Individuum und Massenschicksal
sie gestellt habt, kommt sie auch von den Lesern unserer Bücher.
(Jane kam aus ihrer Trance in einer Art staunenden Schweigens was bedeutete, daß sie, wie es eher selten vorkommt, eine Ahnung hatte von dem, worüber Seth gesprochen hatte.
»Also bitte, wer in aller Welt hat was vor?« fragte ich sie. Wir lachten. »Dieses Material gehört ja zu einem neuen Buch! Ich hatte schon ziemlich bald das Gefühl, daß ihr, dein Spießgeselle und du, etwas aushecken würdet!«
»Ach, das ist einfach unglaublich«, sagte sie. »Mit etwas Derartigem habe ich überhaupt nicht gerechnet - du kannst das ruhig notieren, damit es einer von uns in zwei, drei Jahren tippen kann... Ich kann es noch immer nicht fassen...«
Jane hatte ja erst kürzlich begonnen, das endgültige Manuskript der »Natur der Psyche« ins reine zu schreiben. Sie schrieb auch an einem eigenen Buch. Ich fand jedoch, es müsse für sie anregend sein zu wissen, daß Seth ein neues Vorhaben plante. Die Ironie der Situation war nicht gering, denn ich war es gewesen, der ihr im Juli 1975 glatt ins Gesicht gesagt hatte, sie würde mit der »Natur der Psyche« ja nur beginnen, um ein Seth-Buch »zum Spielen« zu haben. [Auch hatte ich sehen wollen, was sie und Seth gewissermaßen auf Bestellung liefern würden.] Aber diesmal hielt Seth mich zum Narren und begann mit dem neuen Buch, kaum nachdem er das alte abgeschlossen hatte. Das war mir aber, wie ich Jane voller Begeisterung sagte, durchaus recht. Es ist immer ein Vergnügen, an einem Seth-Buch zu arbeiten. Es komme dabei, sagte ich ihr, auch nicht darauf an, wie viele Manuskripte sich bei ihr stapeln, bevor noch ein Vertragsabschluß oder eine Veröffentlichung abzusehen sei, und im übrigen könne sie glücklich sein, nicht an Ideenmangel zu leiden! Dem stimmte Jane zu. Dessenungeachtet machte sie sich Sorgen, was wir mit all dem Material anfangen würden, das sich Jahr um Jahr bei uns weiterhin anhäuft. Mittlerweile ist es ganz ausgeschlossen, daß wir alles noch bei Lebzeiten veröffentlicht sehen werden.
»Mein Verstand arbeitet auf Schleichwegen«, sagte sie. »Ich habe dir nicht alles verraten. Eigentlich hatte ich an so etwas wie ein Frage und Antwortspiel gedacht, falls wir ein neues Buch anfangen sollten.«
Selbst diese Idee kam für mich überraschend, da sie mit keiner Silbe ein Buch erwähnt hatte! Seth kam kurz zurück, während wir noch miteinander sprachen.)
(22.39 Uhr.) Wir haben mit dem ersten Teil begonnen, und er wird lauten »›Naturgewalten‹ - Epidemien und Naturkatastrophen«.
(Einen Augenblick später:) Erstes Kapitel: »Der natürliche Körper und seine Abwehrkräfte«.
(»Ich bin wirklich überrascht! Ich hatte davon noch heute abend keine Ahnung«, sagte Jane, sobald sie wieder Jane war - woraufhin sie wieder einmal eindringlich einige unserer nie endenden Fragen über das Phänomen Seth erörterte: Welcher Teil ihrer Persönlichkeit oder Wesenheit - ob man diesen Teil nun als Seth oder was immer bezeichnen wollte - war mit der Planung, ja der Organisation dieses neuen Buchprojekts am Werk gewesen? Und wie konnte sich ein solcher schöpferischer Prozeß vollziehen, ohne daß ihrem Bewußtsein die leiseste Ahnung davon gekommen wäre? Und so weiter.
Wir aßen eine Kleinigkeit, während wir über das neue Buch diskutierten. Ich las Jane mehrere Male den Titel vor. Sie schien nicht besonders davon angesprochen. »Ich weiß nicht, ob ich mit der Sitzung fortfahren soll oder nicht«, sagte sie schließlich. »Ich warte einfach ab.
Bisher ist mir noch nichts gekommen...« Um 23.25 Uhr ging es schließlich, mit vielen Pausen, weiter.)
Sterben ist eine biologische Notwendigkeit nicht nur für das Individuum, sondern um das Fortbestehen der Gattung zu gewährleisten.
Sterben ist eine psychologische und spirituelle Notwendigkeit, denn nach Ablauf einer gewissen Zeit kann die Fülle der immer neuen geistig-seelischen Energien nicht länger in Fleisch und Blut übersetzt werden.
In seinem tiefsten Innern weiß jedes Individuum, daß es körperlich sterben muß, um - bitte in Sperrschrift - geistig und seelisch zu überleben.
Das Selbst entwächst dem Fleisch. Doch hat, insbesondere seit der Verbreitung von Charles Darwins Theorien, das Einverständnis mit der Tatsache des Todes einen Anstrich von Schwäche erhalten; heißt es doch ihm zufolge, daß nur die Starken überleben.
In gewisser Weise haben Epidemien und gesellschaftlich akzeptierte Krankheiten die soziologische Funktion,
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