er begriff, daß unter diesen Umständen der gefährliche Eindringling sich noch irgendwo versteckt halten mußte, erschrak er von den Haarspitzen bis in den kleinen Zeh.
„Irene“, sagte er leise, „wecken Sie alle Gäste und bitten Sie sie in die Halle herunter. Ich muß sie vor dem Verbrecher schützen, sonst reisen sie morgen ab.“
Irene ging.
Zu wecken brauchte sie niemanden. Die erschreckten Gäste standen zitternd hinter den Schränken oder lagen bibbernd unter ihren Bettdecken. Verstört und bleich folgten sie dem Zimmermädchen in die Halle hinunter.
Hier empfing sie der Wirt. Auch er war blaß, auch ihm stand die Angst ins Gesicht geschrieben.
„Meine sehr verehrten Damen und Herren“, sagte er, „entschuldigen Sie, daß ich Ihren Schlaf unterbrochen habe, aber wir haben einen Einbrecher im Haus, darum mußte es sein.“ Die Gäste begannen sofort erregt durcheinanderzureden, und einige äußerten, wie der Wirt befürchtet hatte, daß sie in aller Frühe abreisen würden.
„Bitte, meine Herrschaften“, sagte er, „übereilen Sie nichts! Wenn Sie hier in der Halle bleiben, wird Ihnen nichts geschehen. Morgen ist alles vergessen wie ein böser Spuk. Der Einbrecher hält sich irgendwo verborgen. Er wird jetzt die Gelegenheit benutzen, unbemerkt zu verschwinden. In einer halben Stunde können Sie alle wieder zu Bett gehen und ungefährdet weiterschlafen.“
Während dieser ernsten Ansprache des Wirtes schlief der freche Räuber im Geschirrschrank bereits tief und fest, und es fiel ihm nicht im Traum ein, sein Lager zu verlassen und in die dunkle Nacht hinaus unbemerkt zu verschwinden.
Inzwischen lagen die anständigen und ehrlichen Bewohner von Schinkenbüttel längst wieder in ihren Betten und schliefen. Auch sie hatten nicht die geringste Lust, aufzustehen und Nachtspaziergänge zu machen. Dazu wurden sie nun aber durch Sebastian Fliegenschmidts Aktion Schneeball gezwungen.
Der grundgescheite Detektiv hatte nämlich mittlerweile seinen noch grundgescheiteren Roboter Wladimir mit allen Daten gefüttert, die sich bei der Besichtigung des Tatortes Brunnenstraße 13 und der Befragung der Zeugen ergeben hatten.
„Kurzes braunes Haar mit weißer Wurzel“, hatte er ihm eingegeben, „weißer Mantel, rote Hose, Riesenkerl, ganz winzigklein, sehr guter Hochspringer, hüpft über höchste Zäune…“ und so weiter. Nichts hatte Sebastian vergessen, aber auch gar nichts. Darum konnte der Roboter, nachdem er seine vielen Räder 20 Sekunden lang hatte schnurren lassen, ein fotografisch genaues Bild von dem unbekannten Verbrecher liefern.
Aus einem schmalen Schlitz an seiner linken Seite ratterte ein meterlanger Papierstreifen heraus, der mit großen Buchstaben eng bedruckt war. Tante Steffi, die danebenstand, sah es mit Staunen. Sebastian nahm den Streifen in die Hand und las der verblüfften Frau folgendes vor:
„Der Mörder ist zwei Meter sechsundzwanzig groß, hat Schuhgröße einunddreißig, eine braune Meckyfrisur und eine Warze am linken Ohrläppchen. Er schläft im Liegen, singt Wanderlieder in der Badewanne und ißt am liebsten Himbeereis mit Haferflocken. Seine Opfer erschießt er mit Vorliebe bei Vollmond und Windstärke 13. Seit drei Jahren hält er den Landesrekord
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