Inferno
der Via Torregalli, stieg eine athletisch gebaute Frau mit spielerischer Leichtigkeit von ihrer BMW . Sie näherte sich dem Gebäude mit der Konzentration eines Panthers, der seine Beute beschleicht. Ihr Blick war scharf. Ihr kurzgeschnittenes Haar, mit Gel zu spitzen Borsten geformt, drückte im Nacken gegen den hochgeschlagenen Kragen ihrer schwarzen Motorradkluft. Sie überprüfte ihre schallgedämpfte Pistole und starrte hinauf zu Robert Langdons Fenster, hinter dem soeben die Lichter ausgegangen waren.
Früher an diesem Abend war ihre ursprüngliche Mission total schiefgegangen.
Das Gurren einer einzigen Taube hat alles geändert.
Sie war hier, um ihren Fehler zu korrigieren.
KAPITEL 2
Ich bin in Florenz?
Robert Langdons Kopf pochte. Er saß aufrecht in seinem Krankenbett und drückte erneut den Rufknopf. Trotz der Beruhigungsmittel in seinem Kreislauf raste sein Herzschlag.
Dr. Brooks eilte mit pendelndem Pferdeschwanz in das Zimmer. »Ist alles in Ordnung?«
Langdon schüttelte fassungslos den Kopf. »Ich bin in … in Italien ?«
»Gut«, sagte sie. »Ihre Erinnerung kehrt zurück.«
»Nein!« Langdon blickte zum Fenster und zeigte auf das eindrucksvolle Bauwerk in der Ferne. »Ich kenne dieses Gebäude. Das ist der Palazzo Vecchio.«
Dr. Brooks schaltete die Zimmerbeleuchtung ein, und die Skyline von Florenz verschwand. »Mr. Langdon, machen Sie sich keine Sorgen.« Die junge Ärztin trat zu ihm ans Bett. »Sie leiden an einer leichten Amnesie, aber Dr. Marconi hat mir bestätigt, dass Ihre Hirnfunktionen völlig in Ordnung sind.«
Der bärtige Arzt stürzte in diesem Moment ebenfalls ins Zimmer. Er überprüfte Langdons Herzfrequenzmonitor, während Dr. Brooks in schnellem, flüssigen Italienisch auf ihn einredete – Langdon sei agitato , weil er festgestellt habe, dass er sich in Italien befinde.
Aufgebracht? , dachte Langdon verärgert. Eher schockiert! Das Adrenalin in seinem Kreislauf kämpfte gegen die Beruhigungsmittel an. »Was ist mit mir passiert? Welchen Tag haben wir heute?«
»Alles ist bestens«, sagte sie. »Bleiben Sie ruhig. Es ist früher Morgen, und heute ist Montag, der achtzehnte März.«
Montag . Trotz der Schmerzen versuchte Langdon, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie er hierhergelangt war. Die Bilder, die vor seinem geistigen Auge erschienen, waren kalt und dunkel. Er lief über den Campus von Harvard zu einer samstagabendlichen Vorlesungsreihe. Aber das ist zwei Tage her! Panik drohte in ihm aufzusteigen, als er versuchte, sich an die Vorlesung oder irgendetwas danach zu erinnern. Nichts. Das Pingen des Herzfrequenzmonitors beschleunigte sich.
Der ältere Arzt kratzte sich den Bart und machte sich an den Apparaten zu schaffen, während Dr. Brooks sich zu Langdon auf das Bett setzte.
»Sie werden wieder gesund«, versicherte sie ihm in ruhigem, sanftem Tonfall. »Wir haben bei Ihnen eine rückläufige Amnesie diagnostiziert, was bei Schädeltraumata sehr häufig vorkommt. Ihre Erinnerungen an die letzten Tage sind verschwommen oder fehlen ganz, aber Sie werden keine bleibenden Schäden davontragen.« Sie zögerte. »Erinnern Sie sich an meinen Vornamen? Ich habe mich vorgestellt, als ich hereingekommen bin.«
Langdon überlegte kurz. »Sienna«, sagte er dann. Dr. Sienna Brooks.
»Sehen Sie?« Die Ärztin lächelte. »Sie bilden bereits neue Erinnerungen.«
Langdons Kopfschmerzen waren beinahe unerträglich, und er nahm seine Umgebung nur verschwommen wahr. »Was … was ist passiert? Wie bin ich hergekommen?«
»Ich denke, Sie sollten sich ausruhen, und vielleicht …«
»Wie bin ich hergekommen?«, beharrte er, und der Herzfrequenzmonitor pingte noch schneller.
»Okay, okay, atmen Sie ganz ruhig«, sagte Dr. Brooks und wechselte einen nervösen Blick mit ihrem Kollegen. »Ich erzähle es Ihnen.« Ihre Stimme wurde merklich ernster. »Mr. Langdon, vor drei Stunden sind Sie in unsere Notaufnahme gestolpert. Sie haben aus einer Kopfwunde geblutet und das Bewusstsein verloren. Wir wussten nicht, wer Sie sind oder wie Sie zu uns gefunden haben. Sie murmelten etwas auf Englisch vor sich hin, also hat mich Dr. Marconi gebeten, ihm zu helfen. Ich bin Ärztin, komme aus England und habe ein Sabbatjahr eingelegt.«
Langdon fühlte sich, als wäre er in einem Gemälde von Max Ernst aufgewacht. Was in drei Teufels Namen mache ich in Italien? Normalerweise war er jedes zweite Jahr im Juni zu einer internationalen Kunstkonferenz in Italien, aber jetzt war es
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