Infernoclub 3 Mein verlockender Earl
wenn Sie sich nicht erinnern, ist es auch nicht schlimm. Ich kenne den Weg. Ich würde Sie niemals allein lassen, Drake. Kommen Sie.“
Schweigend starrte er in ihre Augen, diese Augen, die ihn so lange in seinen Träumen verfolgt hatten. Tief violett-blaue Augen mit hellen goldenen Flecken, Augen, die ihn auch jetzt in ihren Bann zogen. Schließlich nickte er und gab die Fluchtgedanken auf, um Emily über den weichen sattgrünen Rasen in den Wald zu folgen, der Westwood Manor umgab.
In respektvollem Abstand folgte Sergeant Parker ihnen.
Drake ignorierte ihn und sah Emily, die vor ihm ging, nachdenklich an. Die schlanke, feenhafte Schönheit schien nicht ganz von dieser Welt zu sein. Ihre sommersprossige, gebräunte Haut, das lange, wehende Haar und die seltsame Kleidung wirkten mehr naturverbunden als zivilisiert. Eher glich ihre Kluft der einer Jungfer eines angelsächsischen Kriegerstammes: abgetragene Lederstiefel, wadenlange dunkle Röcke und ein Ledergürtel, an dem allerlei Werkzeuge hingen, die ihr bei ihrer Arbeit mit Tieren und Pflanzen nützlich waren.
Die Messerscheide allerdings war leer.
Max hatte ihr die Klinge abgenommen, da er fürchtete, Drake könnte sie stehlen und sich oder andere verletzen.
Dieser Rotherstone war nicht dumm.
Doch Drake schob seine Verärgerung beiseite und begnügte sich damit, den feinen Schwung von Emilys Röcken zu beobachten, als sie vor ihm den Weg entlangging. Ihre langen goldbraunen Haarsträhnen flatterten im Wind, etwas verworren, die Enden leicht gelockt.
Schweigend und selbstbewusst schritt sie dahin, und jede Faser ihres Körpers verriet ihre eigenwillige, unabhängige Persönlichkeit, die sich niemandem unterordnete.
Als sie den Wald erreichten, führte vor ihnen ein Pfad ins Unterholz. Sofort stieg Drake der altbekannte Duft von feuchter Erde in die Nase. Der Geruch von Gras, Erdreich und der aus dem Winterschlaf erwachenden Natur.
Ein dicker Teppich von verwesenden nassen Blättern des letzten Herbstes dämpfte ihre Schritte. Emilys leichter Tritt war lautlos, als sie Drake den Weg wies, eine grazile Kreatur des Waldes, die einem Reh glich. Sogar ihre Kleidung verschwamm mit den Farben der Natur.
Als sie spürte, dass er langsamer wurde, drehte sie sich um und warf ihm einen sanft befehlenden Blick zu, der ihn ermunterte weiterzugehen. Für diese tiefen, mysteriösen Augen wäre er um die halbe Welt gelaufen.
Die Farbe ihrer Augen glich der der Glockenblumen, die schon bald unter den Bäumen und den dornigen Sträuchern blühen würden. Drake folgte Emily weiter. Zwischen den Zweigen der Bäume fiel weiches Sonnenlicht hindurch und sprenkelte den Pfad vor ihnen in goldenem Ton. Die hellen Frühlingsgesänge, eine Sinfonie an fröhlichem Geträller der umherflatternden Vögel, erfüllten den Wald.
Drake starrte einen wunderschönen alten, bemoosten Baumstumpf an, der aussah, als liege er dort schon seit hundert Jahren.
Während sie weitergingen, tauchten vage Erinnerungsfetzen vor Drakes innerem Auge auf. Wie er mit Emily durch den Wald gelaufen war, fast kindlich vergnügt. Entferntes Gelächter.
Die Erinnerungen schienen sich in ihm anzusammeln, und er wartete darauf, dass der Damm endlich brach.
Als sie nun an einen Bach kamen, hockte Emily sich hin und ließ ihre Hand durch das Wasser gleiten. Aufmunternd nickte sie ihm zu, er möge es ihr gleichtun.
Drake benetzte sein Gesicht, denn das kühle Nass half ihm dabei, einen klaren Kopf zu bekommen.
Ich weiß nicht, ob ich mich wirklich erinnern will. Denn das würde es ihm schwerer machen, sie wieder zu verlassen. Und doch blieb ihm keine Wahl. Nur die richtige Gelegenheit musste er abwarten.
Vermutlich würde er die heute nicht bekommen, also musste er sich in Geduld üben. Drake senkte den Blick, weil er sich der Anwesenheit von Sergeant Parker sehr bewusst war. Es bestand kein Zweifel, dass der treue Soldat ihn eher erschießen wurde, als ihn entkommen zu lassen. Denn im Gegensatz zu Max verband ihn keine gemeinsame Kindheit mit Drake.
„Kommen Sie.“ Anmutig erhob Emily sich und ging noch tiefer in den Wald hinein.
Drake folgte ihr, und mit jedem Schritt wurde das Gefühl der Vertrautheit intensiver. Nach kurzer Zeit hielt Emily vor einer alten zerklüfteten Eiche an, deren knorriger Stamm wie eine Turmruine in den Himmel ragte.
Der Seitenblick der jungen Frau betörte Drake. „Wer als Erster oben ist!“ Zu seiner großen Verwunderung begann sie, auf den Baum zu steigen. „Kommen Sie
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