Inferno
Nachmittag über den Campus gelaufen bin … auf dem Weg zu einer Vorlesungsreihe, und dann … Das ist mehr oder weniger das Letzte, woran ich mich erinnere. Bin ich gestürzt?«
»Dazu kommen wir gleich. Wissen Sie, wo Sie sind?«
Langdon konnte nur spekulieren. »Im Massachusetts General Hospital?«
Dr. Brooks schrieb eine weitere Notiz nieder. »Gibt es jemanden, den wir anrufen und informieren sollten? Ihre Frau? Kinder?«
»Niemanden«, antwortete Langdon prompt. Er hatte die Einsamkeit und Unabhängigkeit stets geschätzt, die ihm sein Leben als Junggeselle verschaffte, doch leider ging damit auch einher, dass er in seiner gegenwärtigen Situation auf ein vertrautes Gesicht an seiner Seite verzichten musste. »Es gibt ein paar Kollegen, die ich anrufen könnte, aber das muss nicht unbedingt sein.«
Dr. Brooks steckte den Stift weg, und der andere Arzt trat hinzu. Er strich sich über die buschigen Augenbrauen, dann zog er einen kleinen Rekorder aus der Tasche und zeigte ihn Dr. Brooks. Sie nickte und wandte sich ihrem Patienten zu.
»Mr. Langdon, als Sie heute Nacht hier ankamen, murmelten Sie immer wieder die gleichen Worte.« Sie sah Dr. Marconi an, der den digitalen Rekorder einschaltete und eine Aufzeichnung abspielte.
Dann hörte Langdon seine eigene Stimme, die wieder und wieder die gleiche Phrase murmelte. »Ve… sorry. Ve… sorry.«
»Das klingt für mich«, sagte die Frau, »als hätten Sie immer wieder ›Very sorry‹ gesagt, ›Es tut mir sehr leid‹. Könnte das sein?«
Langdon pflichtete ihr bei, auch wenn er sich nicht erinnern konnte.
Dr. Brooks musterte ihn mit beunruhigender Intensität. »Haben Sie eine Idee, warum Sie das gesagt haben? Bereuen Sie irgendetwas?«
Während Langdon die dunklen Nischen seiner Erinnerung durchforstete, tauchte wieder die verschleierte Frau vor seinem geistigen Auge auf. Sie stand am Ufer des blutroten Flusses, umgeben von Körpern. Der Gestank nach Tod kehrte zurück.
Langdon wurde übermannt von einem unmittelbaren, instinktiven Gefühl von Gefahr … nicht nur für sich selbst … sondern für jeden Menschen auf der Welt. Das Pingen seines Herzfrequenzmonitors beschleunigte sich rapide. Seine Muskeln verkrampften, und er versuchte, sich aufzusetzen.
Schnell legte Dr. Brooks ihm die Hand auf die Brust und drückte ihn zurück. Sie warf einen Blick auf den bärtigen Arzt, der zu einer Theke ging und sich dort zu schaffen machte.
Dr. Brooks beugte sich über Langdon und redete leise auf ihn ein. »Mr. Langdon, Nervosität und Angstzustände sind ganz normal bei Hirnverletzungen, aber Sie müssen Ihren Puls niedrig halten. Keine Bewegung, keine Aufregung. Liegen Sie ruhig und ruhen Sie sich aus. Sie werden wieder gesund. Ihre Erinnerung wird langsam zurückkehren.«
Der andere Arzt kam mit einer Spritze zurück, die er Dr. Brooks reichte. Sie injizierte den Inhalt in Langdons intravenösen Tropf.
»Nur ein schwaches Sedativum, um Sie zu beruhigen«, erklärte sie ihm. »Und um Ihre Schmerzen zu lindern.« Sie erhob sich zum Gehen. »Sie werden wieder gesund, Mr. Langdon. Schlafen Sie. Wenn Sie irgendetwas brauchen, drücken Sie einfach den Knopf neben Ihrem Bett.«
Sie schaltete das Licht aus und verließ zusammen mit dem bärtigen Arzt den Raum.
In der Dunkelheit spürte Langdon beinahe sofort, wie die Medikamente ihre Wirkung entfalteten und seinen Körper in jenen tiefen Brunnen hinunterzogen, aus dem er kurz zuvor aufgetaucht war. Er kämpfte gegen das Gefühl an und zwang sich, die Augen in der Dunkelheit zu öffnen. Er versuchte, sich aufzusetzen, doch sein Körper fühlte sich an wie Zement.
Langdon drehte sich zur Seite und blickte zum Fenster. Weil das Licht ausgeschaltet war, sah er nun auch kein Spiegelbild mehr im dunklen Glas. Es war der erleuchteten Silhouette einer Stadt gewichen.
Inmitten von Kuppeln und Türmen dominierte eine prachtvolle Fassade den Ausblick. Das Gebäude war eine imposante Festung aus Stein mit einer Zinnenmauer und einem hundert Meter hohen Turm, dessen oberes Ende zu einer massiven auskragenden Brustwehr anschwoll.
Langdon richtete sich kerzengerade im Bett auf. Schmerz explodierte in seinem Kopf. Er kämpfte gegen das sengende Pochen an und starrte auf den Turm.
Langdon kannte das mittelalterliche Gebäude gut.
Es war einzigartig auf der Welt.
Unglücklicherweise stand es sechseinhalbtausend Kilometer von Massachusetts entfernt.
Draußen vor seinem Fenster, verborgen in den Schatten
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