In unsern Traeumen weihnachtet es schon
Josef Hebamme und Bader war
Und hob den lieben Sohn
Aus seiner Mutter dunklem Reich
Auf seinen strohernen Thron.
Da lag er im Stroh. Die Mutter so froh
Sagt Vater Unserm den Dank.
Und Ochs und Esel und Pferd und Hund
Standen fromm dabei.
Aber die Katze sprang auf die Streu
Und wärmte zur Nacht das Kind. –
Davon die Katzen noch heutigen Tags
Maria die liebsten Tiere sind.
ICH STEH AN DEINER KRIPPEN HIER
Paul Gerhardt
1. Ich steh an deiner Krippen hier,
O Jesulein, mein Leben.
Ich komme, bring und schenke dir,
Was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin,
Und lass dir’s wohlgefallen.
2. Da ich noch nicht geboren war,
Da bist du mir geboren,
Und hast mich dir zu eigen gar,
Eh’ ich dich kannt, erkoren.
Eh’ ich durch deine Hand gemacht,
Da hast du schon bei dir bedacht,
Wie du mein wolltest werden.
3. Ich lag in tiefster Todesnacht,
Du warest meine Sonne,
Die Sonne, die mir zugebracht
Licht, Leben, Freud und Wonne.
O Sonne, die das werte Licht
Des Glaubens in mir zugericht’t
Wie schön sind deine Strahlen!
4. Ich sehe dich mit Freuden an
Und kann mich nicht satt sehen,
Und weil ich nun nicht weiter kann,
So tu ich, was geschehen.
O dass mein Sinn ein Abgrund wär
Und meine Seel ein weites Meer,
Daß ich nicht möchte fassen!
5. Eins aber hoff ich, wirst du mir,
Mein Heiland, nicht versagen,
Daß ich dich möchte für und für
In, bei und an mir tragen:
So laß mich doch dein Kripplein sein,
Komm, komm und lege bei mir ein
Dich und all deine Freuden!
6. Zwar sollt ich denken, wie gering
Ich dich bewirten werde,
Du bist der Schöpfer aller Ding’,
Ich bin nur Staub und Erde.
Doch du bist so ein frommer Gast,
Dass du noch nie verschmähet hast
Den, der dich gerne siehet.
DER STERN
Wilhelm Busch
Hätt einer auch fast mehr Verstand
Als wie die drei Weisen aus Morgenland
Und ließe sich dünken, er wär wohl nie
Dem Sternlein nachgereist wie sie;
Dennoch, wenn nun das Weihnachtsfest
Seine Lichtlein wonniglich scheinen läßt,
Fällt auch auf sein verständig Gesicht,
Er mag es merken oder nicht,
Ein freundlicher Strahl
Des Wundersternes von dazumal.
WEIHNACHT
Hugo von Hofmannsthal
Weihnachtsgeläute
Im nächtigen Wind …
Wer weiß, wo heute
Die Glocken sind,
Die Töne von damals sind?
Die lebenden Töne
Verflogener Jahr’,
Mit kindischer Schöne
Und duftendem Haar,
Und tannenduftigem Haar,
Mit Lippen und Locken
Von Träumen schwer? …
Und wo kommen die Glocken
Von heute her,
Die wandernden heute her?
Die kommenden Tage,
Die weh’n da vorbei. –
– Wer hört’s, ob Klage,
Ob lachender Mai
Ob blühender, glühender Mai?
AM WEIHNACHTSTAG
Annette von Droste-Hülshoff
Still ist die Nacht; in seinem Zelt geborgen,
Der Schriftgelehrte späht mit finstren Sorgen,
Wann Judas mächtiger Tyrann erscheint;
Den Vorhang lüftet er, nachstarrend lange
Dem Stern, der gleitet über Äthers Wange,
Wie Freudenzähre, die der Himmel weint.
Und fern vom Zelte über einem Stalle,
Da ist’s, als ob aufs nied’re Dach er falle;
In tausend Radien sein Licht er gießt.
Ein Meteor, so dachte der Gelehrte,
Als langsam er zu seinen Büchern kehrte.
O weißt du, wen das niedre Dach umschließt?
In einer Krippe ruht ein neugeboren
Und schlummernd Kindlein; wie im Traum verloren
Die Mutter knieet, Weib und Jungfrau doch.
Ein ernster, schlichter Mann rückt tief erschüttert
Das Lager ihnen; seine Rechte zittert
Dem Schleier nahe um den Mantel noch.
Und an der Türe steh’n geringe Leute,
Mühsel’ge Hirten, doch die ersten heute,
Und in den Lüften klingt es süß und lind,
Verlorne Töne von der Engel Liede:
»Dem Höchsten Ehr’ und allen Menschen Friede,
Die eines guten Willens sind!«
WEIHNACHTSLIED
Theodor Storm
Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
Ein milder Stern herniederlacht;
Vom Tannenwalde steigen Düfte
Und hauchen durch die Winterlüfte,
Und kerzenhelle wird die Nacht.
Mir ist das Herz so froh erschrocken,
Das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
Mich lieblich heimatlich verlocken
In märchenstille Herrlichkeit.
Ein frommer Zauber hält mich wieder,
Anbetend, staunend muß ich stehn;
Es sinkt auf meine Augenlider
Ein goldner Kindertraum hernieder,
Ich fühl’s, ein Wunder ist geschehn.
EIN KURZ POETISCH
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