Inkarnationen 01 - Reiter auf dem schwarzen Pferd - V3
dachte nach. Der Reichtumsstein funktionierte - aber
bisher ausschließlich auf Pennybasis. Wenn das so weiter ging, würde er die ganze Nacht dafür
rackern müssen, um ein oder zwei Dollar in Kleingeld zu bekommen - und der Stern war
offensichtlich viel zu müde, um heute nacht noch auszugehen.
Der Reichtumsstein funktionierte - aber nun erkannte Zane auch gewisse Grenzen, die ihn
einengten. Er bewegte sich stets zum nächstgelegenen, freien Geld, egal welcher Größenordnung,
und die große Mehrzahl verlorener Geldbeträge war nun einmal Kleinkram. Gewiß - sollte in der
Nähe ein Goldstück von fünftausend Dollar herumliegen, würde der Stern es schon finden. Aber es
war eben keines in der Nähe, wogegen es eine endlose Zahl herrenloser Pennys gab.
Die Leute ließen nun mal keine schweren Goldstücke in Ritzen fallen, ohne sie zurückzuholen,
Pennys dagegen schon.
Und wenn es auch stimmte, daß der Reichtumsstein Tausende von Dollar zu finden imstande war, war
dies doch dem Gold im Meereswasser vergleichbar: Es kostete mehr Zeit und Geld, diesen
Millionstelanteil zu bergen, als er wert war.
Zanes Blick schweifte durch das Zimmer. Es war mit seinem Fotozubehör übersät. Er hatte
künstlerische Ambitionen und das ruchlose Temperament des Künstlers, doch es fehlte ihm an
Talent, um es als Maler oder Bildhauer zu schaffen, weshalb er statt dessen in die Fotografie
gegangen war. Er konnte ein Kunstwerk durchaus als solches erkennen, wenn er es erblickte, und
die Kamera ermöglichte es ihm, die zufällige Kunst der Umwelt festzuhalten. Das Problem bestand
darin, daß es in Kilvarough nicht mehr viel Lohnenswertes gab, was nicht bereits schon
abgelichtet worden wäre. Selbst das Gespenst Molly Malone war schon häufig fotografiert worden;
es stimmte nicht, daß man Gespenster nicht fotografieren konnte, und sie liebte es, sich in
Positur zu stellen, wenn sie eine Kamera entdeckte. Zane hatte allerdings eine Variante der
Fotografie entdeckt, mit deren Hilfe er sich eine Weile hatte über Wasser halten können. Das war
die Kirlian-Technik, durch Magie ergänzt. Doch gewisse Marktprobleme hatten ihn davon wieder
abgebracht, und in letzter Zeit war er mit seinem Glück am Ende gewesen. Ohne teure neue
Ausrüstung konnte er nicht mehr im Geschäft bleiben. Das war auch einer der Gründe gewesen,
weshalb er sich von seinem letzten Dollar einen Teppich gemietet hatte, um hinauf zur
Einkaufsstraße in den Wolken zu fliegen. Man mußte diese fliegenden Händler einfach besuchen,
sobald sie mal in der Nähe waren, denn sie pflegten schnell ohne jede Vorwarnung wieder zu
verschwinden, wenn die Ortspolizei zu neugierig wurde.
Jetzt war er hungrig, hatte nichts mehr zu essen in seiner Wohnung und mußte binnen eines Tages
ausziehen. Er hatte keinen Ort, wo er hätte hingehen können. Er brauchte Geld und er befürchtete
sehr, daß er nicht genug davon bekommen würde.
Er versuchte es erneut mit dem Reichtumsstein.
»Los!« drängte er ihn. »Finde Reichtümer für mich, von denen ich nicht einmal zu träumen
wage!«
Der Stern wälzte sich kurz hoch, erschlaffte und sackte wieder auf dem Stein zusammen. Er war zu
erschöpft, um noch arbeiten zu können.
Aber was würde er auch schon finden? Wahrscheinlich nur noch weitere Pennys. Zane stellte sich
der Tatsache, daß er die Chance seines Lebens verschleudert hatte. Er war wirklich reingelegt
worden, obgleich der Stein technisch gesehen nicht falsch beschrieben worden war, so daß er keine
Möglichkeit der Kaufanfechtung besaß. Der Besitzer des Ladens hatte ihn zu seinem eigenen Vorteil
verwandt, indem er Zane seine einzige Chance auf alle Zeiten weggenommen hatte.
Schließlich wäre er selbst auch ohne den Liebesstein möglicherweise Angelica begegnet...
Narr! Narr! verwünschte er sich selbst heftig.
Er schritt im Zimmer auf und ab, den Geschmack von Asche im Mund, und suchte nach einem Ausweg
aus seiner Lage.
Doch er fand keinen. Nachdem er den Riesenfehler begangen hatte, den Liebesstein preiszugeben,
war das Verderben ihm sicher gewesen. Wenn er doch nur nicht so sehr auf Reichtum fixiert gewesen
wäre, unter Ausschließung alles anderen! Aber er war schon immer ein impulsiver, blöder Trottel
gewesen, der stets getan hatte, was er im Augenblick für richtig hielt, nur um es viel zu spät zu
bereuen. Sein ganzes Leben war unaufhaltsam dieser Sackgasse entgegengestrebt, das erkannte er
nun.
Selbst wenn er genügend Kleingeld finden
Weitere Kostenlose Bücher