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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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mich. Und dieses Mal haben wir viele Kinder dabei. Dämonen oder Menschen, völlig egal. Je jünger, desto unschuldiger. Unschuld bedeutet noch mehr Rohenergie, die wir abzapfen können.«
    Flarius war zu beschäftigt, um den selbstzufriedenen Worten seines Vorgesetzten zu lauschen. Seine Aufgabe war es, den unterschiedlichen Fluss der Todeskraft aus der Platte auf die exakte Zeit zu eichen. Schon die kleinste Fehlberechnung würde den Strom ablenken und irgendwo in die Stadt hinüberschicken. Einen gesamten Höllenbezirk zu zerstören, wäre kein guter Meilenstein in Flarius’ unsterblicher Karriere, o nein. Man würde ihn bis in alle Ewigkeit auf Phosphorkohlen grillen.
    Er stand, vorsichtig ausgedrückt, hochgradig unter Stress.
    Röhms Sammeltrupps arbeiteten ohne Pause, seit das System perfektioniert worden war. Sie hatten bereits zwei räumliche Verschmelzungen erfolgreich durchgeführt, doch die für heute Abend geplante Fusion würde die entscheidende sein. Die Sammeltrupps hatten über eine Million Einwohner handverlesen und sie alle in die Arena gepackt. Dort standen sie nun dicht gedrängt und starrten wie in Trance zu der monströsen Platte hinauf.
    »Ich kann es kaum erwarten, sie alle im selben Sekundenbruchteil sterben zu sehen«, flüsterte Röhm.
    Halt die Klappe , dachte Flarius. Er konnte die tote Statik um sie herum spüren, er konnte sie gar auf der Haut seiner vier Arme knistern hören. Ein Bindungszauber sorgte dafür, dass alle auf dem Feld unten vollkommen still und regungslos blieben; er konnte die leuchtenden schwarzen Auren über den Köpfen der Erzmagier qualmen sehen, während sie all ihre Kraft aufbieten mussten, um die tödliche Platte über dem Feld schweben zu lassen. Die Erzmagier waren eine Spezialklasse von Biomagiern – und eine hoch angesehene Klasse noch dazu. Ihre mentale Konditionierung dauerte Hunderte von Jahren; physisches Training war ebenfalls erforderlich, einschließlich körperlicher Veränderungen. Sie wurden ihres Seh- und ihres Hörvermögens beraubt, und ihre Körper wurden mit narkotischen Ölen versiegelt. Ihre wichtigsten Sinneswahrnehmungen abzustellen, erhöhte ihre Kräfte als Mystiker um ein Vielfaches.
    Sechshundertsechsundsechzig von ihnen standen an diesem Abend um den oberen Rand der Arena herum, die Augen blind nach oben gerichtet, die Kraft ihres konditionierten Geistes auf die gigantische Platte konzentriert.
    Darunter erstreckte sich das ovale Feld wie ein kleines Meer, nur dass dieses Meer aus Menschen, nicht aus Wasser bestand. Verschiedenfarbiger Rauch stieg aus Räucherfässern empor, aus Beschwörungsposten, während gleichzeitig Gebete, Fürbitten und Zaubersprüche intoniert wurden. Weiter unten an den Eingangstoren wurden immer noch mehr Einwohner durch Bataillone gehörnter Constabler und Sammeltrupps auf das Feld gezwungen. Kanzler Röhm lächelte auf die Szenerie herab.
    »Was hast du gehört, mein lieber Flarius?«, fragte er.
    »Worüber gehört, Herr?«
    »Über die räumliche Verschmelzung?«
    »Nichts, Herr«, entgegnete der Befehlsempfänger eilig, obwohl er doch einiges gehört hatte. Er hatte beispielsweise gehört, dass die räumliche Verschmelzung heute Abend stattfinden würde, und er hatte gehört, dass die Anthropomanten und Extipizisten jüngst sehr positive Weissagungen gemacht hatten. Und er hatte außerdem gehört, dass andere okkulte Wissenschaften in letzter Zeit perfektioniert worden waren. Wissenschaften, die alles verändern konnten.
    Flarius hatte eine Menge Dinge gehört.
    »Unseresgleichen ist nur hier um zu dienen, hab ich Recht?«, fragte Röhm. Er war dick, knollig, und er sah in seinem dunkelroten Wams und der Rüstung aus wie eine zu heiß gekochte Wurst in der Pelle. Röhm lebte immer noch in der astralen Projektion seines Körpers, aber er hoffte, sein Meister würde ihn bald in einen Dämonenfürsten transfigurieren – die ultimative Belohnung in der Mephistopolis. Und wenn diese nächste räumliche Verschmelzung gelänge, dann würde es vielleicht schneller so weit sein, als er gedacht hatte. »Wir stellen keine Fragen, wir dienen nur.«
    »Ja, Herr.«
    Röhms gelbe Augen wandten sich wieder dem Feld zu. Bald , dachte er. Bitte, mein Herr Luzifer, lass es bald geschehen …

II
    Wo war sie? Von schier endlosen Steinsimsen blickten Horden von Gargoyles auf sie nieder. Schwarze Zungen leckten über stahlharte Schnäbel. Da sprang eines der hässlichen Wesen vom untersten Sims und landete nur drei Meter

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