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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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eine dünne Stimme. Cassie blickte in eine Nische und sah dort ein junges, in Fetzen gekleidetes Dämonenmädchen sitzen. Sie war vollkommen fertig, eine Augenhöhle war leer, beide Hörner und eines der spitzen Ohren waren bereits abgeschnitten. »Sie könnten ihn einem Wahrsager weiterverkaufen«, sagte das Mädchen hoffnungsvoll. Dann blickte sie wieder verloren drein und hielt eine Spritze hoch. An ihrer Hand fehlten einige Finger. »Das ist mein letzter Schuss Zap.«
    »Tut mir Leid«, meinte Cassie traurig. »Ich hab kein Geld, und selbst wenn ich welches hätte, könnte ich nicht zulassen, dass du dir den Fuß abschneidest.«
    Eine Träne glitzerte im Auge des Dämonenmädchens. Langsam steckte sie sich die Spritze in ein Nasenloch, doch da dachte Cassie: Heiß. Sehr heiß. Sofort ließ das Mädchen die Spritze fallen; sie wurde rot glühend heiß auf dem Asphalt, dann ging sie in Flammen auf.
    »Warum haben Sie das gemacht?«, schluchzte das Mädchen. »Das war mein letzter Rest! Dafür hab ich meinen Finger verkauft!«
    Cassie blickte auf sie hinab. Du brauchst das nicht mehr. Du bist geheilt …
    Das Dämonenmädchen zitterte, als sei ihr plötzlich kalt. Ihr gesundes Auge und die leere Augenhöhle weiteten sich. »Danke, danke, danke!«, freute sie sich, sprang auf und rannte mit hoch erhobenen Armen weg.
    Mit der Zeit hatte Cassie ihre ätherischen Kräfte vervollkommnet, doch sie wusste, das war nur eine Spielerei. Was spielte es schon für eine Rolle? An der nächsten Ecke wartete sicher schon eine Suchteinheit, um das Mädchen aufzugreifen und wieder auf Zap zu setzen. Wenigstens wird sie ein kleines Weilchen frei sein. Wenigstens wird sie erfahren, wie es ist, frei zu sein …
    Doch Cassie war selbst nicht frei, oder? Die Vorstellung quälte sie. Die meisten würden sagen, ihr wurde eine große Gabe gewährt, doch sie hatte nie darum gebeten. Sie wollte einfach nur ihr kleines Leben leben und sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern; und genau das war der Kern des Problems. Cassie musste ihre ätherischen Kräfte nicht einsetzen, sie musste nicht hier in die Mephistopolis kommen. Sie konnte ebenso gut ihr Leben führen und sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Doch wenn sie das täte …
    Würde ich Lissa niemals wiedersehen. Das wusste sie.
    Ja, ein Fluch, noch verschlimmert durch ihre eigenen Schuldgefühle. Und obwohl dies nur ein Traumchannel war, wartete Angelese in ihrem Zimmer auf sie, um ihr zu zeigen, wo sich ein anderer Totenpass befand. Eine neue Gelegenheit, in Fleisch und Blut in die Hölle zurückzukehren und nach Lissa zu suchen. Doch jeder wünscht sich irgendetwas , kam sofort die Einschränkung. Nichts ist umsonst. Es gibt immer einen Haken …
    Auf der Straße hörte sie ein statisches Rauschen, dann wurde plötzlich alles still und reglos. Fledermäuse und Ghor-Vögel stiegen von den Gebäudevorsprüngen und den verwachsenen Bäumen im Park auf. Inzwischen wusste sie, was nun kam – sie hatte gelernt, es zu erspüren – und bevor sie sich noch verstecken konnte …
    Ssssssssssssssssssssssssssssssssss-ONK!
    Mitten auf der Straße waberte ein grüner Lichtfleck, wuchs an und verformte sich dann zu einem ovalen Umriss. Die Straße leuchtete in unheimlich grünem Licht. Ein Nektoport, erkannte Cassie sofort. Luzifers Kurzstrecken-Transportsystem, angetrieben durch diabolische Energie und Zaubersprüche. Cassie stand ungerührt vor der ovalen Öffnung, in Erwartung eines Mutilationstrupps oder einer anderen Art Monster. Sie hatte keine Angst. Sie war bereit, denn hier waren ihre Gedanken verheerende Waffen, tödlicher als die Klauen jedes Schergen oder die Sensenklingen der Constabler. Kommt und holt es euch, ihr hässlichen Arschlöcher , dachte sie, doch es kam ganz anders.
    Sie hörte eine Stimme. Es war Angelese: »Diesmal kein Mutilationstrupp, Cassie. Keine wütenden Dämonen. Nur ich. Wir haben Luzifers Nektoport-Technologie schon vor geraumer Zeit gestohlen. Super, was?«
    »Ja, schon …«
    »Wir haben auch gelernt, wie man Konvergenzen in Spektralwellenemissionen manipuliert – etwa so, wie man in der Welt der Lebenden magnetische Felder manipuliert. Wir können mit diesen Dingern herumfliegen wie mit Flugzeugen, und der Ausstieg bleibt dabei immer offen.«
    Das waren schlicht zu viele Informationen auf einmal. Cassie hatte keine Ahnung, was da vor sich ging, und noch viel weniger, warum Angelese hier in ihrem Traumchannel war. Sie hatte immer gedacht, dass

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