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In unsern Traeumen weihnachtet es schon

In unsern Traeumen weihnachtet es schon

Titel: In unsern Traeumen weihnachtet es schon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tucholsky Fallada , Co.
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lächelt.
    Aber Hein Martens antwortet nicht. Er steht nun auf der Straße, sein Weg ist klar: so schnell wie möglich zu Tante Paula, um die Koffer zu holen, und dann ebenso schnell zu Elisabeth, mit all den Geschenken, der Seide, dem Ingwer ,den Teeschälchen, dem Lacktablett und dem kleinen Buddha. Er hat alles, was für ein fröhliches Weihnachtsfest notwendig ist.
    Aber in Wirklichkeit beeilt er sich gar nicht. Es dauert ziemlich lange, bis er bei Tante Paula eintrifft. Und auch dort verlangt er nicht sofort seine Koffer, sondern läßt sich einen starken Kaffee kochen. Mit dem setzt er sich an den Holztisch, stützt den Kopf in die Hand und denkt nach.
    Es ist eine ungeheure Veränderung in seinem Leben eingetreten, sein umduselter Schädel versteht es nur langsam, aber eines weiß er schon: er kann sich nicht mehr freuen. Er kann sich nicht mehr über seine Frau freuen, nicht über das Weihnachtsfest, auch nicht über das eigene Heim, die ›Fröhliche Neptun‹–   er wird nie wieder mit dem Käpt’n wie früher reden können.
    »Ich bin ein unehrlicher Mensch«, sagt er halblaut zu sich und sieht sich scheu in der Gaststube um, ob die ihm wohl was ansehen. Nein, sie sehen ihm nichts an, aber das ändert nichts, da er es von sich weiß. Wie soll ich heute mit Elisabeth Weihnachten feiern? denkt er wieder.
    Schließlich nimmt er die Koffer und geht. Er geht den ganzen weiten Weg bis Hammerbrook, in jeder Hand einen Kabinenkoffer. Dabei kann er nachdenken, und damit kann er das Wiedersehen etwas hinausschieben.
    Und nun steht er vor dem Haus und sieht hinauf. Dort oben, hinter dem schwach erleuchteten Fenster, sitzt sie und wartet auf ihn. Sie weiß natürlich aus der Zeitung, daß die ›Fröhliche Neptun‹ eingelaufen ist, aber sie haben ausgemacht, daß sie sich nicht vor fremden Leuten, daß sie sich nur im eigenen Heim wiedersehen wollen.
    Und nun kommt er in dieses eigene Heim, er stellt es sich genau vor, wie er die Koffer absetzt, sie umfaßt, in ihr Auge sieht   … Sie küssen sich – aber in der Tasche hat er den gestohlenenBuddha. O du mein lieber Herr und Gott, was ist denn das für ein Wiedersehen! Das ist doch kein Wiedersehen für einen Mann und Gatten – das ist was für feige Lumpen! Und wenn es die ganze Welt nie erfährt, er weiß es – und sie wird es spüren, von der ersten Minute, vom ersten Blick an!
    Nein, er geht nicht in das Haus. Er dreht sich um, stellt die Koffer in der nächsten Wirtschaft ab und winkt einer Taxe. Soll sie warten – soll sie lieber ein halbes Jahr, ja, ein ganzes Jahr warten müssen, aber verlogene Feste feiern – nein, er nicht!
    Die Taxe hält vor dem Museum, aber da ist alles dunkel und still. Kein Mensch da! Daran hat er nicht gedacht – was soll er nun tun? Es bleibt nur ein Weg, der schwerste, sich selbst anzuzeigen. Er läßt sich zur nächsten Wache fahren.
    Auf der Wache sitzen sie ziemlich gelangweilt herum, sie haben alle Zeit, ihn sich genau anzusehen. Sie sind auch nicht besonders fröhlicher Stimmung, die Herren Beamten, ein Weihnachtsabend mit den obligaten Festbetrunkenen statt mit lachenden Kindern ist nicht stimmungsfördernd.
    »Was wollen Sie denn?« fragt ihn einer ziemlich unfreundlich.
    Hein Martens hält den Buddha in der Tasche umklammert, eigentlich wollte er ihn jetzt vorziehen und alles beichten. Aber bei diesem unfreundlichen Ton schreckt er zurück. Im Augenblick fällt ihm etwas anderes ein: Er bittet um die Adresse von dem Leiter der Ostasienabteilung im Museum.
    »Wozu wollen Sie die denn wissen?«
    »Ich habe ihm was zu bringen.«
    »Ist denn das so eilig? Heute ist Weihnachten!«
    »Gerade darum. Er muß es noch vor dem Fest haben!«
    »Sie sind doch Seemann? Was haben Sie denn für ihn?«
    »Ich muß ihm was abliefern.«
    »Gib ihm doch die Adresse!« schlägt ein Freundlicher vor.
    »Du siehst doch, er hat einen sitzen«, antwortet der Scharfe. »Wenn wir ihm die Adresse geben, kriegen wir womöglich einen auf den Deckel. – Zeigen Sie erst mal, was Sie für ihn haben.«
    Vorsichtig nimmt Hein Martens den kleinen Buddha aus der Tasche. Nun kommt es darauf an, ob sie hier schon etwas von dem Diebstahl wissen – in einer Minute kann er verhaftet sein!
    Aber sie sehen ganz gleichgültig auf den kleinen Gott.
    »Ach, so ’ne Puppe!« sagt der Scharfe. »Ja, die sammeln solches Zeugs. Komisch, ich kann bei so was nichts finden. – Du, Hinnerk?«
    »Die Menschen sind eben verschieden«, antwortete der Freundliche.

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