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In unsern Traeumen weihnachtet es schon

In unsern Traeumen weihnachtet es schon

Titel: In unsern Traeumen weihnachtet es schon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tucholsky Fallada , Co.
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Tucholsky
     
    Nikolaus der Gute
    kommt mit einer Rute,
    greift in seinen vollen Sack –
    dir ein Päckchen – mir ein Pack.
    Ruth Maria kriegt ein Buch
    und ein Baumwolltaschentuch,
    Noske einen Ehrensäbel
    und ein Buch vom alten Bebel,
    sozusagen zur Erheiterung,
    zur Gelehrsamkeitserweiterung   …
    Marloh kriegt ein Kaiserbild
    und ’nen blanken Ehrenschild.
    Oberst Reinhard kriegt zum Hohn
    die gesetzliche Pension   …
    Tante Lo, die, wie ihr wißt,
    immer, immer müde ist,
    kriegt von mir ein dickes Kissen. –
    Und auch hinter die Kulissen
    kommt der gute Weihnachtsmann:
    Nimmt sich mancher Leute an,
    schenkt da einen ganzen Sack
    guten alten Kunstgeschmack.
    Schenkt der Orska alle Rollen
    Wedekinder, kesse Bollen –
    (Hosenrollen mag sie nicht:
    dabei sieht man nur Gesicht   …).
    Der kriegt eine Bauerntruhe,
    Fräulein Hippel neue Schuhe,
    jener hält die liebste Hand –
    Und das Land? Und das Land?
    Bitt ich dich, so sehr ich kann: Schenk ihm Ruhe –
    lieber Weihnachtsmann!
     
    25.   Dezember 1919

CHRISTKIND VERKEHRT
    Hans Fallada
     
    Ich hatte mir zu Weihnachten ein Puppentheater gewünscht, ein Puppentheater aus Pappe, mit Proszenium, Soffitten und Hintergrund, mit den Figuren für Wilhelm Tell – alles aus Pappe. Auf meines Bruders Uli Wunschzettel aber hatte eine Robinsonade gestanden, aus Blei. Robinson und Freitag und Palmen und eine Hütte und das »Pappchen« in seinem Rutenkäfig, alles aus Blei.
    Einmal ist es soweit, und die kleine silberne Bimmel klingelt, und die Tür tut sich auf, und der Baum strahlt, und wir marschieren auf ihn zu, wie die Orgelpfeifen, nach dem Alter: erst Uli, dann ich, dann Margarete, dann Elisabeth. Und nun stehen wir vor dem Baum, rechts und links von ihm Mama und Papa, und wir sagen jeder etwas auf: ein Weihnachtslied oder ein paar hausgemachte Verse. Während das geschieht, ist es verboten, nach den Tischen zu schielen, aber ich wage doch einen Blick – und da, links von mir, steht das Puppentheater, strahlend, und der Vorhang ist aufgezogen, und Tell ist auf der Bühne und Geßler – welches Glück!
    Aber wie nun Elisabeth als die letzte ihr Sprüchlein gesagt hat und wir zu unsern Tischen dürfen, da führt mich Mama nicht nach links, nicht zu dem Puppentheater, sondern nach rechts, wo auf einem großen Brett mit gelbem Sand und grünem kurzem Moos und blaugestrichenem Meer die Robinsonade aus Blei aufgebaut ist –: »Dein Bruder Uli«, sagt Mama, »ist voriges Jahr viel besser weggekommen als du. Und deshalb bekommst
du
in diesem Jahr den Robinson, der ist viel schöner.«
    Und nun standen wir beide da, wie die rechten Küster,und versuchten zu spielen, er mit »meinem« Puppentheater, ich mit »seinem« Robinson, und das Herz war uns schwer, und zu freuen hatten wir uns doch auch. Und ab und an wagten wir einen Blick zum andern und fanden, der konnte gar nichts mit »unserm« Spielzeug anfangen.
    Aber das Seltsame an diesem sonst ganz unweihnachtlichen Weihnachtserlebnis war, daß wir – Uli und ich – nun nicht etwa, als die weihnachtlichen Freuden verrauscht und wir mit unserm Spielzeug aus dem Bescherungs- in »unser« Zimmer übergesiedelt waren, daß wir da nicht etwa unsere Weihnachtsgeschenke austauschten und das so falsch Begonnene richtig vollendeten   …
    Nein, das Seltsame war, daß Uli leidenschaftlich an seinem Puppentheater hing und daß ich wie ein Hofhund über meinem Robinson wachte. Von all den vielen Weihnachtsfesten meiner Kindheit ist dieses eine nur mir ganz unvergeßlich und deutlich geblieben: mit dem spähenden Entdeckerblick zum Tisch, mit dem »Besser-Wegkommen«, mit dem Sich-freuen-Müssen, mit dem verlegenen Schuldgefühl. Kein Spielzeug hat den Glanz dieses falschen Robinsons, es ist mitgegangen mit mir durch mein Leben, und heute noch, wenn ich nicht einschlafen kann, spiele ich Robinson.

DAS WEIHNACHTSFEST WAR NAHE
    Marie von Ebner-Eschenbach
     
    Das Weihnachts fest war nahe, wir konnten die Tage bis zum 24.   Dezember schon an den Fingern abzählen, als sich etwas begab, das uns in die größte Aufregung versetzte. Vor unsern Nasen gleichsam verschwanden unsere Puppen. Auf einmal waren alle fort. Eine vollständige Puppenauswanderung hatte stattgefunden.
    Das Bett, in das Fritzi gestern noch ihre älteste Tochter, die große Christine, schlafen gelegt hatte – leer. Die Angehörigen Christinens hinweggefegt, als ob sie nie dagewesen wären. Meine blonde Fanchette, die freilich von der Blondheit nur noch

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