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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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PROLOG
    Die Metropole wuchert. Der Mond ist schwarz, der Himmel hat die Farbe sauerstoffarmen Blutes. Schreie zerreißen die Stille der Straßen und Gassen, getragen von übel riechendem Wind. Die Menschen in dieser Stadt trotten die Bürgersteige auf und ab, nach Hause, zur Arbeit, zum Einkaufen, genau wie an jedem anderen Ort. Es gibt nur einen kleinen Unterschied.
    In dieser Stadt sind alle tot.

    Wo … bin ich hier? , fragte sich Cinny. Sie lag in einer stinkenden Gasse, flach auf dem Rücken, als hätte sie jemand fallen gelassen. Sie trug abgeschnittene Jeans und ein löchriges T-Shirt mit dem Aufdruck MOTÖRHEAD. Ein winziges Tattoo auf ihrem Knöchel bestätigte ES GEHT NUR NOCH ABWÄRTS.
    Was mache ich hier? , überlegte sie, doch der Gedanke durchbohrte ihren Kopf wie ein Eispickel. Sie versuchte zurückzudenken, konnte sich nicht erinnern. Sie wusste nur eins:
    Ich muss in einer Stadt sein.
    Für St. Pete war sie zu groß, so viel war klar. Oft genug hatte sie sich dort Freier gesucht, wenn Harley Mack gerade im Knast saß oder zu fertig war, um Speed zu dealen. Für Harley Mack würde Cinny alles tun – und das hatte sie auch buchstäblich schon, wirklich alles . Doch sie wusste, das Einzige, was sie beide zusammenhielt, war ihre gemeinsame Sucht. Ihre Augen weiteten sich, dann quiekte sie, als etwas neben ihr weghuschte. Eine Ratte – und was für eine. Sie sah den Schatten unter einem Müllhaufen verschwinden. Das Tier war so groß wie ein Dackel.
    Cinny versuchte aufzustehen, aber sie schaffte es noch nicht. Ihr Herz schlug so komisch – das kam in letzter Zeit häufiger vor, wenn sie zu viel Crack auf einmal rauchte – und ihr Kopf drehte sich immer noch. Nicht nur die Droge forderte ihren Tribut, sondern sie war auch darüber hinaus verwirrt und durcheinander. Jemand musste sie bewusstlos geschlagen und vergewaltigt haben. So etwas passierte ihr ständig, Berufsrisiko, sie hatte sich längst damit abgefunden. Diese Arschlöcher waren zu geizig, die fünfundzwanzig Mäuse locker zu machen, also zogen sie ihr einfach eins mit einem Knüppel über und ließen sie hinterher irgendwo liegen. So musste es gewesen sein. Irgendein Freier hat mir eine verpasst und mich dann hier liegen lassen .
    Aber …
    Wo genau war eigentlich hier ?
    Sie richtete sich etwas auf, stützte sich mit den Händen ab und sah angestrengt die Straße hinunter. Nein, in St. Petersburg war sie nicht, und das konnte auch nicht die Innenstadt von Clearwater sein. Diese Stadt hier war eindeutig zu groß. Tampa , das musste es sein. Cinnys Blick fiel auf einige große Gebäude, von denen es in Tampa jede Menge gab. Es schien nur so umständlich. Warum sollte irgendein Psychopath sie extra von St. Pete nach Tampa schleifen, um sie hier zu vergewaltigen?
    Sie dachte angestrengt nach. Immer noch schlug ihr Herz merkwürdig langsam. Dann stiegen allmählich einige Erinnerungen in ihr hoch, Tatsachen, die ihre bisherigen Vermutungen zunichte machten. Moment mal … heute Nacht hab ich doch gar nicht angeschafft. Ich war doch mit Harley Mack zusammen. Wir sind in diesen Laden eingebrochen – eine Apotheke oder Klinik oder so was … Die Erinnerungen nahmen langsam Gestalt an. Harley Mack hatte auf der Straße von einer Klinik gehört, die massenweise Dilaudid und andere synthetische Drogen gelagert hatte. Mit dem Zeug konnte man heutzutage auf der Straße einen Haufen Kohle machen, also waren er und Cinny dort eingestiegen.
    Aber sonst wusste sie nichts mehr.
    Ich muss aufstehen, ich muss hier weg , sagte sie zu sich selbst. Der Rest würde ihr schon beizeiten wieder einfallen; warum genau sie in diesem stinkenden Rattenloch gelandet war, war jetzt nicht so wichtig. Sie musste Harley Mack finden. Sie musste aufstehen und hier abhauen, einen Lift nach Hause finden.
    Steh auf, steh auf, steh auf! , schrie sie sich jetzt selbst an, doch ihr war immer noch schwindlig und sie hatte Schmerzen, bei der kleinsten Bewegung schwanden ihr die Sinne. Sie seufzte, ließ sich zurück auf das glitschige Pflaster sinken, versuchte, sich zu beruhigen und zu Atem zu kommen.
    Dann hörte sie das Geräusch.
    Was ist …
    Ein energisches, feuchtes Schmatzen.
    Das Geräusch kam von links; schnell drehte sie den Kopf.
    »Wer bist du denn?«, kreischte sie, als sie den Mann neben sich entdeckte.
    Er saß an die Hauswand gelehnt da, in stinkende Fetzen gehüllt. Ein obdachloser Penner. Er kaute geräuschvoll und sah ihr dabei direkt ins Gesicht. Schließlich

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