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Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3

Titel: Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Stiefelspitze stieß er die Karre um, so daß das Seegetier in die schlammige
Gosse stürzte.
»Aber mein Herr!« protestierte sie. »Diese Herz- und Miesmuscheln sind mein einziger
Lebensunterhalt, und ohne meine Schubkarre, mit denen ich sie transportiere, werde ich mit
Sicherheit des Hungers sterben!« Mollys merkwürdiger irischer Akzent war im vergangenen
Jahrhundert verblaßt, und sie hatte sich die Sprache der Jetztzeit angeeignet; wenn ihre Kleidung
nicht gewesen wäre, hätte man sie nicht von einem der einheimischen Mädchen unterscheiden
können.
»Du bist doch schon längst krepiert, du stinkende Schlampe!« fauchte der Mann und schob sie rauh
beiseite.
Das war zuviel für Zane. Er hatte zwar nicht besonders viel für Gespenster übrig, und diesem hier
begegnete er ganz besonders mit einer gewissen Vorsicht, aber er konnte es nicht mitansehen, daß
einer Frau Gewalt angetan wurde. Er trat aus dem Hauseingang hervor. »Lassen Sie Molly in Ruhe!«
rief er.
Der Räuber schwang herum und richtete seine Pistole auf Zane. Zane reagierte instinktiv, indem er
gegen die Waffe schlug. Er war zwar eigentlich kein sonderlich tapferer oder kampferprobter Mann,
aber seine Hitzköpfigkeit war ein ganz netter Ersatz für Mut.
Ein Schuß fiel, und Molly schrie auf. Dann bekam Zane endlich die Waffe zu packen und riß sie dem
Räuber aus der Hand.
»Richten Sie die Schubkarre auf«, befahl Zane und zielte mit der Pistole auf den Mann. Er staunte
über sich selbst, denn das paßte gar nicht recht zu ihm; eigentlich hätte er vor Schock jetzt
geschwächt sein müssen. »Laden Sie die Muscheln wieder ein!«
»Was, zum Teufel...«, sagte der Mann. Doch als er in Zanes verrückt-wildes Gesicht blickte,
besann er sich eines anderen.
Unbeholfen legte er die feuchten, glitschigen Wesen wieder an ihren Ort.
»Und jetzt hauen Sie gefälligst ab!« fuhr Zane fort.
Der Mann machte Anstalten zu widersprechen. Zanes Finger krümmte sich noch fester um den Abzug.
Der Räuber drehte sich um und schlurfte davon.
Erst dann bemerkte Zane, daß der Mann getroffen worden war. Frisches Blut befleckte seine Jacke.
Er würde schon bald ärztliche Hilfe benötigen, sonst würde er verbluten. Aber natürlich würde ein
solcher Verbrecher keine derartige Hilfe in Anspruch nehmen, denn das würde ja die Polizei auf
ihn aufmerksam machen. Wahrscheinlich würde er sterben, und Zane konnte sich nicht dazu
überwinden, allzuviel Mitleid mit ihm zu haben.
Er rammte die Pistole in die Tasche. Er hatte noch nie eines dieser Dinger abgefeuert, doch er
vermutete, daß sie nur losschießen würden, wenn er den Abzug betätigte. Nun kam endlich doch das
Tief, denn seine Gewalttätigkeit trat stets nur anfallartig auf und war schnell verraucht. »Es
tut mir leid, daß das passiert ist«, sagte er zu Molly. »Das hier ist zwar eine gute Stadt, aber
es gibt auch ein paar miese Kunden darin.«
»Ich weiß gar nicht, womit ich Sie belohnen könnte, mein Herr«, erwiderte das Gespenst dankbar.
»Sie sind so galant.«
»Ich? Nein. Ich drehe einfach nur durch, wenn ich sehe, wie jemand eine Frau mißhandelt, vor
allem eine so schöne und geschichtsträchtige wie Sie es sind. Wenn ich vorher darüber nachgedacht
hätte, hätte ich mich wahrscheinlich überhaupt nicht eingemischt.« Doch Zane hegte den Verdacht,
daß sein Verlust der Romanze mit Angelica zumindest teilweise ein Antrieb für sein Handeln
gewesen war. Irgendwie hatte er Kontakt zu einer Frau herstellen müssen, und so hatte er es eben
einfach getan.
»Vielleicht... aber sollten Sie meinen Körper anziehend finden...«, sagte Molly. Sie öffnete ihre
buntgescheckte Jacke und atmete tief ein. »Ich bin zwar ein Gespenst, das läßt sich nicht
leugnen, aber wenn ich im Zwielicht hinausgehe, bin ich doch einigermaßen feststofflich.«
Zane war verblüfft. Sie hatte wirklich einen attraktiven Körper! Sie war jung gestorben und in
diesem Zustand verblieben.
Doch das Mißtrauen überwog noch immer. »Danke, Molly, ich finde Sie wirklich sehr anziehend, aber
ich möchte Ihnen nicht auf diese Weise zu nahe treten. Gewiß haben Sie in Ihrem Reich ein Zuhause
und einen Ehegatten.«
»Einen Ehegatten habe ich noch nicht«, meinte sie traurig.
»Es gibt nur wenige gute Männer im Nimmerland von...«
Dann kam ein Wagen um die Ecke. Die Scheinwerfer erhellten mit ihrem Licht die ganze Straße - und
das Gespenst verschwand. Ein Zuviel an moderner Technologie stellte eine ziemlich

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